Jenseits Der Schatten
grinsen.
Abrupt begann Logan zu weinen. »Wie mache ich dem hier ein Ende?«
Agon Brant räusperte sich. »Euer Majestät, wenn in vergangenen Zeiten ein Mann vor einem religiösen Fest aufs Rad gebunden wurde und ein Herrscher es vermeiden wollte, die Stadt zu besudeln, indem er zuließ, dass ein Mann während des Festes starb, brach man dem Verurteilten Arme oder Beine, so dass die Dornen sich tiefer in sein Fleisch bohrten und er schneller starb.« Er räusperte sich abermals und sah keinen Moment zu Kylar hinüber. »Ich muss Euer Majestät auch davon in Kenntnis setzen, dass der lae’knaughtische Botschafter unterwegs ist. Er hat sich geweigert, noch länger zu warten.«
Logan schloss die Augen und atmete tief und langsam ein. Dann wischte er sich über die Augen und blinzelte. Als er zu der provisorischen Brücke hinaufschaute, die zur Burg führte, sah er den lae’knaughtischen Botschafter näher kommen. »Also schön«, sagte Logan. »Stellt meinen Stuhl und mein Pult hierher.« Er hatte bewusst zu dem Botschafter durchsickern lassen, dass er hier sein würde. Logan hatte sich mit ihm vor dem Rad treffen wollen, um den Mann daran zu erinnern, wie hart Logan sein konnte. Aber nicht einmal in seinen wildesten Albträumen hätte er gedacht, dass Kylar während dieser Begegnung noch immer leben würde.
Das Rad drehte sich, und Logan stand Kylar zugewandt da und beobachtete seinen Freund, bis Agon Brant, der in die Rolle seines provisorischen Haushofmeisters geschlüpft war, den Botschafter ankündigte. »Euer Majestät, Tertulus Martus, Quästor der Zwölften Armee der Lae’knaught, Attaché des Oberlords Julus Rotans.«
Logan drehte sich um und setzte sich an den Feldtisch. Tertulus Martus’ Blick flackerte an ihm vorbei zu Kylar. Im Stehen verdeckte Logans Körper das Antlitz des Todes. Im Sitzen rahmte es ihn ein. Der Botschafter konnte ihn nicht ansehen, ohne sich des Mannes bewusst zu sein, der hinter ihm am Rad starb.
»Euer Majestät«, begann Tertulus. »Danke dafür, dass Ihr mich willkommen heißt, und meinen Glückwunsch zu Eurer kürzlich erfolgten Thronbesteigung und zu Euren überaus glorreichen Siegen. Wenn auch nur die Hälfte der Geschichten wahr ist, wird Euer Name für immer leben.« Er machte noch einige Zeit so weiter. Die Zwölfte Armee der Lae’knaught war ihr Diplomatenkorps. Es hatte seit der Zeit vor den Alitaerischen Abkommen keine zwölf lae’knaughtischen Armeen mehr gegeben. Heute gab es vielleicht drei - oder möglicherweise auch nur zwei, angesichts des Massakers an den fünftausend in Ezras Wald. Aber Tertulus Martus hatte seinen Kurs gewählt, bevor er zu sprechen begann, und er brauchte nicht einmal nachzudenken, während er sprach. Sein Körper war gleichermaßen beherrscht und verriet nichts. Er hielt im Stehen die Füße ziemlich dicht nebeneinander, um nicht kämpferisch zu wirken. Seine Hände waren entspannt, um weder mit dem Finger zu zeigen noch die Fäuste zu ballen. Seine Gesten waren verhalten. Logan beobachtete stattdessen seine Augen.
Der Mann taxierte ihn. Dieser Botschafter war nicht hier, um irgendwelche Geschäfte anzubieten. Sein Drängen, Logan so schnell wie möglich zu sprechen, war einzig das Ergebnis des Drucks, den seine Vorgesetzten ausgeübt hatten. Sie wollten wissen, ob Logan eine Bedrohung darstellte. Sie hatten jüngst fünftausend Mann verloren, und sie mussten wissen, ob man darauf vertrauen konnte, dass dieser neue König eines bedeutungslosen, korrupten Königreichs tun würde, was cenarische Könige seit zwanzig Jahren getan hatten: gar nichts.
Immer noch schweigend stand Logan mitten in einem Satz des Diplomaten auf. Mit vollkommener Gelassenheit warf er den Feldtisch um, so dass unbeschriebene Pergamente, ein Tintenfass und eine Feder zu Boden flogen. Er trat auf den Tisch und riss ein Bein ab.
Mit zwei mächtigen Hieben brach er Kylar an den Knöcheln die Beine.
Kylar schrie. Da er sich nicht länger halten konnte, sackte sein Körper gegen ein Dutzend Klingen unter seinen Armen. Scharfkantige Dornen durchstachen die Haut seiner Beine und leuchteten feucht in der aufgehenden Sonne. Er schrie abermals, als das Rad sich weiterdrehte und die Seiten seiner Beine viel tiefer durchstoßen wurden. Mitten in einem Schrei wurde sein Kopf unter Wasser getaucht, und er kam hustend und würgend wieder hoch.
Wieder glitten seine Arme auf die Klingen, als er zur Gänze aufrecht stand, und seine Schreie verklangen zu einem Wimmern. Logan
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