Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
nun direkt vor ihm, nah genug, um ohne große Anstrengung mit einem Biss die niederen Teile seiner Anatomie zu erreichen. Er knurrte leise, und Thorolf hätte am liebsten seine hervorstehenderen Körperteile in sich zurückgezogen, am besten hinter eine Ritterrüstung.
„Tut mir leid, mein Herr“, keuchte der Mann, der wie ein Hausmeister angezogen war. „Da war eine Katze. Widerliche Viecher, Katzen. Stehlen einem das Essen aus der Speisekammer und ...“ Er hielt inne, als er unter Thorolfs Jacke eine Bewegung wahrnahm.
„Oh, Sie haben sie gefangen?“, fragte er. „Sie können sie mir geben. Ich werde sie ertränken.“
Thorolf starrte ihn an.
„Lassen Sie die Katze in Ruhe, guter Mann. Verfügen Sie sich gefälligst mit Ihrem Köter dahin, wo Sie hingehören!“
Der schwitzende, rotgesichtige Kerl sah ihn bestürzt an.
„Sie wollen das Biest behalten?“, fragte er. „Das ist eine Katze! Die Stadt ist voll davon!“
„Katzen sind sehr nützlich. Sie fangen Mäuse“, argumentierte Thorolf, der sich ein wenig dumm vorkam, den Verteidiger des kleinen Fellbündels zu mimen, das sich an seiner Brust versteckte. Jura hatte er studiert, und nun vertrat er eine Katze gegen eine Anklage, die die Todesstrafe zur Folge hatte. Er fragte sich, was ihr Verbrechen gewesen sein mochte. Katze in unglücklichen Umständen zu sein? Oder Katze in einer Speisekammer zu sein?
Der Mann zuckte die Achseln und schnaubte verächtlich.
„Wie Sie meinen“, sagte er. „Behalten Sie sie, wenn Sie unbedingt wollen. Geht mich nichts an. Wahrscheinlich haben Sie das Haus voller Ratten und Mäuse, und wenn ich mir das Vieh so anschaue, wird das auch so bleiben, und eine leere Speisekammer haben Sie bald obendrein!“
Thorolf grinste.
„Das Risiko nehme ich auf mich.“
„Komm, Beißer!“, befahl der Mann, und Köter und Kerl verschwanden im Hof.
Als sie fort waren, zog Thorolf das Fellknäuel unter seiner Jacke hervor.
„So“, sagte er und hielt es mit beiden Händen so, dass die Beinchen nach unten baumelten. „Du räumst also Speisekammern leer? Böse Katze! Mäuse sind dir wohl nicht gut genug?“ Die Katze beobachtete ihn aus riesengroßen Augen, die eher hell bräunlich als grün waren. Ungewöhnlich. „Die Gefahr ist vorbei. Du kannst jetzt deiner Wege ziehen, und ich auch.“
Er setzte das Tier auf dem Boden ab, und es blickte ihn erbarmungswürdig an. Einen Augenblick später versuchte es, an seinen Beinen hochzuklettern, wobei es ihm die Krallen durch die Hosenbeine ins Fleisch hakte.
„Au! Verdammt!“
Eine vorübergehende Dame mittleren Alters starrte ihn an. Er antwortete mit einem reumütigen Lächeln, murmelte eine Entschuldigung und versuchte, den Taschentiger von sich fortzuziehen. Das kleine Wesen wehrte sich, und irgendetwas riss. Wieder hielt er das Tier in beiden Händen und stellte fest, wie verwundbar es sich unter all dem dichten, weichen Fell anfühlte. Eine noch ganz junge Katze, kaum mehr als ein Kätzchen.
„Du bist eine Plage!“, schalt er. „Ich mache mich gerade vollständig zum Idioten, stehe hier mitten auf der belebtesten Straße Münchens und unterhalte mich mit einer Mieze. Ich hätte dich dem Hund überlassen sollen!“
„Miau!“
Das klang fast entrüstet. Die blassen goldbraunen Augen starrten ihn unverwandt an. Eine Pfote streckte sich ihm entgegen und berührte sanft seine Brust.
„Schon gut. Du kannst mitkommen. Aber nur, solange du dich anständig benimmst. Ich habe allerdings keine Ahnung, was unser Hauswirt dazu sagen wird. Wenn er dich nicht im Haus haben will, bist du draußen. Dasselbe trifft auf McMullen zu. Also schön brav sein. Vielleicht kannst du dich ja wirklich nützlich machen, und ein paar Mäuse fangen.“
Die Bewegung der Katze schien Ekel auszudrücken.
„Du willst mich also doch lieber verlassen?“, fragte er.
Der seelenvolle Blick ging ihm direkt ins Herz. Wunderbar. Er hatte eine Katze gerettet. Bei dem Mädchen, auf das es ankam, hatte er versagt. Aber eine gottverdammte Katze hatte er gerettet. Wahrlich ein Held. Ein verdammter Ajax. Ein großer, nutzloser Bastard-Ritter.
Er öffnete seine Tasche und setzte die Katze vorsichtig hinein.
„Du bleibst ganz ruhig da drin, oder du fliegst raus! Hast du verstanden? Und mach ja nicht in die Tasche! Wenn ich seltsame Gerüche feststelle, verspreche ich dir, dass ich dich höchstpersönlich in der Isar versenke. Du wärst weder der erste, noch der letzte Mäusetiger, der alle neun Leben
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