Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
würden Sie sich wünschen? Einen letzten Kuss? Eine Zeitreise an die Tafelrunde zu König Artus?“
„Wenn Sie mir einen Wunsch gewähren, so würde ich mir wünschen, dass sich Ihre Niedertracht auf mich beschränkt. Verschonen Sie meine … Familie.“
Sie lachte und warf dabei den Kopf zurück. Dann veränderte sie sich ganz plötzlich, wuchs in die Höhe, die Breite, wurde muskulös. Ein Hüne von einem Mann hielt ihn fest und blickte ihn verächtlich an.
„Warum?“, fragte der Kerl in einer tönenden Bassstimme und sah auf Asko herunter. „Glauben Sie nicht, dass Ihre Gattin mich mögen würde? Frauen schätzen mich gemeinhin, müssen Sie wissen. Ich sie auch.“
Kapitel 42
Die Arorianer konnten alle Mahlzeiten im Logenhaus einnehmen, doch niemand zwang sie dazu. Das Essen war exzellent, und der einzige Grund, warum Ian zu Hause frühstückte, war, weil er das Haus nicht mit leerem Magen verlassen wollte. Der Chefkoch der Loge war Franzose. Meister des Arkanen glaubten fest daran, sich die kleinen Freuden und Bequemlichkeiten des Lebens zu gönnen, und, wenn irgend möglich, auch die großen.
Logen waren reich. Sehr reich. Unauffällig reich.
Manches von dem Reichtum lag in der jahrhundertealten Verbindung zu politischer Macht – Hintergrundinformation zahlte sich immer aus. Eine weitere Einnahmequelle waren Meister, die für besondere Aufgaben abgestellt wurden. Es war Logenregel, einen bestimmten Anteil des Honorars für eine wohlgelöste Aufgabe an seine Loge weiterzugeben. Die Loge war letztlich das Zuhause der Meister, ihre Trutzburg und vielen Mitgliedern auch Familienersatz. Tatsächlich fühlten sich die meisten Akolythen, Adepten und Meister ihren Kollegen und Logenbrüdern weitaus mehr verbunden als den Familien, in denen sie aufgewachsen waren. Oft genug ignorierten die Familien eben jene Verwandte, die einen Beruf ergriffen hatten, der verdächtig und verrufen war und von dem niemand etwas wissen wollte.
Ein Herr von Format und guter Ausbildung kam in den meisten Fällen gar nicht erst auf den Gedanken, eine Karriere in einem Bereich anzustreben, den die Denker der Moderne bestenfalls als Zirkuszauberei und schlimmstenfalls als kriminellen Betrug ansahen. Jene allzu machthungrigen Individuen außerdem, die diese Disziplin wählten, um andere mit ihrem Wissen zu beherrschen, wurden zumeist schon in der ersten Auswahlrunde ausgesiebt. Logen waren nicht darauf aus, sich magiebegabte, kleine Napoleons heranzubilden, die der Obrigkeit einen Grund geben würden, das Treiben einer Loge genauer unter die Lupe zu nehmen, obwohl sie es zumeist offiziell lieber gänzlich ignorierte.
Inoffiziell war es jedoch oft genug genau die Obrigkeit, zusammen mit den Reichen und Einflussreichen des Landes, die sich der arkanen Unterstützung in bestimmten Dingen versicherte; oder die einen Meister dafür mietete, damit er widrige Machenschaften aufspürte oder er sie gegen teures Geld vor jedmöglicher Unbill schützte. Diese Dienstleistungen fanden im Geheimen statt, und niemand außerhalb der Loge erfuhr je, dass solcherart Dienste überhaupt in Anspruch genommen worden waren. Innerhalb der Loge wurde allerdings alles auf das Genaueste aufgeschrieben und archiviert. Wissen war Macht und hatte seine eigene Magie.
Offiziell existierte Aroria überhaupt nicht in den Köpfen der Menschen. Das eindrucksvolle Gebäude am westlichen Rand der Innenstadt schien eine Art Privatclub zu sein, so etwas wie ein Zunfthaus. Wofür die Münchner es hielten, variierte. Doch niemanden interessierte es besonders. Jene, die tatsächlich einmal von größerer Neugier geplagt wurden, hieß man willkommen, führte sie herum und entließ sie gänzlich bar jeden weiteren Interesses und unter dem Eindruck, dass hier eine ganz besonders langweilige Gelehrtenversammlung zusammenkam.
Wenn man all diese Geheimniskrämerei bedachte, war es erstaunlich, wie viel Geld sich durch Dienstleistungen ansammelte. Aroria genoss, wie alle anderen Logen auch, den gleichen Status wie eine besonders beliebte Prostituierte. Niemand gab je zu, Kontakt zum Arkanen gesucht zu haben, und doch lebten die Meister des Arkanen mehr als nur sicher und bequem.
Die Logenmitglieder, die „stationär“ in der Loge wohnten, waren in der Minderheit. Aroria hatte insgesamt vier Logenhäuser, eins in München, eins in London, eins in Paris und eins in St. Petersburg. Die meisten Meister lebten jedoch auf sich allein gestellt in irgendwelchen Städten oder
Weitere Kostenlose Bücher