Jenseits Der Unschuld
richtige Hochzeit.«
Er studierte sie eingehend. »Keine schlichte Trauung im Rathaus?«
Sofie blickte verträumt vor sich hin, sah sich in einer Wolke aus weißem Tüll auf den Altar zuschreiten. »Ach Edward«, seufzte sie glücklich.
Er nahm ihr Gesicht in beide Hände. »Wir halb Jahre getrennt. Nun habe ich dich endlich gefunden und möchte dich am liebsten nie wieder Augen lassen. Ich wünsche mir sehnlichst, schon dein Ehemann zu sein, Sofie. Aber ich habe Verständnis für deinen Wunsch.«
»Wirklich?«
»Ja.« Sein Blick schweifte ins Leere. »Meine Familie lebt in Kalifornien. Mein Vater, mein Bruder Slade und seine Frau Regina. Wenn wir noch einen Monat warten, könnten sie zu unserer Hochzeit kommen. Leider weiß niemand, wo mein zweiter Bruder James steckt. «
»Edward, ich wusste nicht, dass du Angehörige hast! Du hast nie von ihnen gesprochen!« Sofie war überrascht.
Bisher hatte sie Edward als Mann ohne Hintergrund, ohne Wurzeln, ohne Vergangenheit gesehen.
»Meine Familie ist mir früher sehr nahe gestanden.«
»Was ist geschehen?«
»Das ist eine lange Geschichte.« Seine Miene hatte sich verhärtet, sein Mund war schmal geworden. »Ich werde auch meine Mutter einladen.«
Sofie bekam große Augen.
Edward küsste sie lächelnd auf die Nase. »Eines Tages werde ich dir alles erzählen. Aber nicht heute abend.«
Sofie durchfuhr ein Stich. Sie wünschte sich eine festliche Hochzeit, und Edward war damit einverstanden. Doch die Menschen, die ihr am nächsten standen, würden nicht daran teilhaben. Lisa ' war von zu Hause fortgelaufen, und mit ihrer Mutter sprach sie nicht mehr.
Als könne er ihre Gedanken lesen, sagte Edward: »Wie soll es mit deiner Mutter weitergehen, Sofie?«
Sofie sah ihn wehmütig an. »Ich weiß es nicht. «
Am nächsten Morgen verließ Sofie das Hotel vor zehn Uhr. Sie hatte schlecht geschlafen. Nachdem Edward sich zurückgezogen hatte, da es unschicklich gewesen wäre, wenn er die Nacht bei ihr verbracht hätte, war sie wach gelegen und hatte lange über das Zerwürfnis mit ihrer Mutter nachgedacht.
Und plötzlich war die Antwort ganz einfach. Suzannes Bestrebungen, ihr das Kind wegzunehmen, waren zwar unentschuldbar, doch ihre Motive waren verzeihlich. Sie hatte Sofie vor Schmach und Schande bewahren wollen, ohne darüber nachzudenken, dass ihr die Anerkennung der Gesellschaft nicht das Wichtigste auf der Welt war.
Suzanne hatte gedankenlos und oberflächlich gehandelt, wie es ihrem Wesen entsprach, und Sofie damit zutiefst gekränkt. Andererseits liebte sie ihre Mutter und wollte die Beziehung zu ihr nicht endgültig abbrechen. Sofies Hass gegen ihre Mutter war schließlich aus verletzter Liebe entstanden.
Und nun hatte ihr Hass sich gelegt. Ihre glückliche Vereinigung mit Edward hatte alles verändert. Geblieben war nur Trauer, dass die Vergangenheit nicht auszulöschen war. Sofie war fest entschlossen, zuversichtlich in eine Zukunft zu blicken, die glücklich und zufrieden zu werden versprach. Und sie hatte den Wunsch, ihre Mutter an dieser Zukunft teilhaben zu lassen.
Als Sofie der Mietdroschke entstieg, wurde das Portal der Ralston-Villa bereits aufgerissen. Jenson empfing sie mit einem strahlenden Lächeln. »Miss Sofie!«
Sie stieg die Treppen hinauf und küsste den Butler auf die Wange. Nie zuvor hatte sie gesellschaftliche Schranken so gründlich missachtet. Jenson errötete verlegen. »Ich werde bald heiraten, Jenson.«
»Ich bin entzückt, Miss Sofie! «
»Edward reserviert den Ballsaal im Delmonico, und heute abend werde ich das genaue Datum wissen. Ich bestehe darauf, dass Sie kommen«, sagte Sofie mit großem Ernst. »Ich bestehe auch darauf, dass Mrs. Murdock kommt.«
Jenson blieb der Mund offenstehen. »Aber gewiss komme ich, Miss Sofie. Selbst wenn Ihre Frau Mutter mich vor die Tür setzt!«
»Falls das geschieht, nehmen wir Sie am nächsten Tag in unsere Dienste, Jenson.« An der Treppe zögerte Sofie.
»Ist meine Mutter in ihrem Zimmer?«
»Ja.«
Ein wenig beklommen stieg Sofie die Stufen hinauf. Vor dem Zimmer ihrer Mutter verharrte sie. Dann trat sie entschlossen ein.
Suzanne saß am Frisiertisch. Ihre Zofe steckte ihr das Haar auf. Als sie Sofie im Spiegel bemerkte, erschrak sie.
Dann sprang sie auf. »Lucy, lass uns bitte allein.«
Das Mädchen huschte aus dem Zimmer.
»Guten Tag, Mutter«, sagte Sofie leise.
»Sofie.« Suzanne drängte die Tränen zurück.
»Mutter, ich komme, um die weiße Fahne zu hissen. «
»Mein
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