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Jenseits der Untiefen

Jenseits der Untiefen

Titel: Jenseits der Untiefen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Favel Parrett
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sagen sollen.
    All diese Namen, die in das alte Gestein eingraviert waren. Vertraute Namen wie Blackall und Bones, Bradley und Good. Drei Donnellys, einer nach dem anderen. Roberts und Young, Nelson und Taylor. Und mittendrin war Billys Name: Fuller, W. W für William, aber George nannte ihn Billy. So lange war er vermisst worden und nie nach Hause gekommen.
    Harry legte seinen Kopf an die Stuhllehne und dachte, wenn man Miles vermisste, wenn Miles nie wieder nach Hause käme, dann würde sich ihm der Magen umdrehen, und zwar dauerhaft.
    Und er wünschte, Miles wäre jetzt hier.
    Und er wünschte, George würde zurückkommen.
    Dann musste er eingeschlafen sein, denn als er die Augen öffnete, hatte sich das Licht vor dem Fenster verändert. Zuerst dachte er, es wären Wolken und es würde vielleicht anfangen zu regnen, aber als er aufstand und die Tür öffnete, waren es nicht die Wolken, und es war auch kein Sturm. Es war bloß spät geworden.
    Er musste gehen.
    Er blickte sich noch ein letztes Mal im Zimmer um, der Tee auf dem Tisch, das Feuer
vorbereitet, und er wusste, dass George, wenn er nach Hause käme, wüsste, dass Harry hier gewesen war und ihm den Tee gebracht und das Feuer vorbereitet hatte, und er würde sich freuen. Harry schloss die Tür. Er rannte über den Paddock, er rannte zwischen den Bäumen hindurch, und nachdem er sich ein letztes, kurzes Mal umgeschaut hatte, rannte er zur Straße, während dicht hinter ihm der Tag ins Dunkel verschwand.

M iles war müde, als er im Lieferwagen saß. Die Sonne war untergegangen, aber es war noch nicht ganz dunkel, und Dad hatte ausnahmsweise die Heizung an, die Miles seitlich ins Gesicht blies. Er hielt seine Hände vor die Lüftung, um sie zu wärmen.
    Joe hatte recht gehabt. Irgendetwas braute sich zusammen, das hatte Miles auf dem Wasser spüren können. Das hatte er sehen können. Die Dünung kam gleichmäßig herein, der Wind drückte sie voran. Es war eine Grundströmung. Ganz neu und kraftvoll – noch Tage vom Höhepunkt entfernt. Joe hatte Glück, wenn er es noch durch die Meerenge schaffte. Sogar Miles war vom Schaukeln des Bootes mulmig geworden, von der Art, wie das Wasser unter dem Bootsboden herangerollt kam. Und ihm wurde sonst nie übel.
    Es waren kaum Boote rausgefahren, aber Dad kümmerte das nicht. Er verdonnerte sie dazu, den ganzen Tag über draußen zu bleiben.
    Miles hatte Mühe, sich auf die Straße zu konzentrieren. Seine Augen waren so leer, dass sie, obwohl sie offen waren, geschlossen zu sein schienen. Er lehnte seinen Kopf gegen das kühle Fenster, und seine Wange und sein Kinn vibrierten im Summen des Motors, im Rütteln des Autos auf der Straße.
     
    Es war warm im Wagen. Es war gemütlich zwischen all den Taschen und der Kleidung um sie herum, und Miles sah zu Harry. Seine Augen waren schwer, sie fielen ihm beinahe zu, als Mum sich umdrehte.
    »Fertig?«, sagte sie, und Miles konnte sie im Dunkeln lächeln sehen, das Weiß ihres Gesichts. Und er wollte wach bleiben und den Liedern im Radio zuhören, er wollte wach sein, wenn sie über die Berge fuhren, sodass er die Stadt sehen würde, denn Mum sagte, dass die Lichter von Hobart etwas ganz Besonderes seien. Sie sagte, man könne alle Lichter am Kai sehen und die großen Tankschiffe und Boote. Schiffe, die in die Antarktis fuhren, nach Argentinien oder Skandinavien. Schiffe, die so groß waren wie Fabriken.
    Aber die Straße war kurvig, und die Scheinwerfer waren weich, und es war so warm. Und er wollte sagen, weckt mich, wenn wir ankommen, aber er vergaß es. Und etwas zog sich eng um seinen Hals und seine Brust zusammen, und die Taschen fielen um. All die vielen Taschen begruben ihn unter sich.
     
    Eine Hupe dröhnte, und Miles setzte sich auf. Es war Harry, der auf der Straße stand. Zitternd vor Kälte, die Arme ausgebreitet, als könnte er den Lieferwagen so zum Halten bringen. Er war aus dem Gebüsch gekommen, musste direkt von Georges Hütte gekommen sein.
    Miles wollte schreien, aber sein Körper wurde gegen die Tür geworfen, als der Lieferwagen zur Seite schwenkte und über den losen Schotter rutschte. Er spürte, wie die Bremsen griffen, und sein Kopf flog nach vorn, schlug fast auf dem Armaturenbrett auf. Aber sie standen. Der Lieferwagen hatte angehalten, und Steine regneten über die Windschutzscheibe, sie klangen wie Geschosse.
    Miles sah aus dem Fenster, aber er konnte Harry nicht entdecken. Der Staub war zu dicht.
    Dad stieg aus und schlug die Tür zu.
    »Was

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