Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
wollte nicht angefasst werden. Ihr war kalt, und sie fühlte sich roh und ungeschützt. Seine Finger waren kühl. Beide Männer jenseits der Tür hatten sich wärmer angefühlt.
Er hatte sie in jenem Traum, der kein Traum war, schon einmal berührt, und sie verstand es nicht, wusste nur, dass sie seine Nähe nicht mehr so genoss wie in jener Nacht. Catty, die Katze, hatte Geheimnisse entdeckt, die Catty, das Mädchen, kaum verarbeiten konnte. Er war kein Mensch, und er nahm sie mit sich wie eine Gefangene, um sie einem Feind zu übergeben, der Pläne mit ihr hatte. Was für Pläne?
„Macht es dir Spaß, wieder ein Mädchen zu sein?“, fragte er und ignorierte ihre letzte Frage.
„Ich weiß nicht“, gab sie zurück. „Katze sein ist in vielen Dingen leichter. Entscheidungen sind leichter. Die Dinge sind viel klarer.“ Sie blickte in das exquisite Männergesicht. Er sah so überwältigend gut aus, und dennoch berührte seine Schönheit sie nicht mehr. Sie wusste nun, dass er eine Kreatur der Nacht war, nichts als ein Schauermärchen, das Gestalt angenommen hatte. Sie war traurig über den Verlust, über das Fehlen von Liebe. Ganz hohl und leer fühlte sie sich. Als Katze hatte sie das nicht so empfunden. „Aber schließlich weiß ich nicht, warum ich überhaupt eine Katze war. Genauso wenig wie ich weiß, warum ich jetzt keine mehr bin.“
„Du warst bereit für die Rückverwandlung. Das hat geholfen. Mädchen deines Alters lassen sich von den Stimuli ihrer Körper regieren. Was hast du denn gefühlt, Liebchen? Behaupte nicht, dass es nichts war. Ich war ganz nah, musst du wissen, auf einem kleinen Spaziergang durch die Sommernacht mit deinem apollinischen Maler.“
Sie starrte ihn an.
„Aber er sagte, da sei eine Frau gewesen.“
Lord Edmond lachte.
„Die menschliche Wahrnehmung ist eine eingeschränkte Angelegenheit, Liebchen. Hier entlang!“
Er klang außerordentlich höflich. Gerade so, als eskortierte er sie in den Speisesaal, als sei all dies ganz normal und sie trüge ein weißes Debütantinnenkleid mit einer Perlenkette um den Hals.
„Sie werden ihm nichts tun, bitte?“, bat sie. „Sie werden doch beiden nichts tun? Sie waren so nett zu mir!“
„Nett. Nett. Nett. Sie waren nett, ich war nett. Bist du denn so armselig, dass du dich in jeden verliebst, der ein bisschen nett zu dir ist?“
„Es ist nichts Falsches daran, nett zu sein“, gab sie zurück.“ Sie wollten mich retten. Wissen Sie das noch? Ich weiß ja nicht, wovor, aber sie haben mir Ihre Hilfe angeboten.“
Er lächelte fast schwermütig.
„Du wolltest meine Hilfe nicht, Liebchen. Wir sollten Freunde sein, denn du sahst mich als Freund an. Das hast du mir geschrieben.“
„Sie haben meinen Brief gelesen?“
„Ich habe ihn in deiner Kleidung am Zaun gefunden.“
Sie starrte ihn an.
„Sie waren dort?“
„Natürlich. Nachdem ich dir die halbe Nacht nachgerannt war. Es ist schon erstaunlich, zu welchen Geschwindigkeiten Zweifüßler in der Lage sind, wenn man sie richtig motiviert.“
Er griff nach ihren Armen. Sie merkte, dass sie geschwankt hatte.
„Sie sind … “
„Ja. Ich bin … ich bin vieles. Ich bin Gentleman und Liebhaber, Jäger und dein schlimmster Alptraum oder dein schönster Traum. Ich bin das Biest, das der Schönen die Möglichkeit gab, es zu retten; die Chance, etwas Großes und Selbstloses zu tun. Doch du bist davongerannt. Deine Liebe war weder selbstlos noch mutig. Du hast nur einen billigen Weg aus deiner Misere gesucht und mich deshalb in meinem Werben ermutigt. Einen ebenso billigen Weg aus der Situation hast du gewählt, als du diesen Brief geschrieben hast. Selbst als du am Zaun nicht mehr weiterkonntest, hast du noch nach dem billigen, kleinen Ausweg gesucht. Doch jetzt bringe ich dich zurück zu Lucilla. Billige Auswege sind aus.“
Er vollführte eine Geste mit den Händen. Eine Tür aus Licht öffnete sich mitten in der Kammer und gab den Blick auf eine weiße Wolkenlandschaft frei. Er stieß sie ins Licht, und ihre nackten Füße sanken in den nebligen, weißen Sumpf.
„Auch sie ist vieles, und manches davon wirst du schon bald erfahren, solange noch Zeit ist.“
Er machte ein Geräusch wie ein verstörtes Katzenjammern und lächelte zynisch der verschwindenden Wirklichkeit hinterher. Das Schlafzimmer versank im Nichts.
Kapitel 57
„Was um Himmels willen …?“, fragte Thorolf, als Ian sich plötzlich auf den Boden warf, als ginge er in Deckung.
„Energielinien!“,
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