Jenseits Der Unschuld
geworden, und auch Edward war ihr Feind. Sofie wusste, dass er versuchen würde, sie in New York ausfindig zu machen. Zwar konnte ihr niemand Vorwürfe machen, vor ihm die Flucht ergriffen zu haben, andererseits war Edward der Vater ihres Kindes. Sofie musste sich auf den bevorstehenden Kampf vorbereiten. Sie musste ihm ausreden, sie heiraten und Edana seinen Namen geben zu wollen.
Und plötzlich fragte Sofie sich, ob sie sich richtig verhielt und ob sie die Kraft aufbringen würde, den Kampf gegen ihn aufzunehmen. Sie hatte ja nicht ahnen können, bei ihrer Ankunft in New York heimatlos und mutterseelenallein zu sein, hatte vielmehr gehofft und darauf vertraut, in ihrer Familie einen sicheren, geborgenen Hafen zu finden. Edana brauchte ihren Vater. Wichtiger noch, die unschuldige Kleine durfte nicht ihr Leben lang als uneheliches Kind, als Bastard gebrandmarkt sein. Wenn sie Edward heiraten würde, wäre Suzanne gezwungen, Edana zu akzeptieren.
Andererseits hatte Sofie panische Angst davor, in der Ehe mit Edward seelisch zu verkümmern. Jedes Mal, wenn er von einer anderen Frau käme, würde sie leiden. Jeder Tag, den sie die Rolle des glücklichen Ehepaars spielen würden, wäre für sie wie ein Dolch, der sich in ihrem Herzen umdrehte.
Sofie war ratlos und verzweifelt.
Wie sollte sie gegen Edward und gegen ihre Mutter kämpfen? So herzlos Suzannes Verhalten war, so war sie doch davon überzeugt, das Richtige zu tun. Bislang war Sofie ihrer Mutter in jeder Auseinandersetzung unterlegen gewesen. Aus diesem Kampf musste Sofie als Siegerin hervorgehen. Dabei war sie bereits erschöpft, ehe der Kampf begonnen hatte. Und sie musste an zwei Fronten kämpfen.
Rachelle bewegte sich und setzte sich auf. »Sofie? Hast du nicht geschlafen?«
Sofie blickte zu dem breiten Bett hinüber, in dem sie zu dritt die Nacht verbracht hatten. »Nein.«
»Es tut mir leid«, sagte Rachelle. »Was sollen wir nur tun?«
Sofie hob entschlossen das Kinn. »Ich werde mit Benjamin sprechen. Er ist gewiss anderer Meinung als meine Mutter. Vielleicht kann er sie zur Vernunft bringen.«
Rachelle schnaubte verächtlich. »Ich würde dieses Haus nie wieder betreten.«
Sofie bemühte sich um einen sachlichen Ton. »Ich muss. Wir haben kein Geld mehr, Rachelle.«
Benjamin nahm hinter seinem Schreibtisch Platz. Sofie sank in einen tiefen Ledersessel und umklammerte die Armlehnen. Ihr Stiefvater hatte Suzanne von dem Gespräch ausgeschlossen, die Sofie nur einen finsteren, warnenden Blick zugeworfen hatte.
»Suzanne erzählte mir, was vorgefallen ist. Es war dumm von dir, so überstürzt das Haus zu verlassen.«
Sofie nickte steif.
»Ich halte es für besser, wenn wir unter vier Augen miteinander reden, da deine Mutter sehr erzürnt ist.«
Sofie nickte wieder.
»Du befindest dich als ledige Mutter in einer schwierigen Situation.« Sein Blick war wohlwollend. »Ich dachte, deine Mutter hätte sich mit dir über die Adoption geeinigt, bevor du nach Paris gingst.«
»Ich habe mich damals geweigert, und ich weigere mich heute!« Sofie sprang erzürnt auf und zitterte am ganzen Körper. Ihr war flau im Magen, da sie noch keinen Bissen zu sich genommen hatte.
Benjamin zog eine Braue hoch. »Das wusste ich nicht. Sofie, du kannst nicht als ledige Mutter in New York leben.
Man wird dir aus dem Weg gehen, dich nicht einmal auf der Straße grüßen. Du wirst eine Geächtete sein, eine Außenseiterin.«
»Ich war immer eine Außenseiterin.«
Benjamin stand ebenfalls auf. »Das kannst du nicht sagen. Wäre dir an einem gesellschaftlichen Debüt gelegen gewesen, hätten wir das liebend gerne für dich arrangiert, und man hätte dich mit Anträgen überhäuft, daran zweifle ich nicht. Du hast immer noch die Möglichkeit, einen Ehemann zu finden - du bist erst einundzwanzig.
Und ich werde dir gern dabei behilflich sein. Aber wenn man von dem Kind erfährt, sind alle Chancen verwirkt.«
»Ich will nicht heiraten!« hielt Sofie ihm trotzig entgegen. »Ich werde mein Leben der Erziehung meiner Tochter und meiner Berufung als Malerin widmen.«
Einen Augenblick lang sah ihr Stiefvater sie an, als sei sie ein Wesen von einem anderen Stern. »Ich denke nicht nur an deine Interessen, ich denke auch an das Wohl des Kindes. Begreifst du denn nicht, dass es für Edana besser ist, in einem behüteten Elternhaus aufzuwachsen? Wir haben die Leute kennengelernt, die sie adoptieren wollen; sie sind ehrbar und wohlhabend. Die Frau ist unfruchtbar und wünscht
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