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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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nicht erpicht auf die sensorischen Überkräfte ihrer Katzen-Wahrnehmung, und sie wollte auch nichts wissen, was sie nicht irgendwann gelernt oder erfahren hatte. Die plötzliche Invasion von Erkenntnis brachte sie durcheinander, verwirrte die Gedanken von Catrin, dem Mädchen, während sie gleichzeitig Catty, die Katze, ziemlich beunruhigte.
    Er gehörte zu den anderen. Er war wie die Spinne, die sie verfolgt hatte. Kein Tier, kein Mensch und doch eine Kreatur von Intelligenz und Leidenschaft, elementar in seiner Art, schwer fassbar und gleichzeitig präsenter als jedes menschliche Wesen.
    Allein indem er es betrat, machte er ihr das Revier streitig. Wo immer er war, beherrschte er die Umgebung. Er musste nicht um Vorherrschaft kämpfen, musste seine Ansprüche nicht in die Nacht hinausschreien, sein Revier nicht markieren. Er kam nur einfach und herrschte, schnitt wie eine scharfe Klaue durch die Realität. Alles seins. Was immer er wollte, würde sein werden.
    Er klang wie ein höflicher junger Mann, doch es steckte viel mehr dahinter. Er war so unausweichlich wie der eigene Schatten.
    Aus der Angst wurden Schuld und ein schlechtes Gewissen. Sie hatte Ian mit diesem Mann alleingelassen. Ian wusste vielleicht gar nicht, was das für ein Wesen war. Ihr junger Gastgeber hatte sie gefüttert und gekrault und seine Wurst mir ihr geteilt, und nun war er allein mit der Gefahr auf der anderen Seite der Tür, die er zwischen ihr und dem Grund ihrer Panik geschlossen hatte. Vielleicht wurde er betrogen. Gewiss wurde er angegriffen.
    Sie hätte bei ihm bleiben und ihm zur Seite stehen müssen. Er war ihr Freund, und dies war ihr Revier. Nur – wie hätte sie ihm helfen können? Bestenfalls hätte sie den Besucher anfauchen und kratzen können. Wenn sie ihn je erwischt hätte. Vermutlich nicht. Auch wusste sie – ohne jeden Zweifel – dass er selbst über verborgene Krallen verfügte, die um ein Vielfaches länger und gefährlicher waren als ihre eigenen.
    Sie hörte die Männer reden, konnte jedoch kaum verstehen, was da vor sich ging. Ihr Gehör war fabelhaft. Sie hätte nur aus ihrem Versteck kriechen müssen, um lauschen zu können. Doch das wollte sie nicht, es gelang ihr nicht, ihre Füße in Bewegung zu setzen. Die Dunkelheit ihrer Zuflucht gaukelte ihr vor, sie sei unter dem Bett sicherer als näher am anderen Raum. Zudem gehörte es sich auch nicht zu lauschen, wenn sich andere Menschen unterhielten, schon gar nicht junge Herren. Das war schlechtes Benehmen. Wohlerzogene junge Damen kämen nie auf einen solchen Gedanken.
    Katzen schon.
    Manchmal hörte sie im Klang von Ians Stimme Angst und Verwirrung. Doch er rief nicht um Hilfe, und es schien auch nicht zu einem Kampf zu kommen. Selbst wenn, konnte sie auch nicht viel dagegen tun. Sie hatte viel zu viel Angst, um sich aus dem Versteck zu trauen. Sie wollte gar nicht wissen, was dort draußen vor sich ging.
    Das war freilich nicht ganz richtig. Gewusst hätte sie es schon gern. Sie war immer ein neugieriges Mädchen gewesen, und diese Neugier war in ihrem neuen Leben keinesfalls abgeklungen. Doch sie war sich sicher, dass der Fremde es spüren würde, wenn sie sich näherte, und sie hoffte so sehr, dass er sie vergaß. Oder ihr zumindest nicht mehr Beachtung schenkte als er das bislang getan hatte. Denn wahrgenommen hatte er sie sehr wohl. Allzu neugierige Katzen lebten gefährlich.
    Für Ian mochte er nicht mehr sein als ein höflicher Gast, doch ihr selbst war er Rivale im gleichen Revier. Seine Dominanz über unbedeutendere Kreaturen war Teil seines Wesens.
    Katzen waren keine unbedeutenderen Kreaturen, korrigierte sie sich ärgerlich. Trotzdem konnte sie nicht reagieren.
    Sie trauerte nur der Fähigkeit nach, sich die Finger in die Ohren zu stecken. Pfoten waren nutzlos für so manches. Irgendetwas Seltsames ging vor sich, und sie verstand nicht, was. Vielleicht sollte sie das auch nicht. Zu begreifen, was da geschah, würde sie nicht glücklicher machen, und eine geteilte Wurst war vielleicht doch zu wenig Grundlage dafür, mindestens eines von neun Katzenleben aufs Spiel zu setzen.
    Sie definierte ein winziges Revier um sich herum. Ein Revier, das am Ende ihrer Schnurrhaare aufhörte. Es gehörte ihr. Die Kreatur kam nicht, um diesen klitzekleinen Ort einzufordern, und sie stellte sich eine Mauer um sich herum vor, die ihn fernhielt. Ob er das merkte oder nicht, wusste sie nicht, doch er machte ihr diese Zuflucht nicht streitig. Vielleicht interessierte es

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