Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
Vom Netzwerk:
ihren Bedeutungen, selbst in Artefakten und Gegenständen – obgleich letztere gemeinhin ungeheuer überschätzt wurden – doch die Hauptaspekte beim Umgang mit dem Übernatürlichen waren Fokus und Wille.
    Urqhart sah in die harten, dunklen Augen seines Logenbruders. Valerios blickte ernst zurück, verschränkte die Hände hinter dem Rücken.
    „Natürlich ist dieses ‚Nicht-ganz-er-selbst-sein ‘ ein Teil seiner Art“, sagte er. „Jene Kreatur hat in seinem Gemüt immerhin Änderungen gewirkt, von denen wir gar nichts wissen können. Er wird wohl noch einige Male für die eine oder andere Überraschung gut sein. Positiv oder negativ. Wir wussten das, als wir ihn aufgenommen haben.“ Der spanische Meister klang ein wenig missfällig, jedoch keinesfalls schnippisch.
    „Mir ist klar, dass es dir lieber gewesen wäre, ihn aus dem Weg zu schaffen.“ Das klang sachlich, nicht wie ein Vorwurf. Bruder Valerios lächelte kurz.
    „Lieber wäre es mir nicht gewesen. ‚Lieber ‘ kann einem die Entscheidung, einen talentierten jungen Mann zu eliminieren, nicht sein. Doch ihn wieder in ein normales Leben zurückzuschicken war unter den gegebenen Umständen keine Option. Ohne unsere Ausbildung hätte er den Verstand verloren, da bin ich mir sicher. Also lautete die Wahl immer nur, es zu wagen und ihn auszubilden oder ihn von der Qual seines veränderten Lebens zu erlösen, bevor er für sich oder andere zur Gefahr geworden wäre. Es ist auch noch nicht gesagt, dass unsere Ausbildung ihn retten wird. Gefährlich mag er immer noch sein. Es ist sogar möglich, dass wir ihn dadurch, dass wir ihm Fokus geben, noch gefährlicher machen. Wir wissen schlichtweg nicht genug über die Ziele der Sí, als dass wir eine sichere Einschätzung darüber abgeben können, was einer, der für eine Weile feyonbeseelt war, langfristig wollen oder tun wird. Dieser Meinung war ich schon bei der Aufnahmeprüfung, und dieser Meinung bin ich noch heute. Deine Freundschaft zu McMullen senior hat dich in deinem Urteil beeinträchtigt. Also fiel mir automatisch die Rolle des Advocatus Diaboli zu.“
    „Doch tatsächlich denkst du, ich sei der Advocatus Diaboli und du der Vertreter der Vernunft. Es hängt nur von der jeweiligen Definition des Diabolus ab und davon, an welcher Stelle wir teuflische Hinterlist vermuten.“
    Auf den Zügen des Großmeisters lag ein Lächeln. Einen Moment lang wirkte er wie ein wohlwollender, liebender Vater. Dann wurde sein Blick hart und ein wenig sarkastisch. Bruder Valerios’ linker Mundwinkel hob sich zu einem Grinsen.
    „Er mag in der Tat ein großer Glücksgriff für Aroria sein. Genauso gut mag er ein Risiko darstellen. Auf jeden Fall müssen wir ihn genau im Auge behalten. Du warst dafür, ihn aufzunehmen und auszuprobieren. Das Gremium ist dir darin gefolgt. Ich hingegen würde meiner Pflicht nicht nachkommen, wenn ich seine Gefährlichkeit nicht zumindest erwähnen würde. Doch jetzt ist er unser Bruder. Damit steht ihm unsere Hilfe und Unterstützung zu, selbst wenn es Dinge in seinem Leben gibt, die er lieber vor uns geheim halten möchte. Privatsphäre ist ein sehr rarer Luxus für einen Akolythen, und für Mr. Ian McMullen ist sie undenkbar.“
    „Da hast du recht. Ich hatte kurz überlegt, ihn dazu zu zwingen, dass er vollkommen ehrlich mit mir ist, doch etwas in seinem Gebaren hat mich überzeugt, dass ich ihm eventuell mehr geschadet als genützt hätte. Es mag für uns nicht gefährlich sein, doch der Grad seiner Verstörtheit lässt mich zumindest annehmen, dass es für ihn selbst auch gefährlich ist. Auf der anderen Seite mag er sich auch nur verliebt haben und kämpft gegen die natürlichen Reaktionen seines jungen Körpers. Denkbar ist das. Wie viele Akolythen verlieben sich irgendwann? Oder Adepten? Selbst Meister ...“
    „Es war ihm peinlich, dabei erwischt zu werden, wie er Information zu weiblichen Geschlechtssteilen nachlas. Sein Bewusstsein war voller Schuld.“
    Der Großmeister nickte mitfühlend.
    „Schuldbewusstsein in einer solchen Situation kann vieles bedeuten. Vielleicht sollten wir unsere Akolythen einen unverkrampfteren Umgang mit der Fleischlichkeit lehren. Sachen unter den Teppich zu kehren empfiehlt sich nie. Aroria war nie prüde. Prüderie ist für Leute, die es sich leisten können, sich mit weniger als der Wahrheit zufrieden zu geben. Meister des Arkanen zu sein bedeutet, sich mit Fakten zu befassen. Nackten Fakten, wenn’s sein muss.“
    Meister Valerios’

Weitere Kostenlose Bücher