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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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Ich weiß, dass du mir und Elene Raum und Zeit gegeben hast, und ich weiß, dass es auch für dich hart ist. Ich danke dir.« Er schaute auf ihr Nachtkleid hinunter; dieses passte sogar, und sein Blick war bewundernd, aber bewusst
flüchtig. »Ich wünschte nur, du wärst nicht so verdammt schön. Gute Nacht.«
    Der zweite Traum war härter gewesen. Es war eine jener Nächte gewesen, in denen Kylar auf der anderen Seite der Wand lag und sich so sehr quälte, dass er glaubte, er werde bersten. In dem Traum hatte Kylar nackt am Fuß von Vis Bett gestanden. Seine Augen waren geschlossen gewesen, und Vi hatte seinen Anblick aufgesogen, seine harten, mageren Glieder, den flachen, muskulösen Bauch. Sie trug eins von Meister Piccuns Nachthemden, die sie in Cenaria zurückgelassen hatte. Es war aus weißer Seide und kurz, mit durchsichtigen Stoffbahnen, aber eher hübsch als provokativ: ein Liebe-mich, kein Fick-mich. Es war eins der ersten Dinge, die sie bei Meister Piccun gekauft hatte, und in vier Jahren hatte sie es niemals getragen. Männer liebten ihre Ehefrauen oder Freundinnen. Vi wurde gefickt. Ihre Haar war offen und so lange gekämmt worden, dass es glänzte.
    In genau dem Moment, als Kylar die Augen öffnete, hatte Vi eine Offenbarung. Kylar hatte dieses Nachthemd nie gesehen. Dies war nicht sein Traum, es war ihrer. Sie erstarrte und fühlte sich entblößter als damals, als sie nackt vor dem Gottkönig gestanden hatte. Garoth Ursuul hatte sie abgeschätzt, ohne sie zu kennen. Kylar hatte eine weit größere Macht. Er war hier, weil sie ihn begehrte. Vi war lange der Gegenstand von Begehren gewesen, und sie hatte Männer dafür verspottet.
    Jetzt wich die Taubheit, die sich zwischen ihren Beinen eingenistet hatte, seit einer der Liebhaber ihrer Mutter sie das erste Mal vergewaltigt hatte. Der Schmerz dort war so fremd, dass Vi ihm keinen Namen hatte geben können. Trotz all der Männer, die sie gefickt hatte, hatte Vi nicht ein einziges Mal einen Mann zu ihrem Vergnügen mit in ihr Bett genommen und erst recht nicht um der Liebe willen. Die weichende Taubheit gestattete ihr jedoch
nicht nur, zum ersten Mal Begehren zu empfinden, sie bedrohte sie auch. Durch das Eis konnte Vi die Umrisse eines Mysteriums sehen: Sie konnte sich vorstellen, ihr Begehren zu Kylar zu bringen und Einigkeit zu erfahren, Ganzheit in einer zersplitterten Welt. Sie hatte das Ficken zu einer simplen körperlichen Anstrengung gemacht, ebenso monoton, aber auch genauso notwendig für ihre Arbeit wie das Trainieren. Wenn sie jemals erfahren wollte, was unter dem Eis war, würde sie den Schmerz und die Verletzung spüren müssen, die darin eingefroren waren. Wenn Kylar beim Sex mit ihr sprach, würde sie sich an all die Bastarde erinnern, die nicht die Klappe hatten halten wollen. Sollte er still bleiben, würde sie sich an die Brutalen erinnern, die lautlos fickten. Wenn Kylar die Finger in ihr Haar schlang, würde sie sich an all die Arschlöcher erinnern, die ihr Haar begrapscht hatten, als sei sie ein Tier. Wenn Kylar ihr in seiner Leidenschaft die Kleider vom Leib riss, würde sie sich daran erinnern, wie Hu Gibbet es getan und ihr ins Gesicht gespuckt hatte. Wollte Vi Kylars Verlangen jemals genießen und sich gestatten, es zu erwidern, würde sie ihm ihre Zerbrochenheit anvertrauen müssen, und sie würde durch all die Höllen gehen müssen, die ihre Taubheit ihr erspart hatte.
    Sie verstand all das in genau dem Moment, als Kylar die Augen öffnete und sie ansah. Sie verkrampfte sich, und sofort steckte ihr Haar wieder in einem Pferdeschwanz, stramm genug, um zu schmerzen. Zwei Wellen von Gefühlen durchrasten Kylar, die zweite jagte die erste, und trotz ihrer emotionalen Dummheit und trotz allem, was Schwester Ariel gesagt hatte, konnte Vi seine Gefühle für sie durch die bloße Luft wahrnehmen. Das erste war Begehren, und obwohl es körperlicher Natur war, war es nicht nur körperlicher Natur. Ein Monat der Zärtlichkeiten mit der Frau, die er liebte, war ein Monat des Vorspiels gewesen. Aber direkt danach zog er sich zurück.

    »Vi«, stieß Kylar erstickt hervor. »Ich kann nicht einmal hier sein.« Er ignorierte seine eigene Nacktheit und ihre Fast-Nacktheit, schaute ihr in die Augen und ließ sie in seinen lesen.
    Ihre Vergewaltiger hatten das Band zwischen Sex und Intimität durchschnitten, so dass ihr nur das Ficken geblieben war. Mit der Ringvergewaltigung Kylars hatte sie ihm nur Intimität gelassen. Der Unterschied war,

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