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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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würde mich vermutlich umbringen, wenn ich ihm seine Katze zerquetsche.“
    Es klopfte. Vielleicht kam ja Thorolf zurück? Oh, bitte! Wenn er jetzt kam, konnte er seinen Freund verarzten und – was noch wichtiger war – dafür sorgen, dass sie nicht zergequetscht wurde.
    Immer noch blutend änderte Ian sein Ziel, ging in den Flur und öffnete die Tür.
    Schwärzeste Finsternis schlug ihr entgegen wie eine Sintflut, und sie schrie vor Panik. Das Wesen hatte sie wiedergefunden, und jetzt würde es sie fressen, und den jungen Mann auch. Sie konnte nichts dagegen tun. Sie konnte nicht fliehen. Alle Fenster waren geschlossen, und Katzen konnten keine Fenster öffnen.
    Eine Sekunde später war sie unter Thorolfs Bett, versteckte sich dort im hintersten Winkel. Vielleicht würde das Monster sie ja nicht finden. Oder es passte nicht unters Bett. Vielleicht würde es sich damit begnügen, Ian zu fressen.
    Oh Gott! Sie konnte ihn doch nicht seinem Schicksal überlassen! Den Mann, der sein Essen mit ihr geteilt hatte?
    Sie kroch noch weiter in die Ecke und spürte, wie sich Dunkelheit über ihr Territorium ergoss. Sie kam näher. Es gab kein Entrinnen, und Thorolf war diesmal nicht da, ihr zu helfen.

Kapitel 35
    Asko von Orven begrüßte Thorolf Treynstern mit einem Lächeln, das er durch den Schmerz presste, der wie immer in seinen Knochen schwelte. Er hatte sich mühsam beigebracht, wieder zu lächeln, doch sein Lächeln hatte sich verändert, so wie alles andere in seinem Leben auch.
    Der junge Mann verbeugte sich und grinste, als der Blick des ehemaligen Offiziers auf seine Krawatte fiel. Seltsam, dachte Asko. Die Mischung von formeller Abendgarderobe und einem in jeder Beziehung unpassenden Accessoire gab dem jungen Mann ein sehr eigenwilliges Ambiente. Der „Salon“ war nicht so formell, dass auf Feinheiten allzu großer Wert gelegt wurde. Manche der Künstler trugen Trachtenjanker, die in letzter Zeit in Mode gekommen waren, ganz besonders unter den Landschaftern, die in die bäuerlichen Gegenden reisten, um zu malen. Diese Herren versuchten dort unter dem Landvolk nicht allzu sehr hervorzustechen. Graue Jägerjoppen mit Hirschhornknöpfen und angedeuteten Charivariketten an den Westen waren somit zur gängigen Mode unter diesen Künstlern geworden. Wenige von ihnen gingen allerdings so weit, auch noch Lederhosen dazu zu tragen. Stattdessen trugen sie graue Hosen, die zu den Joppen passten.
    Doch Abendgarderobe mit einem kardinalsroten Halstuch war schon außergewöhnlich.
    „So treffen wir uns wieder, Herr Treynstern“, sagte Asko, der im gleichen Sessel lehnte, den er auch das letzte Mal belegt hatte. Lucilla führte ihn immer dort hin, langsam und höflich, und machte die ganze lange Strecke unablässig Konversation, um so den Eindruck zu erzeugen, dass ihr langsames Vorankommen nicht etwa an seinem Gebrechen lag, sondern an der angeregten Unterhaltung. Sie war eine wunderbare Frau.
    Seine Augen suchten sie, fanden ihr ebenmäßiges, klassisches Antlitz und fielen dann zurück auf den jungen Treynstern. Der junge Mann hatte sich zu ihm gesellt; er wirkte ein wenig bedrückter als das letzte Mal. Die Brillanz seines Lächelns wirkte ein wenig scharf. Es war schon ungewöhnlich, wie sehr Asko es gelernt hatte, den Gesichtsausdruck anderer Menschen zu deuten. Sein Leiden hatte seine Wahrnehmung fein geschliffen. Er fragte sich, warum das wohl so war.
    Charly hatte ihn eigens gebeten, eine Einladung zum Abendessen auszusprechen. Warum auch nicht einen jungen Künstler einladen? Askos Freunde aus der Offizierszeit waren langsam aus seinem Leben verschwunden. Nur Udolf von Görenczy besuchte ihn regelmäßig, erzählte ihm über das Leben im Corps und bot ihm an, ihn zu nicht näher definierten Vergnügungen mitzunehmen. Von Görenczys Vergnügungen kreisten gemeinhin um Zechgelage und käufliche Mädchen, und Asko wäre keinesfalls mitgegangen, selbst wenn er noch Mann genug gewesen wäre, um sich auf diese Weise zu erfreuen. Doch das war er nicht, und er war ebenso erstaunt wie dankbar, dass sein Freund das nicht argwöhnte. Seinem ehemaligen Kampfgefährten gegenüber sein Defizit zuzugeben, wäre ihm unmöglich gewesen. Er konnte es ja kaum sich selbst gegenüber zugeben und mochte das Wrack nicht, zu dem er geworden war.
    Kameraden und echte Freunde hatten sich nach Askos Beinahe-Ableben und Invalidität auseinanderdividiert. Niemand sprach gern über Königgrätz oder auch all die anderen Schlachten und

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