Jenseits Der Unschuld
Gott, bin ich froh!« rief Suzanne und eilte ihr entgegen. Und dann lagen sie einander in den Armen.
Sofie wischte sich die Tränen aus den Augen. »Da ich heiraten werde, hat sich die Adoption ja erledigt. «
»Ich habe einen großen Fehler gemacht, Sofie. Ich glaubte, das Richtige zu tun. jetzt weiß ich, dass es falsch war.
Verzeih mir. «
»Ist schon gut«, sagte Sofie.
»Kannst du mir verzeihen?«
»Ja. Ich habe es bereits getan.« Suzanne begann zu weinen, und Sofie streichelte ihr den Rücken. »Besuchst du mich heute Nachmittag, um deine Enkeltochter kennenzulernen?«
Suzanne schniefte und lächelte. Dann nickte sie bedächtig.
»Welche Überraschung«, sagte Jake.
Edward betrat die riesige Empfangshalle. »Ich habe Sie gestern bei der Vernissage gesehen. Wieso quälen Sie sich eigentlich, Jake?« Er stand dem älteren Mann gegenüber. »Wagen Sie sich endlich aus Ihrem Schneckenhaus, Jake.
Ich bereite Sofie auf Ihre plötzliche Auferstehung von den Toten vor, wenn Sie es wünschen. Bitte. Sofie liebt Sie.«
Jake sah ihn unverwandt an, die Lippen aufeinander gepresst. »Ich bin ein Mörder.
Sofie wird vor mir die Flucht ergreifen.«
»Für Sofie sind Sie ein Held, kein Mörder!« entgegnete Edward. »Sie wird überglücklich sein, ihren Vater am Leben zu wissen.«
»Damit würde ich ihre Mutter als Bigamistin brandmarken. Sie könnte den Skandal nicht ertragen.«
Edward geriet in Rage. »Sofie hat den Skandal, mein uneheliches Kind zur Welt zu bringen, unbeschadet überstanden. Außerdem können wir darüber Schweigen bewahren, das wissen Sie genau. Niemand muss erfahren, dass Sie am Leben sind, nur die engste Familie.«
Jake fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. »Ich liebe meine Tochter mehr als alles auf der Welt. Ich fürchte, sie würde mich dafür hassen, wäre empört und tief verletzt. Jetzt hat sie alles, was sie sich wünschen kann. Reichtum, Ansehen, einen liebevollen Ehemann. Ich will sie verschonen mit einem plötzlich von den Toten auferstandenen Vater, der all das in Gefahr bringt.« In Jakes Augen flackerte Angst. »Ich könnte den Gedanken nicht ertragen, wenn sie sich von mir abwendet.«
»Sie haben keine Ahnung, was für ein Mensch Ihre Tochter eigentlich ist. Und wessen Schuld ist das?« Edward wandte sich wütend zum Gehen, dann drehte er sich noch einmal um. »Sie sind ein erbärmlicher Feigling, Jake! Na schön! Leben Sie weiter Ihr jämmerliches Schattendasein. Was schert es mich?« Edward riss das schwere Portal auf. »Sie haben es versäumt, Ihre Tochter aufwachsen zu sehen. Was kümmert's mich, wenn Sie auch Ihre Enkelin nicht aufwachsen sehen?«
Jake stand unbewegt, ohne Ausdruck im Gesicht.
Edward aber war noch nicht fertig. »Ach übrigens, Sofie und ich haben uns nun doch zu einer festlichen Hochzeit entschlossen. Am 1. Januar um ein Uhr, in der St. Paul's Church.« Edward lächelte eisig. »Aber ein Gespenst kann ja nicht an einer Hochzeit teilnehmen. Es kann sich nur im Schatten hinter Säulen verstecken und heimlich lauschen!« Abrupt wandte er sich ab, stürmte hinaus und schlug die schwere Eichentür krachend hinter sich zu.
Jake sank auf den nächsten Stuhl, bedeckte das Gesicht mit den Händen und schluchzte.
»Wie fühlst du dich?«
Edward bedachte seinen älteren Bruder Slade, der neben ihm vor dem Kirchenportal stand und von einem Ohr zum anderen feixte, mit einem finsteren Seitenblick. Beide hatten die Schultern hochgezogen, doch keiner trug einen Mantel in der beißenden Kälte. Vor den Brüdern stand ihr Vater Rick neben Benjamin Ralston, sie begrüßten die letzten der etwa sechzig Hochzeitsgäste. Auf der Straße hielten Polizisten Schaulustige und aufdringliche Presseleute davon ab, die Kirche zu stürmen. Sofies Ausstellung hatte die Gerüchteküche angeheizt, und die Zeitungen hatten über ihre skandalöse Liebesgeschichte geschrieben. Die Titelgeschichte in Harper's Bazaar hatte ihre Popularität noch erhöht. In dem Artikel gestand Sofie freimütig, dass es Liebe auf den ersten Blick war. Das Paar wollte die Hochzeit nicht zu einem öffentlichen Ereignis machen, und Journalisten waren nicht zugelassen, obwohl zahlreiche Presseleute um eine Einladung gebeten hatten. Dennoch glaubte Edward unter den Hochzeitsgästen einige Reporter entdeckt zu haben, ohne sich erklären zu können, wie sie sich Einladungen ergattern konnten.
»Na?« Slade stieß ihm den Ellbogen unsanft in die Rippen. Er war ein dunkler Typ, eine Winzigkeit kleiner
Weitere Kostenlose Bücher