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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Orven, der neben den beiden jungen Malern saß. „Vielleicht wäre es noch nicht einmal allzu weit von der Wahrheit entfernt.“ Der blonde Mann mit den Krücken wirkte mit einem Mal verstört.
    Die beiden anderen Herren sahen ihn an und grinsten.
    „Jetzt sagen Sie bloß nicht, Sie glauben an Spukgestalten?“, spöttelte Feuerbach. „Ich war der Meinung, Sie repräsentieren die nüchtern denkende Fraktion erfinderischer, fortschrittsgläubiger Physiker in dieser hehren Runde.“
    „Ich erfinde Maschinen“, gab von Orven trocken zurück.
    „Sie haben eine Fabrik, nicht?“, fragte Feuerbach.
    „Nicht viel mehr als eine Werkstatt. Wir stehen noch am Anfang.“
    „Professor Lybratte hat Sie hochgelobt.“
    „Professor Lybratte ist ein großzügiger Mann. Er war einer meiner Lehrer, als ich noch zur Universität ging. Das ist Jahre her.“ Zwei Augenpaare fixierten das Gesicht des Blonden, in dem festen Bemühen, sein körperliches Handicap zu ignorieren. „Lang vor dem Krieg“, fügte von Orven mit einem mürben Lächeln hinzu, und die beiden Herren nickten, als würde das alles erklären.
    Die Unterhaltung verebbte.
    Der jüngere Mann hub wieder an zu sprechen und bezog sich erneut auf von Orvens Reaktion auf Lord Edmond.
    „Glauben Sie an Spukgestalten oder nicht?“
    Blassblaue Augen blickten eisig in schimmernde graue.
    „Glauben Sie an Wunder?“, fragte der Mann mit den Krücken.
    „Aber natürlich.“ Der junge Mann zuckte mit den Schultern. „Doch das ist Religion. Was Sie angedeutet haben, hat mit Religion nicht das Mindeste zu tun. Glauben nüchtern denkende, erfinderische, fortschrittsgläubige Physiker an Spukgestalten?“
    Zum ersten Mal erreichte das freundliche Lächeln von Orvens Augen.
    „Haben Sie eine so festgefahrene Vorstellung von der Welt, werter Herr, dass Sie der schieren Möglichkeit von Übernatürlichem keinen Raum gönnen? Ob man es nun mag oder nicht – und ich selbst mag es gewiss nicht – aber es gibt Logen des Arkanen, die ihre Kunst vermitteln. Es gibt mehr Dinge zwischen Himmel und Erde …“
    „Schon“, unterbrach der junge Künstler. Fast wäre es unhöflich gewesen, wenn er nicht so enthusiastisch bei der Sache gewesen wäre. „Aber ich würde trotzdem ziemlich staunen, wenn ich einem Waldelfen höchstpersönlich begegnen würde – der dann auch noch für mich Modell sitzen würde.“
    „Sie sind Kunstjünger?“
    Der junge Maler grinste freundlich.
    „Ich fange gerade erst an. Ich habe die Ehre, von der Münchner Kunstakademie angenommen worden zu sein. Herr von Schwind ist einer meiner Dozenten.“
    „Dann sollten Sie ihn besser nicht verstimmen.“
    „Gewiss nicht. Er lässt sich nicht gerne ärgern. Aber verzeihen Sie mir meine Unhöflichkeit. Darf ich mich Ihnen vorstellen? Mein Name ist Thorolf Treynstern.“
    Die blassblauen Augen des sitzenden Mannes leuchteten in jähem Erkennen auf.
    „Natürlich“, sagte er. „Ich hatte mich schon gefragt, warum Sie mir so bekannt vorkamen. Ich glaube, ich hatte die Ehre, Ihre werte Frau Mutter kennenzulernen. Frau Sophie Treynstern?“
    „Das ist – meine Mutter.“ Der junge Mann sah mit einem Mal unglücklich aus.
    „Sie kommt uns besuchen. Wir erwarten sie diese Woche“, fuhr von Orven fort und klang dabei peinlich neutral. „Sie ist eine Freundin meiner Frau.“
    „Ach.“
    „Wussten Sie nicht, dass sie nach München kommt?“
    Der junge Mann sah ihn etwas schuldbewusst an und wirkte mit einem Mal noch jünger, während der blonde Invalide im Gegensatz immer älter zu werden schien. Die Erinnerung an Leid und Schmerz hatte seine Züge scharf und fast durchscheinend werden lassen, wie die vom Alter gezeichneter Menschen.
    „Nein. Das wusste ich nicht. Doch ich hätte wohl damit rechnen müssen. Ich ließ sie gerade wissen, dass ich hierher übergesiedelt bin, um Künstler zu werden. Sie war bis dahin der Meinung, ich wäre auf dem besten Weg, ein berühmter Anwalt in Wien zu werden.“ Herr Treynstern seufzte. „Es war mir natürlich klar, dass sie meine Wahl nicht gutheißen würde. Doch ich habe eigentlich gehofft, sie würde nicht stante pede mit fliegenden Rockschößen hier auftauchen. Nicht dass ich mich über sie beklagen möchte. Sie ist gewiss eine wunderbare Mutter – so wie Mütter eben sind ... aber ...“
    Einen Augenblick lang erhellte ein amüsiertes Grinsen von Orvens Züge.
    „Ich habe Ihre Mutter als nervenstarke, bewunderungswürdige Dame kennengelernt. Ich denke nicht,

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