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Jenseits der Zeit

Jenseits der Zeit

Titel: Jenseits der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Silverberg
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Stunden, die bisher vergangen waren, hatte Thornhill den Wechsel der Sonnen beobachten können – die rote war langsam schwächer geworden, die blaue strahlte intensiver. Ganz offensichtlich war es so, wie La Floquet gesagt hatte – daß es hier keine Nacht gab, daß diese Welt rund um die Uhr hell angestrahlt wurde. Mit der Zeit würde er sich daran gewöhnen, er war anpassungsfähig.
    Neun Lebewesen von genausoviel verschiedenen Welten und Gesellschaften waren in einem Zeitraum von nur vierundzwanzig Stunden in dieses Tal gebracht worden, in dem es keine Dunkelheit gab. Von den neun waren sechs Wesen menschlicher Abstammung, drei waren Fremdlebewesen. Von den sechs waren vier Männer und zwei Frauen.
    Thornhill dachte über seine Gefährten nach. Wie wenig er doch von ihnen wußte. Vellers, der kräftige Mann, kam von der Erde – mehr war Thornhill über ihn nicht bekannt. McKay und die unscheinbare Frau waren ihm unbekannte Größen. Weder der Regulaner noch der Spicaner hatten bisher auch nur ein Wort gesagt – falls sie überhaupt eine terranische Sprache beherrschten. Was Marga betraf, so war sie Astronomin und sehr hübsch, aber mehr wußte er auch von ihr nicht. La Floquet war ein interessanter Typ – ein kleines Kraftbündel, schlau und energiegeladen aber absolut schweigsam, was seine Vergangenheit betraf.
    Hier waren sie nun – neun Wesen ohne Vergangenheit; die Gegenwart war ihnen genauso ein Rätsel wie ihre Zukunft.
    Als Thornhill, La Floquet und das Mädchen die Bergkuppe erreichten, hatte der Aldebaraner sie schon gesehen, und er funkelte ihnen kalt entgegen. Das Gewitter war hinter den Bergen verschwunden, langsam zogen wieder weiße Wolken am Himmel über dem Tal auf.
    Der Aldebaraner war, wie jeder Angehörige seiner Rasse, ein mittelgroßer Mann mit einem freundlichen Äußeren. Seine Haut war grau, er besaß unter dem Kinn und unter den Ohren recht dicke Fettpolster. Seine Augen waren dunkel, und in seinem Mund blitzten leicht gebogene Schneidezähne auf, wenn er lächelte. In seinen Gliedern besaß er zusätzliche Gelenke.
    »Wenigstens bin ich nicht allein«, bemerkte der Fremde in akzentfreiem Standard-Terranisch, als sie sich ihm näherten. »Mir war klar, daß das Leben hier nicht so weitergehen würde wie es bisher verlaufen ist.«
    »Sie irren«, sagte La Floquet. »Das ist eine Illusion, unter der alle Neuankömmlinge leiden. Sie haben hier nicht Ihr ganzes Leben verbracht, müssen Sie wissen.«
    Der Aldebaraner lächelte. »Das überrascht mich. Aber vielleicht möchten Sie mir das erklären.«
    La Floquet erklärte es ihm. In erschreckend kurzer Zeit hatte der Fremde die Natur dieses Tales und seine Stellung darin begriffen. Thornhill beobachtete ihn kalt: die Geschwindigkeit, mit der der Aldebaraner alle Illusionen von sich warf und die Realität akzeptierte, war unangenehm hoch.
    Gemeinsam kehrten sie zu den restlichen Gruppenmitgliedern am Flußufer zurück. Thornhill begann Hunger zu verspüren – er war bereits länger als vier Stunden in diesem Tal. »Wie kommen wir an etwas zu essen?« fragte er.
    »Es fällt dreimal am Tag etwas vom Himmel«, sagte La Floquet. »Mann, verstehen Sie. Der Wächter kümmert sich sehr um uns. Sie kamen hier während unseres nachmittäglichen Mannaregens an, waren aber noch in Ihren Illusionen gefangen, während wir hier unten aßen. Jetzt ist eigentlich bald der dritte Regen fällig.«
    Die rote Sonne war jetzt fast untergegangen und alles schimmerte in einem gespenstischen blauen Dämmerlicht. Thornhill kannte sich mit Sonnen so gut aus, daß ihm klar geworden war, daß die große rote Sonne kurz vor ihrem Kollaps stand; ihre gigantische Masse gab in Relation dazu zu wenig Licht ab. Die blaue Sonne strahlte intensiv, aber da sie weiter entfernt war, war man vor Strahlenschäden geschützt. Wie diese beiden Himmelskörper sich zusammengefunden hatten, konnte man nur mutmaßen – vermutlich waren sie sich vor Äonen begegnet.
    Langsam senkten sich weiße Flocken herab. Kaum hatten sie es bemerkt, streckte der klobige Spicaner seinen Körper in die Höhe, sah Thornhill zu, wie der Regulaner eilig auf die herabschwebenden Flocken zulief. McKay regte sich plötzlich, Vellers, der größte unter ihnen, stand langsam auf. Nur Thornhill und der Aldebaraner schauten zweifelnd drein.
    »Essenszeit«, verkündete La Floquet freudig. Er unterstrich seine Feststellung mit einer schnellen Armbewegung, mit der er sich eine dieser seltsamen Flocken aus der

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