Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
hintereinander in einem gottverdammten Fluss aushaucht.“
Irgendwie sah sie aus, als würde sie ihn verstehen. Sie rollte sich eng in der Tasche zusammen, warf ihm einen weiteren bittenden und vertrauensseligen Blick zu und wehrte sich auch nicht, als er die Tasche schloss.
Er stieg auf und fuhr los. Was für eine blöde Entscheidung. Er hatte überhaupt keine Zeit, sich um ein Haustier zu kümmern, und junge Herren hielten sich keine Katzen. Alte Damen taten das.
Vielleicht würde er das Tier seiner Mutter aufschwatzen. Nur würde er dann mit ihr reden müssen, und er hatte nicht die Absicht, das zu tun. Keinesfalls. Sie hatte ihn zum Bastard gemacht. Sie hatte mit einem blutsaugenden Ungeheuer gebuhlt. Sein Leben lang hatte sie ihn belogen, und sie hatte zudem noch die Dreistigkeit besessen, seinen „unmoralischen Lebenswandel“ zu kritisieren.
Es gab nichts mehr zu sagen, außer dass er alles wusste und sie nicht mehr sehen wollte. Er trat kräftig in die Pedale, setzte seinen Ärger in Geschwindigkeit um. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren schlichtweg furchtbar gewesen. Es war viel geschehen. Viel zu viel.
Nun hatte er sich auch noch ein Kätzchen aufgehalst. Dabei gab es in seiner Wohnung überhaupt keine Mäuse. Also konnte es auch nicht nützlich sein. Er konnte nur in Schwierigkeiten mit dem Hauswart oder mit McMullen kommen. Warum hatte er nicht zugelassen, dass der Mann es ertränkte? Warum tat er es nicht noch selbst? Es konnte verdammt noch mal nicht schwierig sein, eine kleine Katze zu ertränken. Jeder konnte das, ein erblich belastetes Halbmonster schon gar. Also. Nicht schwierig. Kein Problem. Einfach unter Wasser halten, bis das Tier aufhörte zu zappeln und zu atmen.
Er überlegte sich, dass er auf dem Heimweg noch kurz beim Milchmann anhalten würde. Das Tierchen war vermutlich hungrig, und Kätzchen mochten doch Milch, oder nicht?
Kapitel 29
„Er hat sich regelrecht gewunden. Irgendwas stimmt nicht mit ihm. Ich dachte, er wäre vielleicht zum ersten Mal verliebt, doch vermutlich habe ich mich getäuscht. Je länger ich darüber nachdenke, desto sicherer werde ich mir, dass ich mich getäuscht habe.“
Der Großmeister lehnte sich in seinem Lehnstuhl zurück, eine der wenigen Konzessionen an das Bedürfnis nach Behaglichkeit, die er sich zugestand. Sein Büro war freundlich, aber geschäftsorientiert und nüchtern eingerichtet. Die seltenen Besucher, die nicht zur Loge gehörten, waren gemeinhin enttäuscht, erwarteten sie doch alle Arten von Artefakten und magischen Gegenständen, Alchemieanordnungen oder Zauberstäbe.
Ein einziges Bild schmückte die weißen Wände, das Porträt einer ältlichen Dame mit einem gar strengen Gesichtsausdruck und einer steifen Spitzenhaube. Ihre Hände waren wie im Gebet verschränkt, doch ausgesprochen fromm wirkte sie nicht. Nach allgemeinem Dafürhalten handelte es sich bei der Dame vermutlich um die Mutter des Großmeisters. Widersprochen hatte er dieser Deutung nie.
„Du meinst, er steht unter einem Bann?“ Valerios schenkte seinem Großmeister einen interessierten Blick.
„Hältst du das für weit hergeholt?“
„Durchaus nicht. Ich habe seine Panik deutlich gespürt. Recht heftige Panik. Alle Primaner fürchten sich ein wenig vor mir.“ Es gelang ihm nicht besonders gut, sich ein selbstzufriedenes Lächeln zu versagen. „Doch er war schon mehr als nur nervös. Müde, hat er gesagt, sei er. Einfach nur müde.“
„Das mag sein. Aber müde oder nicht müde, er war heute nicht ganz er selbst.“
Urqhart legte entschlossen den Bleistift nieder, nach dem seine Hände gegriffen hatten, um damit zu spielen. Meister des Arkanen hatten ohne nervöse Angewohnheiten auszukommen, und sie waren auch jenseits der Bewusstseinsstufe, in der man welche Aktion auch immer unbewusst ausführte. Bewusstwerdung, Erkenntnis, Wahrnehmung, Wachsamkeit, Aufmerksamkeit – all das waren die Grundziele, die man als Meister des Arkanen erreicht haben musste. Sie waren die Voraussetzung dafür, absolut zielgerichtet zu handeln. Dieser Fokus war es, den die Logen letztlich zusammen mit Geschichte, Sprachen, Philosophie, Archäologie, vergleichenden Religionswissenschaften und überliefertem Wissen unterrichteten. Ein Philologe, der sich an irgendeiner Universität mit alten Sprachen befasste, mochte die gleichen Manuskripte studieren und würde deren Inhalte doch nicht für mehr verwenden können, als für einen gelehrten Aufsatz. Macht lebte in Worten und
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