Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
gehört hatten. Sie wirbelte herum, versuchte gleichzeitig nach hinten auszuweichen. Sie stolperte und fiel aufs Bett, mitten auf die dort ausgebreitete Kleidung.
Graue Augen hielten ihren Blick. Weißes Haar schimmerte im Lampenlicht. Ein Lächeln lag auf seinen Lippen, aber nicht in seinen Augen. Er musterte sie ohne irgendein Gefühl. Sie erinnerte sich an die finstre Ausstrahlung, die sie als Katze so deutlich gefühlt hatte. Ein Fünkchen Wiedererkennen keimte in ihr auf, Sinne erwachten in Catty dem Mädchen, die es zuvor noch nicht gehabt hatte.
Sie schrie erneut. Er schüttelte den Kopf.
„Lass das, Liebchen. Sie können dich nicht hören, und die Tonhöhe ist alles andere als angenehm.“
Sie zerrte an der Kleidung unter ihr und versuchte, sich zu bedecken. Von der einen Schlafkammer in die nächste. Von einem Peiniger zum nächsten. Nur würde dieser hier ihr keinen Tee kochen. Sie erinnerte sich daran, dass sie ihm vertraut hatte und ihm immer noch gerne vertrauen würde. Doch sie wollte ihm nicht nackt und bloß gegenüberstehen. Zudem spannte sich zwischen ihnen ein Graben von Dunkelheit, denn nun wusste sie um sein Geheimnis.
Er lächelte wieder.
„Du verschwendest nur Zeit. In meinem Tal warst du nicht so scheu. Meine Hände erforschten die Landschaft deiner zarten, jungen Haut, mein Liebchen, und beinahe hast du meinen Wein getrunken. Ich wünschte, du hättest es getan. Für dein eigenes Wohlergehen wünschte ich das.“ Wirklich traurig klang er nicht, höchstens ein wenig besorgt.
„Das war ein Traum! In einem Traum kann man alles tun. Weil es nicht wirklich ist“, protestierte sie, während sie gleichzeitig wusste, dass es nie nur ein Traum gewesen war.
„Ich sollte wirklich schockiert sein“, fuhr er spöttisch fort, ohne ihren Einwurf zu beachten. „Eine junge Dame aus den besten Kreisen lebt mit zwei Männern von übelstem Leumund. Ein Künstler und ein Zauberer. Das gehört sich nicht. Unmoralisch!“
„Sie verstehen nicht! Ich war …“
„Eine Katze. Ich weiß. Ich weiß nicht, wie du das bewerkstelligt hast, aber es war eindrucksvoll.“
„Das war ich nicht. Da war diese Spinne …“
„Die Spinne?“ Er lachte. „Die hatte nichts damit zu tun, Liebchen. Die wollte dich nur umgarnen und deine süße Seele küssen.“
Sie starrte ihn an.
„Komm jetzt“, befahl er leise. „Wir gehen heim.“
„Heim? Wohin? Ich gehe nirgendwo mit Ihnen hin! Sie können mich nicht dazu zwingen!“, rief sie und merkte, dass sie allzu kindlich klang.
Ein Leben mit ihm hatte er ihr angeboten. Was bot er ihr jetzt? Sie erinnerte sich an den Brief, den sie ihm geschrieben hatte. Monate schien es her zu sein, dass sie sich mit den genauen Formulierungen abgequält hatte. Es war ihr so wichtig erschienen, dass er verstand, wie sehr sie ihn schätzte, auch wenn sie nicht mit ihm gehen wollte.
Sie starrte an ihm vorbei zur Tür, überlegte, ob es möglich war, sie zu erreichen, Hilfe von ihren Freunden zu erhalten. Denn das waren die beiden. Ihre Freunde auf der anderen Seite der Tür.
Doch sie würde nie an ihm vorbeikommen.
„In dein Zuhause“, beantwortete er ihre letzte Frage. „Dein Elternhaus. Außerdem kann ich dich sehr wohl dazu zwingen. Du kommst jetzt mit mir mit. Freiwillig. Oder ich hole die Gendarmerie, und deine Herren Freunde wirft man ins Gefängnis, weil sie ein junges, unschuldiges Mädchen entführt haben. Dein Vater ist ein einflussreicher Mann, und deine Freunde sind zwei Ausländer, die ein einheimisches Mädchen zwei Tage in ihrer Wohnung gefangen gehalten und missbraucht haben. Sehr schockierend. Die bayerische Gerichtsbarkeit würde sicher keine Milde walten lassen. Ein unbedeutender Farbenkleckser und ein unheimlicher Zaubertrickser. Man kann sich kaum etwas Schlimmeres vorstellen. Die Leute wären entrüstet, und die Behörden werden dir wohl kaum glauben, dass du hier ganz ehrbar als Katze gehaust hast. Sie würden dich ganz einfach in eine Besserungsanstalt stecken. Willst du das wirklich? Willst du den beiden Männern das Leben ruinieren und sie jahrzehntelang leiden lassen?“
„Sie waren nett zu mir!“, protestierte sie. „Es gab auch überhaupt keine … Unmoral. Gar nicht …“
„Ich weiß. Du bist immer noch Jungfrau. Unberührt, unversehrt und unangetastet. Das spüre ich. Es inspiriert mich.“ Er schnüffelte an ihr, ohne näher zu kommen, doch sie fühlte sich auf einmal, als würde er sie intim berühren. Sie schüttelte sich vor
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