Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
können Ihre Christenpflicht tun. Dies hier ist die werte Frau Mutter des Verdächtigen, Frau Treynstern. Sie hat ebenfalls darum gebeten, ihren Sohn sehen zu dürfen.“
Die Aufmerksamkeit der beiden Kleriker wandte sich Sophie und Charlie zu.
Sophie sah die beiden Männer an und zermarterte sich das Gehirn, wie sie wohl reagiert hätte, wenn Thorolf nicht Arpads Sohn und sie nicht die ehemalige Geliebte eines Vampirs und die Mutter eines Feyon-Halbbluts gewesen wäre. Wie hätte sie reagiert, wenn sie – wie die meisten Menschen – noch nie von der Existenz der Bruderschaft des Lichts und deren Zerstörungswerk gehört hätte? In ihrem Magen formte sich ein Eisblock, und nun liefen ihr doch die Tränen über die Wangen.
Sie begegnete dem scharfen Blick des Mönches, der bislang im Hintergrund geblieben war, und sie merkte, wie Charlys Stütze plötzlich schwächer wurde. Ihre Freundin war bleich geworden und sah beinahe so blass aus wie nach der Begegnung mit Frau Lybratte. Hier war Magie im Spiel, Sophie war sich dessen sicher.
„Bitte, Hochwürden“, zwang sie sich zu sagen, um die Aufmerksamkeit der Männer in eine andere Richtung zu lenken und ihnen zu suggerieren, sie seien auf der falschen Fährte. „Beten und bitten Sie mit mir für meinen Sohn. Er ist unschuldig. Ich weiß, dass er das nicht getan hat. Er hat mir erzählt, dass er vor einigen Nächten von einer wilden Kreatur verfolgt wurde. Vielleicht ist er ja erneut auf diese gestoßen. Er würde nie etwas so Schreckliches tun. Er ist ein guter und gottesfürchtiger junger Mann.“
Klang das glaubhaft? Sie wusste es nicht, fühlte sich, als versuchte sie über ein aufgewühltes Meer zu spazieren.
„Was für eine Kreatur?“, fragte der Priester mit einem Mal neugierig.
„Das weiß ich nicht.“
„Hat er es Ihnen nicht anvertraut?“
„Nein. Ein Verrückter möglicherweise. Oder irgendeine Bestie. Doch jetzt möchte ich Sie bitten …“
„Gute Frau …“
Das war keine Art und Weise, sie anzureden, noch nicht einmal, wenn es von einem Pfarrer kam. Sie reckte stolz das Kinn. Vielleicht war es Zeit, etwas anderes zu versuchen. Manchmal musste man achtgeben, nicht allzu mild und nachgiebig zu sein, auch wenn die Bruderschaft Milde and Nachgiebigkeit vermutlich gutheißen würde, ganz besonders bei Frauen. Sie tupfte sich mit einem Spitzentüchlein energisch die Tränen aus dem Gesicht.
„Hochwürden Ignaz, bei allem Respekt, ich bin kein Marktweib. Mein Name ist Sophie Treynstern, Witwe des verblichenen Richters Treynstern, der im Dienste seiner Majestät des Kaisers Franz-Joseph von Österreich stand. Wie jemand nur annehmen kann, unser Sohn würde eine Frau überfallen, während er gerade auf dem Weg zu mir, seiner Mutter ist, kann ich nicht begreifen. Ich bin sehr froh, dass Sie jetzt hier sind und er in der Stunde der Not wenigstens geistlichen Beistand erhält.“
Beide Kirchenmänner starrten sie an, und sie versagte sich jeden Gedanken, der nicht mit ihrem längst verstorbenen Gemahl zu tun hatte. Er war ein so liebenswerter Mensch gewesen, hatte den Sohn, von dem er nie wusste, dass es nicht seiner war, voller Stolz geliebt.
„Meine gute … Frau Treynstern. Um die Rolle Ihres Sohnes in diesem Trauerspiel zu eruieren, sind wir hier. Wenn er unschuldig ist, werden wir das herausfinden.“
Hundthammer räusperte sich.
„Hochwürden, es ist die Aufgabe der königlich bayerischen Justiz, Schuld oder Unschuld des Verdächtigen festzustellen – keinesfalls die der Kirche. Das Kirchenrecht hat sicher seine Existenzberechtigung, doch nicht in einem Mordfall.“
Sophie wandte sich zu dem Beamten um.
„Mordfall? Soweit ich weiß, ist die Frau nur verletzt. Sicher kann sie meinen Sohn entlasten, sobald es ihr besser geht.“
Nun schaltete sich der Mönch ins Gespräch ein.
„Die Frau ist heute Vormittag gestorben.“
Sophies Hände flogen ihr vor die Lippen.
„Um Himmels willen!“
„Gott sei ihrer Seele gnädig!“, murmelte Charly.
„Mit ihrem Tod ist die Tat nun ein Mord“, schloss der Diener Gottes.
„Den mein Sohn auf keinen Fall begangen hat!“
„Frau Treynstern“, sagte Hundthammer besänftigend, „ich begreife, wie schwer dies alles für Sie …“
„Wir konnten mit der Frau sprechen, ehe sie verschied“, unterbrach Bruder Gabriel. „Sie hat nicht gesagt, dass es Ihr Sohn war. Ihre Angaben waren wirr, doch die Polizei mag in ihrer Unwissenheit gut und gern geirrt haben.“
„An seiner Schuld
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