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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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kann ich den kaufen. Aber dein Papa würde Teebeutel benutzen. Wir stellen das mal zurück.«
    Harry zog das Geld aus seiner Tasche und legte es auf den Ladentisch. Er sah zu Stuarts Mum auf. »Ich brauch aber den hier. Er ist für Tante Jean.«
    Stuarts Mum sagte nichts weiter, blieb aber bei ihm, und Mrs Martin kam und zählte das Geld auf dem Ladentisch.
    »Ich möchte auch zwei Tüten gemischte Lollis für zwanzig Cent«, sagte Harry, und er lächelte Stuart an. Stuart lächelte zurück.
    Das Mädchen stand noch an der Bushaltestelle, als sie den Laden verließen. Sie rauchte eine Zigarette und sah immer noch die Straße hinunter. Den Bus hatte sie auf jeden Fall verpasst. Als sie im Auto wegfuhren, drehte Harry sich um und sah durchs Rückfenster. Das Mädchen schnipste die Zigarette auf den Schotter und trat mit dem Fuß darauf. Dann trat sie gegen das Haltestellenhäuschen.
    Auch sie saß hier fest.
    »Sie können mich da an der Brücke rauslassen.«
    Harry wollte es sich ersparen, den ganzen Weg von zu Hause zu Georges Hütte zu laufen, aber sofort bedauerte er, etwas gesagt zu haben. Er sah die Augen von Stuarts Mum im Rückspiegel. Sie sah besorgt aus und so, als würde sie gleich eine Frage stellen.
    »Kommst du nicht mit uns zurück?«, fragte Stuart.
    Harry zuckte die Schultern. Er fühlte sich schlecht. Stuart war nett, und es war gut, bei ihm zu sein, auch wenn sie im Anbau des Wohnwagens schlafen mussten und die Luft ein bisschen kalt auf dem Gesicht war. Aber Stuarts Mum legte Wärmflaschen in die Betten, sodass Laken und Bettdecke schon angewärmt waren, wenn sie ins Bett gingen. Es war so warm, dass man nur einschlafen konnte, selbst wenn man es nicht wollte, selbst wenn man noch wach bleiben und sich unterhalten wollte.
    Harry schob eine Hand in die Tasche und zog die Dart-Pistole heraus.
    »Du kannst sie haben. Du kannst sie behalten, bis ich das nächste Mal bei euch übernachte.«
    Stuart nahm die orangefarbene Plastikpistole in die Hand.
    »Wann?«
    »Vielleicht morgen oder übermorgen? Verlier die Pfeile nicht.«
    Stuart nickte. Er nahm Harry die Pfeile aus der Hand und steckte sie ein. Harry wusste, dass Stuart mindestens einen verlieren würde.
    In der Nähe der Brücke hielten sie an. Stuarts Mum drehte sich um. Sie sah Harry direkt an, hielt den Arm um den Sitz gelegt.
    »Vielleicht solltest du mit uns nach Hause kommen, Schatz. Ich mache später was zum Mittagessen.«
    »Es gibt Essen zu Hause. Dad wird was dagelassen haben. Vielen Dank, dass ich bleiben durfte, Mrs Phillips.«
    Sie machte große Augen, aber sie sagte nichts weiter.
    Harry stieg aus und schloss die Tür. Er winkte Stuart zu, und Stuart winkte zurück. Und Harry winkte weiter, in der Hoffnung, dass das Auto losfahren würde. Aber es fuhr nicht. Stuarts Mum brauchte ewig. Sie war beunruhigt, hatte einen ihrer Momente, in denen nichts passierte und sie einfach reglos verharrte. Still wurde. Dad sagte, sie sei verrückt, aber Harry fand, dass sie nett war. Sie war einfach nur nett.
    Endlich fuhr das Auto weg. Langsam. Stuart drehte sich in seinem Sitz um, zog eine Grimasse und winkte noch einmal, die Dart-Pistole fest in der Hand. Harry musste husten von dem Staub, er winkte ein letztes Mal. Als sie weg waren, rannte er die Straße hinunter bis zum Pfad, der zu George führte, den Tee hielt er fest umklammert.

H arry kannte sich jetzt aus – er kannte jeden Schritt, jeden Baum, und in seiner Hand schlug der Tee gegen die Dose, ein hohles metallisches Klappern bei jeder Bewegung. Er konnte es nicht erwarten, George den Tee zu geben. Sie würden Tee trinken und Sandwichs essen und dasitzen, und es wäre warm in der Hütte. Jake wäre aufgeregt, dann würde er sich beruhigen und auf Harrys Füßen einschlafen wie immer. Aber wo war Jake? Normalerweise müsste er jetzt zur Begrüßung angerannt kommen. Jake hörte Harry immer, lange bevor er die Hütte erreicht hatte, und die Hütte war bereits in Sichtweite. Aus dem Schornstein stieg kein Rauch. Kein Jake weit und breit.
    Harry rannte trotzdem weiter, bis vor die Tür.
    Sie sprang auf, es war still. Atemlos stand er da, sein Herz schlug, und es war alles so reglos – so still. Es kam ihm vor, als wäre dieser Ort seit langem verlassen, als stünde die Hütte seit Jahren leer. Und es kam ihm vor, als würde sie von nun an für immer so verlassen sein. Als Harry ins dunkle Zimmer hineinsah, dachte er, er würde Jake oder George vielleicht nie wiedersehen.
    Die Metalldose

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