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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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hatte er studieren wollen, in St. Andrews. Mit anderen Studenten hätte er gefeiert und Streiche ausgeheckt. Spaß gehabt hätte er und sich das eine oder andere Mal betrunken. Von seinem Vater hätte er sich dafür schelten lassen. Vielleicht hätte er sogar die Art Haus besucht, in der junge Männer lernten, ihr Vergnügen mit Frauen zu finden. Natürlich hätte er die Edinburgher Saison mitgemacht und mit anständigen und hübschen Mädchen getanzt. Er hätte sich mit ihnen neben dem Ballsaal getroffen und heimlich einen scheuen Kuss ausgetauscht. Schließlich hätte er eine der achtbaren jungen Damen geehelicht und dann ein ganz normales Leben geführt, seine Gattin geliebt, Kinder gezeugt, seine Stellung in der Gesellschaft eingenommen.
    Nichts davon würde je geschehen.
    Er begann, sich den Kragen aufzuknöpfen. Seine Hände bebten. Er starrte die gegenüberliegende Wand an, ohne sie zu sehen. Das Leben hatte sich geändert, und er hatte sich geändert, und nichts würde mehr so sein, wie es war.
    „Sie haben einmal gesagt, ich wäre intelligent. Ich denke, Sie müssen sich getäuscht habe, Graf Arpad“, sagte er und stellte fest, dass seine Stimme ein wenig zitterte. Er verabscheute sich dafür.
    „Nenn mich Arpad!“ In der Stimme schwang kein Spott.
    Einen Augenblick später fand er sich auf dem Sofa liegend wieder. Der dunkle Mann beugte sich über ihn. Sein Mund hatte sich verändert. Seine ebenmäßigen Zähne waren nicht mehr klein und unauffällig. Lange, spitze Fänge traten aus einem Lächeln hervor.
    „Was tue ich da nur?“, murmelte Ian, während geübte Hände den Kragen aufzogen und ihm das Hemd öffneten.
    Er fühlte den Zauber, der über seinen Sinn glitt, und erkannte, dass er nur Schutz vor Schmerz bewirkte. Zähne strichen ihm voller Vorfreude über den Hals, ohne ihn zu verletzen. Seidenhaar fiel ihm übers Gesicht.
    „Du musst mir vertrauen, Ian. Entspann dich!“, sagte eine dunkle Stimme direkt neben seinem Ohr.
    Er erschauerte bei der Berührung sanfter, unnachgiebiger Hände auf seiner Haut.
    Ein Moment des Schmerzes ließ ihn aufseufzen, als die Zähne sich in sein Blut bohrten. Er spürte, wie sein Herz laut schlug, hatte Angst, fühlte jedoch auch die unbändige Lust zu geben. Er schlang seine Arme um den Mann, hielt sich krampfhaft fest wie ein Ertrinkender. Furcht überkam ihn, und er war sich keineswegs sicher, ob er nicht schon wieder über den Rand des Abgrunds trat und nach unten fiel, um sich dort erneut alle Knochen zu brechen und im Dunkel zu erlöschen. Doch er hatte sich der überlegenen Macht des anderen ergeben – ohne sich zu wehren, ohne auch nur so zu tun. Das war schwach gewesen – seine Schwäche ergab sich aus einem Sehnen, zu irgendwem zu gehören. Aus anderem Sehnen vielleicht auch. Vielleicht würde er diese Nacht nicht überleben. Oder vielleicht würde er immerhin diese Nacht leben. Vielleicht war es auch einerlei. Schließlich tat er nicht viel mehr, als einen Freund zum Essen einzuladen.

Kapitel 37
    Catty verließ die Sicherheit ihres Verstecks lange nicht. Es war nicht die Spinne gewesen, die sie holen wollte. Doch die Ausstrahlung des Besuchers war sehr ähnlich und zutiefst beängstigend. Dunkelheit umgab ihn wie ein Heiligenschein. Es war keine erstickende Dunkelheit, ihr haftete kein Entsetzen an. Sie war eher wie ein Schleier aus Nacht, den man über einer stilvollen Abendgarderobe trug.
    Er war ein Blender und Betrüger.
    Er war kein Mensch, auch wenn er wie einer sprach und vielleicht so aussah. Gesehen hatte sie ihn nicht.
    Er mochte kein Katzenblut, hatte er gesagt, und dass sie zu stolz sein sollte, um ihre Angst zu zeigen. So viel hatte sie verstanden. Doch die Angst war da, biss ihr ins Gemüt, raubte ihr die Ruhe – wenn man in ihrer Situation überhaupt von Ruhe sprechen konnte. Nach letzter Nacht war ihr nicht viel Ruhe geblieben. Als er näher gekommen war, hatte sie heftig zu beben angefangen und verstanden, dass ihr Innerstes, ihre Seele selbst zitterte. Ihr Fell stand ihr zu Berge, und jeder Körperteil war so von Grauen überwältigt, dass sie Angst hatte, darin zu versinken.
    Ganz langsam wurde es besser. Aber kaum war ihre akute Panik abgeklungen, da fand sie mit einem Mal Wissen in ihrem Gedächtnis vor, das vorher nicht da gewesen war. Altes Wissen, weitergegeben von Katze zu Katze, von einer Generation zur nächsten, Tausende Generationen alt. Es machte die Sache nicht besser. Lieber hätte sie nichts gewusst. Sie war

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