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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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sagte er. „Morgen besorge ich Schlachtabfälle. Es würde ein wenig zu teuer, dich weiter mit Metzger Schwainbergers exzellenten Würsten zu versorgen. Aber vermutlich machen dir Schlachtabfälle gar nichts aus. Ich denke, du hast es trotzdem noch nie so gut gehabt wie jetzt.“
    Er fuhr ihr mit den Fingern durchs Fell, und sie streckte ihm ihren beweglichen Rücken entgegen. Er mochte sie. Das war eine ausgezeichnete Grundlage dafür, weiterhin an seiner Wurst zu partizipieren und sich nicht mit Schlachtabfällen begnügen zu müssen. An dieser Freundschaft würde sie arbeiten müssen. Natürlich nicht zu sehr. Ihre Würde musste sie wahren. Respekt war notwendig. Ebenso notwendig wie Metzger Schwainbergers exzellente Räucherwurst.
    Als sie ihr Mahl beendet hatte, setzte sie sich wieder neben ihn. Er war ein ruhiger Mensch, saß still da, las, streichelte sie automatisch mit der linken Hand. Zufriedene Gelassenheit kam über sie und beruhigte sie. Sie hatte ein Zuhause. Jemand streichelte sie. Was sonst konnte man vom Leben schon erwarten, außer vielleicht einem gelegentlichen Spaziergang über die Dächer?
    Sie erschauerte bei der Erkenntnis ihrer Gemütsruhe. Sie würde nie mehr ein Mädchen werden, wenn sie vergaß, sich das von ganzem Herzen zu wünschen. Es gab genug Gründe, ein Mädchen sein zu wollen. Es gab weitaus weniger Gründe, eine Katze bleiben zu wollen. Ein Hauptgrund war, dass sie den Küchenschrank nicht allein öffnen konnte. Vielleicht nach etwas Übung? Sie würde auch nie mehr ein schönes Kleid tragen und Komplimente dafür einheimsen können, wie hübsch sie darin aussah.
    Niemand würde ihr mehr die Hand küssen, so dass ihr Feuer innerlich durch Körper und Seele schlug. Sie würde nicht heiraten, keinen Gatten haben, kein Heim und keine Kinder. In die Oper würde sie auch keiner mitnehmen. Sie würde nie Richard Wagner kennenlernen oder seinem Klavierspiel lauschen. Niemand würde ihr mehr die Mondscheinsonate spielen und dabei lächeln, als tröffe das Mondlicht von seinen Lippen.
    Plötzlich war ihr nach Weinen zumute, und sie schmiegte sich dichter an ihren menschlichen Gefährten. Er war warm und lebendig, ein Hort der Sicherheit, wenn auch vielleicht ein wenig langweilig. Aber er war ein Freund. Sie war nicht allein. Tatsächlich war sie weniger einsam. als sie es als Mädchen gewesen war. Zwei junge Herren hatten sie eingeladen, bei ihnen zu wohnen. Vielleicht würden sie es ja alle zusammen nett und gemütlich haben?
    Sie streckte und rollte sich neben ihrem neuen Gefährten und zog ihre Muskeln und Gelenke genüsslich auseinander.
    Einen Augenblick später schrie der junge Mann auf, und sie merkte, dass sie ihm tiefe Kratzer beigebracht hatte. Er hatte versucht, ihr den Bauch zu kraulen, und sie wollte das nicht. Es war viel zu persönlich. Es gehörte sich nicht, und sie mochte es auch nicht. Natürlich hätte sie sich ihm nie so darbieten sollen, doch er hätte es wirklich besser wissen müssen, als sie zu berühren, wenn sie gerade so ungeschützt einem Angriff ausgeliefert war. Dass sie sich überhaupt auf den Rücken gelegt hatte, war ein Zeichen, dass sie ihm vertraute – und er hatte es dazu genutzt, sie zu berühren.
    Blut troff von seiner Hand, und er sah sie ärgerlich an. Du lieber Himmel.
    Sie sprang erschrocken vom Sofa. Sie hatte ihm nicht wehtun wollen. Es war ein Reflex gewesen. Ein Katzenreflex. Sie musste wirklich darauf achten, ihren menschlichen Geist nicht so zu vernachlässigen. Es war keine gute Idee, seine Freunde zu verletzen, schon gar nicht die, die den Küchenschrank öffnen konnten.
    Sie sah ihn schuldbewusst an, rieb sich an seinen Beinen und versuchte so, seine Vergebung zu erlangen. Sie miaute kläglich, um ihn verstehen zu machen, wie leid es ihr tat – auch wenn er selbst schuld an dem Debakel war.
    „Ich hätte merken müssen, dass du prüde bist“, sagte er, und sie stellte fest, dass sie ihn tiefer verletzte hatte, als sie es für möglich gehalten hatte. Ihre Krallen waren klein, aber ziemlich scharf.
    Er hielt seine blutende Hand hoch und wandte sich der Tür zu, die in sein Schlafzimmer führte. Sie folgte ihm, versuchte, ihn von ihren guten Absichten zu überzeugen, indem sie so nah wie möglich bei seinen Füßen blieb.
    Beinahe fiel er über sie.
    „Du bist eine richtige Nervensäge“, schalt er, klang aber nicht wütend. Zumindest nicht übermäßig wütend. „Geh mir aus den Füßen, sonst trete ich noch auf dich. Thorolf

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