Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Fey-Reich und sah zu, wie er sich bewährte? Sollte ihm das zeigen, wie schwach und hilflos er war, und wie unendlich peinlich berührt?
Die Möglichkeit ließ Zorn in ihm auflodern, und dieser blockierte kurzfristig die Angst vor dem Verlorensein und seiner Verwundbarkeit.
„Er ist nicht hier“, sagte eine sanfte Stimme.
Eine schmale Gestalt trat aus den Schatten. Eine Frau.
Scham durchflutete ihn, und er suchte nach einem Platz, an dem er sich in seinem defizitären Kostüm verbergen konnte.
Ehe er mehr tun konnte, als sich nur wild umzusehen, stand sie schon vor ihm. Eine eher kleine Frau in einem biederen Kleid mit bravem Stehkragen. Das Gewand war so schwarz, das es das Mondlicht vollständig absorbierte. Eine bescheidene Haube aus schwarzer Spitze bedeckte ihr Haar, und nur ihr Gesicht und die Hände verschwanden nicht in vollständiger Dunkelheit. Ihr Gesicht war von verstörender Ebenmäßigkeit, durchaus nicht hässlich, und doch irgendwie zu puppenhaft perfekt, um einem ans Herz zu gehen. Ein Porzellanfigürchen, fehlerlos, hart und kalt.
„Du bist allein“, fuhr sie fort. „Ganz auf dich gestellt. Nur ich bin noch da. Mich hast du hier, und ich habe dich.“
Sie streckte die schmalen Hände aus und berührte seine Haut, fuhr mit den Fingern an der klaffenden Öffnung in seiner Brust entlang. Dann griff sie in ihn hinein, und er konnte ihre kühlen Finger an seinem Herzen spüren, fühlte, wie es wild hämmerte. Wenn er jetzt davonlief, würde sie dann sein Herz festhalten und es ihm aus der Brust reißen?
Er stand bewegungslos.
Ein entzücktes Lächeln zierte den energischen, perfekten Mund vor ihm.
„Raus da! Sie haben kein Recht, das zu tun!“, sagte er, immer noch ohne sich zu bewegen, voller Angst, sie würde ihm die Klauen in die Brust schlagen, wenn er sich auch nur rührte.
„Wer sollte mich zurückhalten?“, fragte die Dame und blickte ihm in die Augen. „Du?“ Finger liebkosten den pumpenden Muskel, und sein Herzschlag wurde schneller vor Panik. „Wie würdest du mich denn aufhalten wollen? Oder hoffst du immer noch, dass dein Vater deinethalben interveniert, Bastard eines flügellosen Farfola? Er ist nicht hier. Das hier ist nicht sein Reich. Sein Wille zählt hier nicht. Er hat sich schon vor langer Zeit entschieden, ein Bewohner der Menschenwelt zu sein, und die anderen Möglichkeiten, die er einmal gehabt hat, zu vergessen. Kaum mehr als ein Mensch ist er.“
„Sie kennen ihn?“, fragte Thorolf, trotz aller Verwirrung nun doch neugierig.
„Ich kenne ihn als das, was er ist. Wir entstammen dem gleichen Lebensborn. Doch das würdest du nicht verstehen, Menschlein. Nichts weiter bist du. Er hätte dich zu mehr machen können.“
„Ja?“
„Oder das ist auch eine Fähigkeit, die ihm abhanden gekommen ist, als er begann, die menschliche Rasse zu mögen und zu begreifen. Ihr habt da ein Sprichwort: wie gewonnen, so zerronnen.“
„Das begreife ich nicht.“
„Warum auch?“
Fingernägel pressten sich gegen den glatten, schlagenden Muskel, und er zuckte zusammen und schrie auf. Er griff nach ihrem Handgelenk, doch er konnte die kleine, hübsche Hand keinen Zoll weit bewegen.
„Werden Sie mich töten?“, fragte er.
Sie lachte.
„Das könnte ich“, sagte sie. „Jederzeit. Es obliegt allein mir, ob und wann ich es tue. Das begreifst du doch, oder nicht?“
„Dass ich in Ihrer Gewalt bin? Das ist nicht zu übersehen. Wer sind Sie?“
Sie lachte.
„Du wirst doch nicht glauben, dass ich dir meinen Namen mitteile? Hat dir dein Vater denn gar nichts über uns beigebracht? Hat er dich so ahnungslos gelassen?“
Jähe Wut durchzuckte Thorolf, und er sah, wie das Gesicht vor ihm fast sanft vor Entzücken wurde. Einige Augenblicke lang sah die Dame aus wie eine Geliebte, gefangen in Sehnsucht und Hingabe.
„Wir hatten keine Zeit“, sagte Thorolf aufrichtig und versuchte, seine Gefühle wieder in den Griff zu bekommen. „Ich habe ihn eben erst kennengelernt.“
„Er hatte dein ganzes Leben lang Zeit. Er hat es lediglich vorgezogen, dich im Dunkeln zu lassen, und genau dort bist du jetzt auch. Viel dunkler kann es nicht mehr werden für dich.“
Thorolf verstand, dass die Frau mit Absicht versuchte, ihn wütend zu machen. Das wollte er ihr nicht zugestehen. Er war keine Marionette, die man an Fäden an ihrem eigenen Herzen herumführte. Er würde ihr nicht erlauben, seine Puppenspielerin zu werden.
„Da haben Sie unrecht“, sagte er und begriff mit einem
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