Jenseits Der Grenze
vermeiden, habe ich bislang noch gar nicht versucht, dieses Problem ernsthaft zu analysieren. Unser Handeln wird ganz entscheidend von den jeweiligen Umständen bestimmt. Vielleicht kennen ja unsere Gesandten eine Antwort auf diese spezielle Frage, die sie uns nur noch nicht mitgeteilt haben.«
»Wollten sie uns diese Antwort liefern, bevor wir das Feuer eröffnen, oder erst wenn es bereits passiert ist?«, überlegte Desjani.
»Ich werde sie fragen. Aber erst, nachdem wir das hier erledigt haben.« Geary tippte auf die Komm-Kontrolle, um eine schiffsinterne Verbindung herzustellen. Dabei öffneten sich zwei Fenster, die Rione und Charban zeigten. »Madam Gesandte, General Charban, nehmen Sie bitte mit dem Senior-CEO der Syndiks in diesem System Kontakt auf und treffen Sie alle erforderlichen Vorkehrungen, damit wir unsere Leute aus dem Gefangenenlager holen können. Wir benötigen keine Unterstützung vonseiten der Syndiks, außer dass sie uns Zugang zu ihnen verschaffen und alle wichtigen Aufzeichnungen aushändigen.«
»Wir sind dabei, Admiral«, verkündete Charban in einem Tonfall, als wäre er noch im aktiven Dienst und würde mit Geary an einer militärischen Operation zusammenarbeiten. »Der Friedensvertrag verpflichtet sie dazu, ihre Gefangenen zu entlassen, ohne irgendwelche Bedingungen daran zu knüpfen. Von daher sollte es keinerlei Probleme geben.«
Rione nickte nur wortlos, um zu bestätigen, dass sie verstanden hatte. Ihr Blick war gesenkt.
»Danke«, sagte Geary. »Sollten sich Probleme ergeben, lassen Sie es mich umgehend wissen.«
»Admiral«, rief der Steuerwachhabende ihm zu. »Wenn Sie beabsichtigen, 0,1 Licht beizubehalten, dann empfehlen die Systeme für einen Abfangkurs zum zweiten Planeten eine Kurskorrektur nach Steuerbord um eins fünf Grad und nach unten um null vier Grad.«
Geary überprüfte die Systemempfehlung und betrachtete die lang gestreckte Kurve, die die Flotte auf ihrem Weg durch das Sternensystem beschreiben würde. Ihr Ziel war ein in Bewegung befindliches Objekt, weshalb die eigentlich zurückzulegende Strecke deutlich länger war als die momentane Entfernung zwischen Flotte und Planet. »Etwas weniger als sechs Lichtstunden, bis wir in einen Orbit um diese Welt einschwenken können.«
»Jawohl, Sir. Zwei Tage und elf Stunden Reisezeit bei 0,1 Licht.«
»Also gut.« Er wandte sich an die Flotte. »An alle Einheiten: Bei Zeit zwei null drehen Sie eins fünf Grad nach Steuerbord und null Grad nach unten. Behalten Sie die gegenwärtige Formation und Geschwindigkeit bei.«
Zweieinhalb Tage Reisezeit bis zum Planeten, vielleicht ein halber Tag in dessen Orbit, um die Kriegsgefangenen an Bord zu holen, dann weitere zweieinhalb Tage, um zum Sprungpunkt zurückzukehren. Dazu noch ein wenig Reserve für Unvorhergesehenes. Also sechs Tage. Die Regierung und das Hauptquartier wollte nicht, dass ich noch vierzehn Tage länger im Varandal-System bleibe, aber diese kleine Rettungsaktion darf unsere Mission ins Gebiet der Aliens gern um eine Woche verzögern. Dazu die Transitzeit durch Hasadan und die Zeit im Sprungraum, um Dunai zu erreichen und wieder zu verlassen, und wir kommen bei mehr als zwei Wochen Verzögerung raus. Aber wenigstens tun wir etwas Gutes, indem wir diese Gefangenen mitnehmen, um sie nach Hause zu bringen.
Die beiden Gesandten hatten ihr Pokerface aufgesetzt, als sie sich bei Geary meldeten. Zehn Stunden waren inzwischen vergangen, seit die Flotte Dunai erreicht hatte, gut vierzig Stunden lagen noch vor ihnen, ehe sie diese primäre Welt erreichen würden. »Sie hatten uns doch gebeten, dass wir uns bei Ihnen melden, wenn sich Probleme ergeben sollten«, sagte Rione und ließ dabei ein wenig von ihrem früheren Feuer erkennen.
»Und welche Probleme haben sich ergeben?«
»Vielleicht«, schlug Charban vor, »sollten Sie sich die Antwort ansehen, die wir vom zuständigen Syndik-CEO erhalten haben. Dunai ist übrigens offiziell immer noch den Syndikatwelten gegenüber loyal.«
Ein weiteres Fenster öffnete sich vor Geary, einen Moment später tauchte das Bild des Syndik-CEO auf, der auf irgendwie erschreckende Weise fast genauso aussah wie jeder andere Syndik-CEO, den er je zu Gesicht bekommen hatte. CEOs wurden nicht geklont, und bei genauem Hinsehen konnte man durchaus Unterschiede ausmachen, aber sie alle trugen identisch geschnittene Anzüge aus dem immer gleichen Stoff, der Haarschnitt war zum Verwechseln ähnlich, und jeder von ihnen stellte diesen
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