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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Katzenblut ist nicht eben eine Delikatesse, musst du wissen, und ich habe nicht vor, Thorolfs neue Freundin zu Tode zu erschrecken. Ich bin froh, dass er Freunde hat. Damit meine ich nicht nur die Katze.“
    Ian spürte, dass es an der Zeit war, sich umzudrehen und zurück zu seinem Besucher zu gehen, doch er fand es schwierig, sich zu bewegen oder auch nur eine Entscheidung zu treffen.
    „Wovor genau hast du Angst, Ian? Dass ich dich angreife und umbringe? Dass deine Meister dich so lange piesacken, bis dein Herz zerspringt? Dass du etwas tun könntest, was du später bereust? Oder hast du Angst, dass – egal was du tust – du nicht lange genug leben wirst, um es zu bereuen? Oder nicht lange bereuen wirst in deinem weiteren Leben?“
    Ian wandte sich dem Feyon zu, der im Türrahmen lehnte, mit einem freundlichen Lächeln auf den ebenmäßigen Zügen. Das schwarze Haar hing ihm über die Ohren und verbarg deren kleine Besonderheit. Seine schlanke Gestalt wirkte elegant in dem stilvollen Abendanzug. Lange, schwarze Wimpern umrahmten seine dunklen Augen. Sein Teint war eher blass denn sonnengebräunt, doch es war nichts Unnatürliches daran.
    Der Schotte ging zu seinem Gast hinüber.
    „Ich habe guten Grund, Angst zu haben, Graf Arpad“, sagte er. „Vor vielen Dingen. Ich habe Angst vor Schmerzen. Als ich vor eineinhalb Jahren in jenem Berg abgestürzt bin, habe ich mir alle Knochen gebrochen. Ich weiß sehr wohl, wie es ist, von Agonie zerrissen zu werden. Der Eindruck hat sich in meine Erinnerung gegraben. Ich weiß auch, wie es ist, sterbend in der Dunkelheit zu liegen. Somit hält die Dunkelheit für mich durchaus Schrecken bereit, und obgleich ich nie so dreist wäre, Sie definieren zu wollen, weiß ich doch, dass das Dunkel Sie umgibt. Es gehört zu Ihnen. Damals bin ich nicht gestorben, und Sie wissen, warum nicht. Doch die Erinnerung an den Tod, der mich berührte, wird mir immer gegenwärtig sein. Sie hat mir die Angst vor dem Tod nicht genommen. Sie glauben, ich hätte sehr viel gewonnen durch mein Abenteuer. Aber haben Sie je drüber nachgedacht, was ich verloren habe? Ich habe einen Teil meiner selbst verloren, einen Teil meiner Jugend. Ich habe meine Eltern verloren, die nicht mehr mit mir sprechen wollen, bis ich wieder so bin wie ich einst war – und das kann ich nie mehr sein. Ich habe alle meine Freunde und Bekannten verloren, denn meine Eltern haben darauf bestanden, dass ich ihren Ruf nicht dadurch schädige, dass ich alte Kontakte aufrechterhalte. Sie wollten nicht, dass bekannt würde, was ich geworden war. Ich habe die Wahlmöglichkeit verloren, was ich mit meinem Leben anfangen will. Mein Onkel war und ist mein einziger Anker. Sie kennen ihn. In meinem neuen Leben ist es auch nicht einfach, anders zu sein. Selbst unter Menschen, die stolz darauf sind, moderner und offener zu sein als andere, selbst unter diesen steche ich hervor. Sie hatten gerade angefangen, mich zu akzeptieren, und nun muss ich sie anlügen oder sterben. Ich habe überhaupt keine Lust zu sterben, Graf Arpad, und ich habe nur wenig Lust zu lügen. Ich bin nicht besonders gut darin. Ich kann nur hoffen, dass sie irgendwann aufhören, mich zu bedrängen. Ich wünschte bei Gott, ich hätte Schottland nie, nie verlassen. Dann wäre nichts von alldem geschehen.“
    Der Vampir lächelte ihn verschmitzt an.
    „‚O Gott, mich dünkt, es wär’ ein glücklich Leben, nichts Höh’res als ein schlichter Hirt zu sein ‘ “, zitierte er, und Ian erkannte das Zitat und antwortete entsprechend.
    „Ach, welch ein Leben wär’s! Wie süß, wie lieblich!“
    Schwarze Augen glitzerten belustigt, und der Feyon gab ein weiteres Zitat zurück.
    „‚Was alles süß und sorglos er genießt,
    weit über eines Fürsten Köstlichkeiten,
    die Speisen blinkend in der goldnen Schale,
    den Leib gelagert auf ein kunstreich Bett,
    wenn Sorge lauert, Argwohn und Verrat. ‘ William war ein ausnehmend guter Dichter und ein leidenschaftlicher Mann.“
    „Sie kannten ihn?“ Trotz seiner Furcht war Ian von dem Gedanken angetan. Fast hatte er vergessen, was sein Gast war, ein Wesen, das schon Jahrhunderte lebte.
    „Ja. Er hat mir mal ein Sonett gewidmet.“
    „Oh.“
    „Hast du schon mal versucht, ein Sonett zu schreiben? Dazu bedarf es einer besonderen Begabung, mein Junge.“
    „Die kann ich nicht bieten.“
    „Du hast dafür andere Talente. Große Talente. Du solltest dich nicht davor fürchten. Vielleicht setzen sie dich ja ein wenig von

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