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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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habe sie gekannt. Nicht besonders gut. Aber ich habe sie nicht niedergestochen. Ich habe ihr nur helfen wollen.“
    „Das kannst du nie beweisen“, sagte sie. „Niemand bezweifelt deine Schuld, und niemand würde an eine Riesenspinne glauben. Die einzigen, die dir diese Geschichte abnehmen und etwas unternehmen würden, bräuchten deinen unschuldigen Tod als Beweis dafür. Deine plötzliche, gänzlich unnatürliche Gesundung würde sie weit weniger erfreuen.“
    „Ich verstehe nicht!“
    „Nicht? Du magst gesundheitlich noch nicht ganz auf der Höhe sein, aber du bist fast völlig wiederhergestellt. Ein wirklicher Mensch wäre jetzt tot. Dr. Weber mag ein Narr sein – in vielen Dingen –, aber er weiß immer ganz genau, wo er eine frische Leiche herbekommt und wann. In dir fließt Fey-Blut, mein Junge. Das konnte unser guter Doktor freilich nicht wissen. Er glaubt nicht an die Fey, also kann er so etwas auch nicht feststellen. Doch du bist kein richtiger Mensch.“
    „Ich weiß. Verdammt. Ich kann nichts dafür. Doch ich bin ein Mensch. Ich war immer einer, und bis vor ein paar Tagen habe ich nicht geahnt, dass ich irgendwie anders bin. Wenn ich irgendwelche übernatürlichen Kräfte hätte, würde ich hier nicht mit einem gespaltenen Schädel herumliegen. Ich habe diese Frau nicht umgebracht. Ich habe versucht zu helfen. Wirklich, ich hab’s versucht.“
    „Mancher würde dich für ein Ungeheuer halten.“
    „Ich bin kein Ungeheuer! Sehen Sie mich doch an! Glauben Sie wirklich, ich sei ein Ungeheuer?“
    „Die meisten Männer sind Ungeheuer.“ Sie verzog das Gesicht zu einer Grimasse, trat zu dem kleinen Fenster und sah durch die Gitterstäbe hinaus, als würde ihr Weitblick ihr mehr Glaubwürdigkeit verleihen. „Dein Aussehen beeindruckt mich nicht, mein Hübscher. Dafür bin ich zu alt.“
    „Wer sind Sie?“, fragte er, als ihm auffiel, wie seltsam die Unterhaltung war. Einen Scharfrichter hätte er erwartet oder einen Polizisten. Vielleicht sogar einen Arzt. Aber diese alte Hexe?
    „Du bekommst Besuch“, sagte sie ausdruckslos und goss ein wenig Wasser in einen Holzbecher, fügte dann ein paar Tropfen aus einem schwarzen Fläschchen hinzu, das sie aus ihrer Tasche genommen hatte.
    „Trink!“, befahl sie, und er setzte sich brav auf, wobei er sich noch ein wenig schwindlig fühlte. Er nahm die Tasse und trank. Das Wasser schmeckte bitter. Doch er war so durstig, dass er sie in einem Zug leerte.
    „Sind Sie Krankenpflegerin?“, fragte er, als er ihr die Tasse zurückgab.
    „Nein. Ich bin die Leichenwäscherin. Zuständig für diesen Stadtteil und alles, was darin tot ist.“
    „Ich bin nicht tot.“
    „Leg dich nieder und mach die Augen zu.“ Eine knochige Hand drückte ihn mit erstaunlicher Kraft auf die Pritsche zurück.
    „Ich fühle mich viel besser“, sagte er.
    „Das glaube ich. Doch wenn die Herren, die auf dem Weg zu dir sind, dich so gesund vorfinden, werden sie dich mit dem größten Vergnügen ins Jenseits befördern. Sie behalten gern, was sie meinen, das ihnen gehört.“
    „Was?“
    „Vielleicht war es wirklich nicht deine Schuld, aber ein richtiger Mensch bist du nicht, und was sie mit dir vorhätten, würdest du nicht mögen. Du hast von der Bruderschaft des Lichts gehört?“
    „Wer ist das?“
    „Sie jagen und erlegen die Fey. Hexen auch, wenn sie sie kriegen. Langsam. Also wird es besser sein, wenn du schon tot bist.“
    „Was?“
    „Dein Tod beweist deine Unschuld. Das habe ich dir doch erklärt. Du wolltest doch, dass deine Unschuld bewiesen wird.“
    „Aber damit ich weiterleben kann!“
    Sie gab ein keckerndes Gelächter von sich, das den Blick auf die wenigen restlichen Zähne freigab, die sich noch in ihrem Mund befanden.
    „Nun, mein schönen Feyon-Bub, dann hättest du eben das Gift nicht trinken dürfen, nicht wahr?“

Kapitel 71
    Sophie Treynstern reckte das Kinn. Sie zitterte ein wenig und versuchte das so gut wie möglich zu überspielen. Charly neben ihr sah müde und erschöpft aus, war so schockiert und verängstigt wie sie, wenngleich vielleicht auch aus anderen Gründen.
    In einem Gefängnis war keine von ihnen je gewesen.
    Nach viel weiblich-höflicher Beharrlichkeit hatte sich ein Herr freundlicherweise bereit erklärt, mit ihnen zu sprechen. Er war um die fünfzig, präzise gekleidet und schien nicht unbeeindruckt von seinem Amt. Er war Direktor des Gefängnisses, königlich bayerischer Beamter, und recht weit oben auf der Leiter

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