Jenseits Der Grenze
noch ein kurzer Sprung.
Dunai war vom menschlichen Blickwinkel aus betrachtet ein durchaus brauchbares Sternensystem, aber es hatte nur wenig Besonderes zu bieten, was wohl auch der Grund dafür war, dass es kein Hypernet-Portal erhalten hatte. Drei innere Planeten, von denen der zweite in einer Entfernung von gut neun Lichtminuten um die Sonne kreiste, also auf einem Orbit, der Welten für Menschen üblicherweise bewohnbar machte. Weit draußen zogen drei Gasriesen ihre Bahnen, und ganz am Rand fanden sich zwei gefrorene Zwergplaneten, die umeinander rotierten, während sie in einem Abstand von über viereinhalb Lichtstunden ihren Stern umkreisten.
Die bewohnbare Welt machte einen guten Eindruck, Ressourcen waren im System genügend vorhanden, und zwischen den Planeten und ihren Orbitaleinrichtungen herrschte reger ziviler Flugverkehr, der Rohstoffe, fertige Produkte, Lebensmittel und Passagiere beförderte. Die Gesamtbevölkerung belief sich auf einige hundert Millionen Menschen. Aus menschlicher Sicht ein gutes, aber eben kein herausragendes Sternensystem.
»Von hier aus betrachtet sieht es gar nicht so übel aus«, urteilte Desjani, als die Flottensensoren den zweiten Planeten des Sterns Dunai analysierten. »Üblicherweise scheinen die Syndiks ihre Kriegsgefangenen auf weniger angenehmen Welten untergebracht zu haben.«
»Das ist die Erfahrung, die wir gemacht haben«, stimmte Geary ihr zu und betrachtete dabei sein eigenes Display. Diverse Klimazonen, einige davon angenehm gemäßigt, genügend Wasser, eine Atmosphäre dicht an Standardwerten für eine bewohnbare Welt, zahlreiche gepflegte größere und kleinere Städte, umgeben von großzügigen unberührten Regionen. »Es ist schön da unten.«
»Zu schön«, murmelte sie.
»Sir?« Vor Geary hatte sich ein virtuelles Fenster geöffnet, aus dem ihn sein Geheimdienstoffizier Lieutenant Iger ansah. »Wir haben die Existenz des Gefangenenlagers bestätigen können und seine Position bestimmt.« Ein Leuchtpunkt tauchte auf der Karte auf, die auf der anderen Seite in der Luft stand.
Geary merkte, dass er eine finstere Miene ziehen musste, da er sah, wie sich bei Iger Unsicherheit regte, als überlege er, ob er etwas Verkehrtes gesagt haben mochte. »Gute Arbeit, aber ist dieser Standort nicht ein wenig überraschend? Diese Welt macht einen sehr lebenswerten Eindruck, und dieses Lager befindet sich mitten in einem angenehmen Gebiet, während andere Lager die Gefangenen mit rauen und unwirtlichen Lebensbedingungen konfrontieren.«
»Ja, Sir, aber ich glaube, die Bilder, die wir vom Lager bekommen, dürften das erklären.« Ein weiteres Fenster öffnete sich, das die Draufsicht auf eine Ansammlung von Gebäuden zeigte – allerdings aus sehr großer Höhe, schließlich lagen zwischen ihnen und den optischen Sensoren der Flotte etliche Millionen Kilometer.
Er zog die Augenbrauen noch weiter zusammen, als er die gut erhaltenen Bauwerke sah, die, nach ihrer Anordnung zu urteilen, Kasernen sein mussten. Drei Zäune umgaben die gesamte Anlage auf einer Breite von gerade mal zehn Metern, verfügten aber nur über ein paar Wachtürme. Der Großteil des Geländes innerhalb dieser Umzäunung war begrünt, während sie von anderen Lagern gewöhnt waren, dass das Areal komplett asphaltiert oder gar nicht befestigt und mit schroffen Steinen übersät war. Zudem konnte er ein paar Bäume erkennen. Gut erhaltene Straßen führten ins Lager hinein und zu mehreren großen Parkplätzen. »Sieht so aus, als würde man die Gefangenen recht häufig aus dem Lager bringen.«
»Wir vermuten, dass das auf einer täglichen Basis geschieht«, erläuterte Iger. »Wie Sie sehen, ist das Lager nicht weit von der Stadt entfernt. Nach dem Grundriss der Anlage zu urteilen und anhand einiger Syndik-Nachrichten, die wir belauschen konnten, werden unsere Leute als Arbeiter eingesetzt. Das ist an sich nichts Ungewöhnliches, allerdings haben die Syndiks ihre Kriegsgefangenen üblicherweise als Zwangsarbeiter im Bergbau oder im Ackerbau benutzt, weit entfernt von allen Städten.«
Geary lehnte sich zurück und trommelte mit den Fingern auf seine Armlehne. »Dann meinen Sie nicht, dass man sie zu schwerer Zwangsarbeit verpflichtet hat?«
»Das ist trotzdem möglich, Sir. Beim Straßenbau zum Beispiel. Aber denkbar ist auch, dass sie Gebäude reinigen oder ähnliche Arbeiten verrichten mussten. Wenn wir die ehemaligen Gefangenen an Bord geholt und befragt haben, werden wir Genaueres darüber
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