Jenseits Der Schatten
von den ältesten Ringen nur wenige dazu in der Lage. Wenn ich mich recht erinnere, haben etliche Schwestern Jahrzehnte darauf vergeudet, das Phänomen zu studieren, um eine Möglichkeit zu finden, unverzüglich und über große Entfernungen Nachrichten zu überbringen. Es hat niemals funktioniert. Ich erinnere mich nicht, warum. Aber nachdem das Dritte Alitaerische Abkommen den Magae verboten hat, magisch begabte Männer zu heiraten, hat niemand dieses Thema mehr studiert.«
»Also hat Kylar geträumt, was ich geträumt habe?« Vi erbleichte.
Schwester Ariel sah sie fragend an. »Genau das habe ich gesagt, nicht wahr?« Vi kam sich abermals furchtbar dumm vor. »Also hat es dir Angst gemacht?«
»Nicht direkt«, erwiderte Vi.
»Gespräche mit dir sind bisweilen wie der Versuch, das Vengarizianische Zaubergewebe zu meistern.«
»Ah, verflixt«, sagte Vi. Plötzlich schien ihr Mund in Flammen zu stehen. Sie sprang auf die Füße, aber Schwester Ariel sprach, und etwas schlug ihr in die Kniekehlen, und sie fiel zurück auf ihren Stuhl. »Verdammt noch mal, was war -«
Wieder füllte sich ihr Mund mit Feuer, und als sie das nicht wirklich unterdrückte Feixen auf Schwester Ariels Gesicht sah, begriff Vi. Nach weiteren fünf Sekunden hörte es auf zu brennen, und Vi riss vor Schmerz und Entrüstung den Mund auf. Sie
berührte ihre Zunge in der Erwartung, dass sie verbrannt sein würde, aber sie fühlte sich normal an.
»Meine Mutter hat Seife benutzt«, bemerkte Schwester Ariel, »aber dafür habe ich keinen Zauber finden können. Nun, du hast mich aus einem bestimmten Grund geweckt. Nachdem du mir erzählt hast, was das für ein Grund war, kannst du wieder zu Bett gehen.«
Nach dreißig Sekunden begriff Vi, dass Schwester Ariel es ernst meinte. »Habt Ihr denn niemals gefi- hattet Ihr niemals Sex?«, fragte Vi.
Schwester Ariel antwortete: »Tatsächlich habe ich meine Jungfernschaft auf einem Pferderücken verloren.«
»Ich hatte ja keine Ahnung, dass Ihr so geschickt seid.« Vi hatte es einmal versucht. Es hatte kein gutes Ende genommen.
Schwester Ariel brach in Gelächter aus. »Ich wusste gar nicht, dass du so viel Humor hast«, bemerkte sie. »Du gefällst mir immer besser, Vi.«
Oh, vom Reiten eines Pferdes, nicht während des Reitens. Vi lachte. Sie konnte einfach nicht anders. Sie wäre lieber gestorben, als auch nur einen kleinen Teil von Ariels Wertschätzung zu vergeuden. Es war außerdem eine Erwiderung gewesen, die kunstvoll vermied, Vis Frage zu beantworten. Hölle, es hatte keinen Sinn. Vi war müde, und ihr Magen fühlte sich noch immer so an, als müsste sie scheißen. »Ich habe - ich hatte Dutzende von Männern in meinem Bett«, bemerkte sie.
»Gut gemacht«, erwiderte Schwester Ariel. »Die rechtzeitige Korrektur, meine ich, nicht die Promiskuität.«
»Ich habe niemals etwas empfunden, bei keinem von ihnen. Aber bei Kylar …«
»Ich bin keine Autorität auf diesem Gebiet, aber ich denke, es ist angeblich anders mit jemandem, den man liebt.«
Das Wort machte Vi wütend. »Nicht ›Ich habe nichts für sie empfunden‹! Ich habe sie überhaupt nicht gespürt. Ich bin da unten vollkommen taub. Aber heute Nacht …« Sie klappte den Mund zu. Seit ihrer Kindheit war das Ficken etwas, das Vi geschehen ließ, etwas, das Männer ihr antaten. Nach und nach war ihre Machtlosigkeit zu ihrer Macht geworden. Männer waren Sklaven ihres Fleisches. Vis Körper war lediglich eine Währung, mit dem Vorteil, dass sie ihr Kapital wieder und wieder ausgeben konnte.
Als sie das erste Mal daran gedacht hatte, Kylar zu ficken, hatte sie nur der Gedanke beherrscht, dass sie es ihm schuldete, nach dem, was sie ihm angetan hatte. Die heutige Nacht war auf schreckliche Weise anders gewesen. Anders selbst als ihr früherer Traum von Kylar. Sie hatte Kylar auf mehr Arten gewollt, als sie sich hatte vorstellen können. Ihr Körper hatte sich nach ihm verzehrt. Es war, als sei etwas, das so tief in ihr schlief, dass sie es für tot gehalten hatte, erwacht. Der Sex mit Kylar wäre kein beiläufiges Geschenk, mit dem sie ihm erlaubte, ihren Körper zu benutzen. Es wäre eine Kapitulation.
»Ihr müsst diesen Ohrring herunterbekommen«, sagte Vi. Sie zitterte, und kalter Schweiß stand ihr auf der Stirn. »Bitte, bevor ich mit Elene spreche. Sie ist doch noch hier, nicht wahr?«
»Es tut mir leid, Kind. Ja, sie ist hier. Du wirst morgen mit ihr sprechen.« Schwester Ariel seufzte. »Viridiana, ich habe alles
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