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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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helfen und nett sein. Anders war er nie gewesen.
    „Gehen Sie auf meine Stimme zu!“ Die Stimme war voller Wärme und süßer Erwartung. Die Verlockung war überwältigend, zog an ihr wie ein Halsband mit Leine.
    Er wusste nicht, dass sie eine Katze war und den Kelch mit seinem Wein nicht würde halten können. Er war nicht für sie bestimmt.
    Dennoch hielt die Einladung sie gefangen, als wäre sie eine Marionette an Fäden, die an ihrem Herzen befestigt waren. Leicht. Es wäre so leicht. Es bot Entkommen. Lösung. Sicherheit.
    Sie krallte ihre Tatzen stur in den Boden. So wie sie jetzt war, sollte er sie nicht zu sehen bekommen, pelzig, mit Schnurrhaaren und einem roten Schwanz und weißen Pfoten.
    „Nein!“, erwiderte sie, klang fast ein wenig weinerlich dabei, doch nicht minder entschlossen. „Ich weiß nicht, wo Sie sind. Ich kann nichts sehen.“
    „Angst vor Spinnen?“, fragte er halb amüsiert, halb ungeduldig. „Spinnen sind nur dann gefährlich, wenn man ihnen erlaubt, dass sie einen mit Angst und Schrecken regieren.“
    „Es war eine ausnehmend große Spinne, und sie hätte mich gefressen. Ich dachte, sie hätte Sie gefressen.“ Doch er sprach mit ihr, somit konnte er nicht gut gefressen worden sein, oder? „Ich habe um Sie getrauert.“
    Sie hatte ihn nicht verloren. Er gehörte noch zu ihr – oder sie zu ihm? Er wartete auf sie, in einer Kutsche um die Ecke im Nebel.
    „Meine Süße, ich lebe, und es geht mir gut.“ Die Stimme klang freundlich – und viel näher als vorher. „Ich will Ihnen doch nur helfen, und keine Spinne hat mich auch nur angeknabbert, meine Schöne. Klinge ich denn, als wäre ich irgendjemandes Abendessen?“ Er schmeichelte ihr. Unter anderen Umständen wäre sie rot angelaufen. Stattdessen vibrierten ihre Schnurrhaare warnend.
    „Nein. Allerdings habe ich noch nie mit irgendjemandes Abendessen gesprochen. Ich kann Sie nicht sehen. Ich kann hier gar nichts sehen, und ich möchte auch am liebsten gar nicht hier sein. Es gefällt mir hier nicht. Ich weiß nicht, wo ich bin, und ich will nach Hause.“
    Katzen wussten immer, wo sie waren. Es war mehr als beunruhigend, plötzlich nicht automatisch eine Position dadurch zu definieren, dass man genau dort war.
    „Es hat dir hier aber schon gefallen.“ Seine Stimme klang rau, und er duzte sie plötzlich. „Erinnere dich meiner Berührung, meine Schöne. Das mochtest du doch? Deine Haut hat unter meiner Hand gelodert. Möchtest du das nicht wieder erleben? Vertrau mir nur, ich mache dich glücklich. Du hast noch nicht von meinem Wein gekostet. Ich habe ihn hier für dich.“
    „Aber ich bin doch eine Katze“, hätte sie am liebsten gesagt, doch sie sagte nichts. Er würde ihr ohnehin nicht glauben, und sie wollte auch nicht, dass er es wusste. Es war zu peinlich. So schwieg sie, saß nur da im opaken Grau.
    „Sprich mit mir!“, sagte er, und sie hörte Ungeduld und Ärger in seiner Stimme. „Bitte. Ich kann dich finden, wenn du zu mir sprichst. Du willst doch, dass ich dich finde!“
    Da war sie sich nicht mehr so sicher. Sie hatte den Brief nicht mehr, den sie ihm geschrieben hatte, und es war von ungeheuerer Wichtigkeit, den Brief zu haben. Er erklärte alles. Sie hatte darin die Worte gefunden, die sie zu sprechen sie nicht in der Lage wäre, wenn sie erst einmal in seinem Blick versank. Ohne den Brief würde er sie nicht verstehen.
    Außerdem würde er sie nicht wiedererkennen.
    „Vertrau mir. Du kannst mir vertrauen, wirklich. Ich bin vielleicht nicht besonders moralisch, doch ich will dir helfen. Ich habe die Macht dazu. Du brauchst Hilfe. Du bist in Gefahr und weißt nichts davon. Du magst nicht begreifen, welche Rolle ich in diesem Spiel spiele, aber ich kann dir alles erklären. Lass mich dir helfen. Hab keine Angst vor meiner Leidenschaft. Leidenschaft ist Teil der Liebe. Ich will dich in meinen Armen halten und beschützen. Denn du brauchst Schutz.“
    Ihr tat es in der Seele weh, ihm eine Antwort zu versagen. Dies war nur ein Traum. Das wusste sie mit einem Mal. Es war an der Zeit zu gehen. Denn es war nicht ihr Traum, nicht der Traum von Catty, der Katze. Sie befand sich widerrechtlich im Traumland ihres Alter Ego – vielleicht nicht einmal dort. Als die Erkenntnis der mangelnden Realität sie durchwehte, sprang sie zurück, rollte auf dem weichen, erdigen Boden. Seine Stimme verschwamm zu windigem Flüstern, und schließlich war es still. Graue Nebel lichteten sich, und sie war zurück im Dunkel.
    Sie

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