Jenseits Der Schatten
aus.«
Ariels Augen wurden binnen eines Herzschlags groß und schmal. Das Mädchen war beinahe eine Kriegsmaja, und sie wussten es beide. Nun, es war gesagt, Istariel war so zurückhaltend gewesen und hatte so viel verdeutlicht, wie sie sich leisten konnte, wenn sie noch hoffen wollte, ihren Vorsitz zu behalten,
sollte irgendetwas von diesem Gespräch durchsickern. Istariel würde sich natürlich von Ariel und Vi fernhalten müssen. Selbst Ariel würde das verstehen … falls sie es bemerkte. Jetzt mussten Dinge geglättet, musste die Illusion aufrechterhalten werden.
»Du verdienst Lob dafür, solch große Talente zu unserer Schar gebracht zu haben, Schwester Ariel. Ich glaube nicht, dass in den letzten fünfzig Jahren zwei Neulinge mit solchem Potenzial in die Chantry gebracht wurden.« Sie lächelte. Es waren fünfzig Jahre vergangen, seit sie und Ariel eingetroffen waren.
»Gewiss länger.«
»Du verdienst eine Belohnung«, sagte Istariel, deren Lächeln gefror. »Kann ich dir irgendetwas für deine Studien beschaffen?« Ariel würde natürlich sagen, der Dienst sei genug.
»Absolut«, erwiderte Ariel.
Als sie ging, hatte Ariel ihre Schwester dazu gezwungen, jeder einzelnen ihrer Forderungen zuzustimmen. Ariel hatte nicht einmal den Anstand gehabt, etwas vorzuschlagen, das sie nicht wirklich wollte, damit Istariel zumindest das ablehnen und um ihres Stolzes willen einen kleinen Sieg erringen konnte.
Istariel lehnte sich zurück und betrachtete ihr Haar im Spiegel; sie wollte, dass es perfekt war für ihre Begegnung mit der alitaerischen Gesandtschaft. Zumindest war ihr blondes Haar noch immer schön. Die anderen Schwestern schworen, es sei Magie, dass sie über eine Mähne verfügte, die so glänzend, dicht und perfekt war. Es war keine Magie, aber es freute sie immer, diese Vermutung zu hören.
In Gedanken kehrte sie zurück zu Ariels Bemerkung, dass die hässliche Trace Arvag-wie-auch-immer sie faszinieren würde. Istariel runzelte die Stirn, und ihr Gesicht im Spiegel zeigte alle möglichen unattraktiven Linien auf einem würdevollen, aber ziemlich reizlosen Antlitz. Falls Ariel Sinn für Humor gehabt hätte, hätte
Istariel geargwöhnt, soeben Opfer eines sehr subtilen Scherzes geworden zu sein.
Sie schnaubte. Ariel und Sinn für Humor. Also, das war ein Scherz.
23
Kylar spähte durch das in die Balkontür eingelassene Glas. In der Dunkelheit des Schlafgemachs der Königin wand sich ein Paar auf dem Bett. Ihr hektisches Tempo verriet, dass sie entweder dem Höhepunkt sehr nahe oder außerordentlich leidenschaftlich waren. Gewohnheitsmäßig betrachtete Kylar die Angeln der Balkontür und begriff, dass sie zwar quietschen würden wie eine Herde Schweine, dass aber die beiden im Schlafgemach dennoch nichts davon bemerken würden. Plötzlich schüchtern geworden, schaute er wieder durch das Fenster. Sie waren immer noch zu Gange.
Ein Herr würde warten. Ein Blutjunge würde die Ablenkung nutzen. Kylar schlüpfte hinein.
Der junge Mann stöhnte und erstarrte. Hände klatschten laut, als die Frau seinen Hintern packte und ihn drängte weiterzumachen. Er stieß zweimal zu, aber seine Lenden ließen ihn im Stich.
»Scheiße!«, sagte Terah Graesin und stieß ihn von sich. »Ich dachte, ich würde es diesmal schaffen.«
»Tut mir leid, Schwesterherz«, erwiderte Luc Graesin.
Kylar war plötzlich benommen. Der Ka’kari stieß einen leisen Pfiff aus. ~ Ich habe seit ein paar Jahrhunderten keine königliche Inzucht mehr gesehen, und das war damals in Ymmur, wo sie zu erwarten ist.~
Luc kuschelte sich neben Terah und bettete den Kopf auf ihrer Brust. Wenn man bedachte, dass er erheblich größer war als seine Schwester, war es eine seltsam unterwürfige Geste. Kylar fiel der Altersunterschied zwischen den beiden auf. Luc war vielleicht siebzehn und sah jünger aus; Terah war fünfundzwanzig und sah älter aus. Wie lange ging das schon so?
Durzo hatte Kylar gelehrt, dass nur eine Frage zählte, wenn man bei einem Auftrag durch irgendetwas überrascht wurde: Verändert dies das, was ich tun muss? Die Antwort darauf lautete Nein, es sei denn, Luc blieb die ganze Nacht.
Kylar schob alle Spekulationen darüber, was dies bedeutete, von sich und konzentrierte sich. Zunächst einmal hieß es einfach, abzuwarten, und so glitt Kylar hinter eine Säule.
Luc stützte sich auf einen Ellbogen. »Schwesterchen, ich wollte mit dir über morgen früh reden. Heute Morgen, was auch immer.«
»Du wirst das erste Mal
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