Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Jetzt habe ich dich nun mal nicht vorher geheiratet. Aber ich liebe dich. In guten und in schlechten Tagen.“
Sie verlor die Fassung, kniete sich neben sein Bett und weinte in sein Kissen. Das hatte sie absolut nicht tun wollen. Sie hatte ruhig und gefasst sein wollen, stark und optimistisch. Nach einiger Zeit fühlte sie eine schwache Hand ihr Haar streicheln.
„Dummchen, Charlotte. Jetzt wein’ doch nicht. Nicht weinen, Liebling. Bitte nicht.“
„Schick mich nicht weg, Asko. Bitte nicht! Bitte.“
Er schwieg lange. Schließlich begann er zu reden, streichelte dabei weiter ihre Locken und hielt ihren Kopf damit so nieder, dass sie ihn kaum heben konnte. Er wollte nicht, dass sie ihn ansah.
„Charlotte. Charly. Niemand weiß, ob ich je wieder laufen kann. Es ist gut möglich, dass ich den Rest meiner Tage auf dem Rücken liegend verbringe. Selbst wenn ich wieder laufen lernen sollte, eine Ehe besteht aus mehr als nur Invalidenpflege. Ich weiß nicht, wie ich dir dies sagen soll, aber es kann gut sein, dass ich nie … dass es mir nie … dass wir nie miteinander …“
Sie verstand nicht gleich, was er mit seinen halben Sätzen meinte, und versuchte, zu ihm aufzusehen, doch er hielt ihr Gesicht nach unten, als könnte er es nicht ertragen, dass sie ihn in diesem Augenblick ansah. Sie begann zu begreifen.
„Asko…“, murmelte sie.
„Charly. Die Ärzte haben gesagt …“
„Die Ärzte haben gesagt, du würdest nicht überleben. Sie haben gesagt, du würdest nie mehr aufwachen. Die Ärzte wissen verdammt noch mal gar nichts.“
„Charly!“ Er klang zutiefst schockiert. Mitten in einer lebensverändernden Krise hatte er nichts Wichtigeres zu tun, als sich über ihr allzu kräftiges Vokabular zu echauffieren. Wie absolut entnervend typisch!
„Asko, ich will bei dir sein. Ich glaube daran, dass du wieder gehen lernen wirst, und ich glaube auch, dass du wieder … tanzen lernen wirst. Ich will dabei sein und dir helfen. Bitte. Schick mich nicht aus falschem Stolz fort. Versteck dich nicht hinter deiner strammen, militärischen Haltung. Du bist nicht der Mann, der aufgibt, ohne etwas wenigstens zu versuchen, und ich bin nicht die Frau, die davonläuft. Du willst für mich stark sein. Aber kannst du mir nicht zugestehen, auch stark für dich zu sein?“
„Du bist eine junge, gesunde Frau. Leidenschaft ist dir nicht fremd …“
„Asko …“
„Vermutlich willst du doch Kinder …“
„Deine. Ich will deine Kinder bekommen. Nicht die von irgendjemandem. Wenn ich das nicht kann, dann lass mich an deiner Arbeit teilhaben. An deinen Erfindungen, deinen Ideen, denen du Leben einhauchen willst. Lass sie auch meine Ideen sein. Schick mich nicht fort. Schick mich nicht fort!“
Sie rappelte sich hoch und setzte sich vorsichtig zu ihm aufs Bett. Dann beugte sie sich über ihn und küsste ihren verwundeten Krieger, wobei sie darauf achtete, nicht gegen seinen verletzten, schmerzenden Körper zu stoßen.
Eine ganze Zeit lang tat sie nichts anderes, ihre Lippen und Zungen spielten scheu miteinander, dann weniger scheu, dann ernsthaft, getragen von der Liebe, die sie verband.
„Ich werde dich schon wieder zum … Tanzen bekommen!“, murmelte sie schließlich, und er lachte zum ersten Mal seit der Schlacht von Königgrätz.
„Ja. Vielleicht“, sagte er ein wenig außer Atem.
Er hatte sie geheiratet, als er wieder gut genug laufen konnte, um selbst zum Altar zu schreiten, wenngleich auch auf Krücken, die er zu benutzen lernte.
Er hatte sich entschuldigt, dass er sie nicht über die Schwelle tragen konnte.
„Ich bin ohnehin viel zu groß und ungelenk für so was“, hatte sie geantwortet.
Er hatte laufen gelernt, aber nicht tanzen. Er versuchte es nicht mal. Sie waren Partner in allem anderen, doch er fasste sie nicht an, wie ein Ehemann das sollte.
Er konnte nur langsam gehen. Sein unbewegliches Gesicht verriet dabei eiserne Kontrolle. Die meiste Zeit hatte er Schmerzen. Er war sehr dünn und hager geworden durch die Krankheit, doch für seine eigenen Knochen war er immer noch zu schwer. Er trainierte seine Muskeln jeden Tag. Doch er war zu zerstört, um wieder das zu werden, was er einmal gewesen war, ein starker, gesunder junger Mann voller Feuer, das er hinter einer braven und lauteren Seele versteckte.
Sie hatte diese Heirat gewollt, sich frei dazu entschieden. Sie versuchte, glücklich zu sein und gab sich Mühe, auch ihn glücklich zu machen. Er wiederum gab sich Mühe, ihr Bemühen zu
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