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Jenseits Der Schatten

Titel: Jenseits Der Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Brent Weeks
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gar kein Kind geboren hatten, was als das Gleiche galt. Angesichts des Umstands, dass Garoth Ursuul an die sechzig Jahre alt sein musste, waren alle Frauen hier überraschend jung. Nie wurde ein Wort darüber verloren, was mit den älteren Frauen geschah.
    Es war merkwürdig, im Harem seines Vaters zu sein. Er sah hier eine andere und beklemmend persönliche Seite des Mannes, der ihn auf hundert verschiedene Weisen geformt hatte. Wie die meisten Khalidori bevorzugte der Gottkönig kräftige Frauen mit breiten Hüften und prallen Gesäßen. Es gab ein Sprichwort aus dem Norden: Volaer ust vassuhr, vola uss vossahr. Wörtlich übersetzt: »Ein Mann braucht Pferde und Bräute, die groß genug sind, um sie zu reiten.« Die meisten der gewöhnlichen Frauen hier waren Khalidori, aber der Gottkönig hatte in seinem Harem Frauen aller Nationalitäten und Stämme außer dem der Feyuri. Alle Frauen waren schön; alle hatten große Augen und volle Lippen; und er bevorzugte es, wie Hopper sagte, sie zu nehmen, sobald sie aufgeblüht waren.
    Das Leben im Harem hatte allerdings wenig mit dem zu tun, was die Südländer sich darüber erzählten. Es war zwar ein Leben in Luxus, aber es war ebenso ein Leben erzwungener Langeweile.
    Jeden Tag, wenn er die Nachttöpfe aus den Räumen der Konkubinen einsammelte, musterte Halbmann die Frauen verstohlen.
Das Erste, was ihm auffiel, war, dass sie immer voll bekleidet waren. Denn der Gottkönig war weit von der Stadt entfernt, und der Winter stand bevor. Da sie nicht damit rechnen mussten, jederzeit zum Dienst gerufen zu werden, machten sich einige der Frauen nicht einmal mehr die Mühe, sich das Haar zu bürsten oder ihre Nachtkleider abzulegen. Allerdings schien es irgendeine Art von esellschaftlichem Druck zu geben, der verhinderte, dass sie sich zu sehr gehen ließen.
    »Früher saßen sie den ganzen Winter halbnackt und zurechtgemacht wie Fruchtbarkeitshuren dicht um die Feuer geschart und zitterten wie junge Hunde im Schnee«, sagte Hopper. »Inzwischen signalisieren wir ihnen rechtzeitig, wenn Seine Heiligkeit auf dem Weg hierher ist. Du wirst es ja selbst sehen. Und du hast noch nie jemanden gesehen, der sich dann schneller bewegt als sie. Und wenn eine von ihnen persönlich angefordert wird, fallen alle anderen über sie her. Bei Khalis Blut, du siehst sie für einige Minuten gar nicht mehr. Wenn sie von den Übrigen dann wieder freigegeben wird, würdest du schwören, dass sie sie zurechtgemacht haben wie für die Gottheit selbst. So sehr sie einander auch hassen und intrigieren und tratschen, wenn der Gottkönig ruft, helfen sie einander. Es ist eine Sache, über eine andere Frau herzuziehen und Lügen zu erzählen«, fuhr Hopper mit gesenkter Stimme fort, »aber keine von ihnen möchte der Anlass sein, dass eins der Mädchen zu den Edelingen geschickt wird.«
    Dorian drehte sich der Magen um. Sie wussten es also. Natürlich wussten sie es. Dorians Samenklasse war an einer Konkubine, die es an Respekt hatte mangeln lassen, das Hautabziehen beigebracht worden. Dorian war als dem Klassenbesten ihr Gesicht zugewiesen worden. Er wusste noch, wie stolz er gewesen war, als er seinem Lehrer Neph Dada das unversehrte Gesicht, an dem selbst die Haare der Augenlider noch intakt gewesen waren, präsentiert
hatte. Der zehn Jahre alte Dorian hatte dieses Gesicht beim Abendessen als Maske getragen und mit den anderen seiner Samenklasse seinen Spaß getrieben, während Neph lächelnd zugesehen hatte. Gott helfe ihm, er hatte noch Schlimmeres getan.
    Was tat er hier? Dieser Ort war krank. Wie konnte ein Volk dergleichen ertragen? Wie konnten sie einer Gottheit dienen, die sich am Leiden ergötzte? Dorian dachte manchmal, dass die Länder die Art von Führern hatten, die sie verdienten. Aber was sagte das über die Khalidori - mit ihrer Aufspaltung in Stämme und ihrer Korruptionsplage, die nur von der tiefen Furcht der Leute vor dem Mann, der sich selbst als Gottkönig hinstellte, in Schach gehalten wurde? Was sagte das über Dorian aus? Es war sein Volk, sein Land, seine Kultur - und früher einmal sein Geburtsrecht. Er, Dorian Ursuul, hatte überlebt. Er hatte seine Samenklasse einen nach dem anderen ausgerottet, hatte Bruder auf Bruder gehetzt, bis nur noch er übrig geblieben war. Er hatte seine Uurdthan bestanden, seine Feuerprobe, und gezeigt, dass er es wert war, der Sohn und Erbe eines Gottkönigs genannt zu werden. Dies, dies alles, könnte ihm gehören - aber er vermisste es keine

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