Jenseits Der Schatten
über die jüngeren Vorkommnisse ins Bild. »Was war das?«
»Die Ka’karifer«, antwortete Ariel.
»Die was? Mein Hyrillisch ist nicht mehr das, was es mal war.« Ein zweifelnder Ausdruck huschte über Ariels Züge. »Dein Hyrillisch war niemals das, was es mal war. Wenn ich mich recht erinnere, waren deine Zensuren in all deinen Sprachkursen -«
»Die Frage, Ariel«, blaffte Istariel mit größerem Nachdruck, als sie beabsichtigt hatte. Nur etwa ein Dutzend Schwestern in der Chantry konnte sich daran erinnern, wie schlecht sie in einigen ihrer Kurse abgeschnitten hatte, und keine von ihnen hätte es gewagt, die Sprecherin zu korrigieren. Keine außer Ariel, die sie nicht etwa korrigierte, weil sie als ihre Schwester das Recht dazu zu haben glaubte, sondern einfach deshalb, weil sie Ariel war. Ariel hätte jeden korrigiert.
»Die Träger der Steine der Steine«, sagte Ariel. »Umgangssprachlich hätte das Steine von größter Macht bedeutet. Die ursprünglichen Träger waren Jorsins Kämpfer des Lichts: Trace Arvagulania - faszinierend, ich denke, du hättest sie gemocht. Sie war einer der größten Geister des Zeitalters in einem Zeitalter, das berühmt war für große Geister. Wahrscheinlich findet sie bis auf den heutigen Tag nicht ihresgleichen. Obwohl ich weiß, dass Rosserti behauptet, Milovian Periot sei genauso wichtig, halte ich persönlich seine Ansichten bezüglich der alitaerischen Nachfolge für schwach: Ich denke, während des Interregnums gab es absolute Brüche mit der miletianischen Tradition. Aber ich schweife ab. Trace, diese brillante, aber schauderhaft hässliche Frau - in einigen Berichten die hässlichste Frau der Epoche, obwohl ich denke, diese Legenden sind ebenso übertrieben wie die meisten anderen -, bekam einen Stein, der ihr alle Schönheit übertrug. Die Dichter konnten sich nicht einmal einigen, wie sie aussah. Ich glaube, in Übereinstimmung mit Hrambowers Sententia - verdammt seien alle lodricarischen Gelehrten und ihre sperrige Syntax, aber was soll man machen -, dass die Verwirrung deshalb
entstand, weil der Ka’kari nicht eigentlich ihr Aussehen verändert hat, sondern ihre Wahrnehmung durch andere und sie jedem als das erscheinen ließ, was ihm am attraktivsten vorkam. Stell dir das Vermögen vor, das Ezra mit Schminke hätte machen können!« Sie wartete darauf, dass Istariel lachte. Sie tat es nicht.
»Faszinierend«, bemerkte Istariel ausdruckslos.
»Natürlich verschwand dieser Ka’kari und ist nie wieder aufgetaucht. Ich stelle mir vor, er wäre sehr wohl aufgetaucht, wäre er etwas anderes gewesen als eine Legende. Viel stärkere Beweise dagegen gibt es für die Existenz des roten Ka’kari. Ursprünglich wurde er Corvaer Blackwell übergeben - ironischerweise kannte man Lord Blackwell danach nur noch als Corvaer den Roten -, und nach seinem Tod während der Schlacht in den Jaeranischen Niederungen nahm ihn ein Mann namens Malak Mok’mazi an sich, Malak Feuerhand in unserer Sprache, obwohl diese Übersetzung offensichtlich den Stabreim nicht bewahrt. Nach Berichten beider Seiten kämpfte er von innerhalb der Feuerbrunst, die über die Ebene raste, und zerschlug die gurvanische Armee. Und nach seinem Tod - anscheinend nutzt Feuer nicht viel gegen Gift …« Ariel stieß ein bellendes Lachen aus, in das Istariel nicht einfiel. »Ähm, hm, nun, er scheint im Laufe der Geschichte in verschiedenen Händen wieder aufgetaucht zu sein. Einige davon hatten glaubwürdige Zeugen. Herddios, dem wir wegen anderer Geschichten zutrauen, dass er es überprüft hat, behauptet, er habe persönlich -«
»Hast du irgendetwas Neues erfahren?«, fragte Istariel, die ihr Bestes tat, Interesse zu heucheln. Begrenztes Interesse.
Ariel fuhr sich mit der Zunge über die Lippen, und ihr Blick flackerte zur Decke empor, während sie nachdachte. »Ich habe geschlussfolgert, dass eine Durchsicht der gesamten gegenwärtig verfügbaren Literatur zu dem Thema die vordringlichsten Fragen offenlässt. Und auch die meisten der weniger vordringlichen Fragen.«
»Also hast du zwei Jahre gebraucht, um herauszufinden, dass du nichts herausfinden würdest.« Es war eine unfreundliche Art, es auszudrücken, aber andererseits zahlte es sich bei Ariel aus, schroff zu sein.
Ariel verzog das Gesicht. »Das war der Grund, warum ich bereit war, mich um Jessie al’Gwaydin zu kümmern.«
Und nicht, weil deine Sprecherin dich darum gebeten hat. Einen Moment lang war Istariel eifersüchtig auf ihre
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