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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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besteht kein Zweifel“, gab der Beamte wütend zurück, ohne Sophie direkt anzusehen. „Man hat ihn festgenommen, da hielt er die Frau in einer Hand und das Messer in der anderen. Es gab sonst niemanden, der noch anwesend war.“
    „Jedenfalls niemanden, den die wackeren Männer der Königlich Bayerischen Gendarmerie hätten sehen können.“ Der Mönch klang zynisch.
    „Einerlei. Das Urteil fällen weder ich noch Sie noch Frau Treynstern. Es ist Sache des Gerichts.“ Er wandte sich plötzlich zur Tür. „Was ist denn, Frau Schwanberger?“ Der Ton verriet, dass er jemanden von niederem Rang ansprach, den er keinesfalls bei dieser Diskussion dabeihaben wollte und über dessen unverfrorenes Auftauchen er sich mehr als wunderte.
    Sie wandten sich um. Eine hutzelige alte Frau mit Krückstock stand in der Tür und lächelte entschuldigend. Die wenigen Zähne, die sie noch hatte, halfen nicht dabei, dieses Lächeln gewinnender zu machen. Sie stand halb niedergeneigt in einer unterwürfigen Pose. Ihr Kleid war schwarz, ihre Schürze grau, nur ihre altmodische Haube weiß, frisch gestärkt und unverziert.
    Die Frau verbeugte sich noch ein wenig tiefer und knickste dabei ebenso wackelig wie ungeschickt.
    „Tut mir leid, Herr Direktor. Der Herr Direktor weiß, dass ich nie ohne Grund unterbrechen würde. Ich wollte dem Herrn Direktor nur gleich berichten. Wenn’s recht sein mag. Der Herr Direktor will es sicher gleich wissen, habe ich mir gedacht, wo es doch gerade erst passiert ist, und wo so viele Leute sich dafür interessieren …“
    Alle starrten sie sie jetzt an, und sie verneigte sich erneut und vollführte eine entschuldigende Geste mit der freien Hand.
    „Nun?“, fragte Hundthammer.
    „Tot ist er. Gott sei seiner Seele gnädig. Ist an seiner Verletzung gestorben. Loch im Schädel. So was überlebt nur selten einer, wenn der Herr Direktor mir die Bemerkung gestatten will …“
    Sophie erstickte fast. Ihr schmerzerfülltes Atemholen war einige Sekunden lang das einzige Geräusch, das man hörte. Worte fand sie keine mehr. Sie krallte sich an Charly fest.
    „Ich kann ihn gleich zurechtmachen“, fuhr die Alte fort. „Saubermachen und so. Wo doch der Herr Direktor gesagt hat, dass der Herr Doktor die Leich’ für seine Experimente …“
    „Das reicht. Sie können gehen!“, unterbrach Hundthammer unwirsch und wurde ein wenig rot, als auf einmal vier Paar Augen ihn gar kritisch fixierten.
    Die Frau vollführte noch ein paar untertänige Gesten und murmelte etwas, worauf niemand hörte.
    Sophie hasste sie und die beiden Mönche, die die Unverschämtheit besaßen, sich über die unbeabsichtigte Enthüllung der Frau zu entrüsten, ihr eigenes Vorgehen jedoch für angemessen und gerecht hielten. Sie hasste auch den kräftigen bayerischen Beamten, der ihren Sohn wie ein Stück Fleisch dem nächsten Kurpfuscher zum Aufschneiden überlassen hätte.
    „Schade, dass Hochwürden nicht rechtzeitig gekommen ist“, murmelte die Alte nun wieder, schielte dabei schüchtern auf den Boden und zog einen Rosenkranz aus ihren voluminösen Röcken. „Jetzt ist er tot, und ganz ohne letzte Ölung. Möge die Heilige Jungfrau und alle vierzehn Nothelfer ihn beschützen. Er ist noch mal aufgewacht und einen Augenblick lang war er ganz klar. ‚Ich hab es nicht getan ‘ , hat er gesagt, und ich glaube, er hat dann gebetet. Aber dann …“
    „Nun sei schon still, Weib!“, zischte Hundthammer.
    Sie nickte ergeben und schien nun fast zu kriechen.
    „Ich dachte nur, weil man doch sagt, dass man im Augenblick des Todes nur die Wahrheit sagen kann, wenn man seinem Schöpfer gegenübertritt …“
    „Vielleicht hat er ja die Wahrheit gesagt“, unterbrach Pater Ignaz.
    „In der Tat scheint sein Tod seine Unschuld zu beweisen“, fügte der Mönch sachlich an. „Wir werden ihn untersuchen müssen …“
    „Mein Sohn ist tot“, unterbrach Sophie mit dem, was ihr von ihrer Stimme noch geblieben schien. „Ich weigere mich, ihn von irgendwelchen Ärzten aufschneiden zu lassen oder …“ Sie wusste nicht, wie sie fortfahren konnte, ohne ihr Wissen zu verraten. Sie wandte sich von den Blicken aller im Raum befindlichen Personen ab und sank schwer auf ihrem Stuhl nieder.
    „Meine Herren“, sagte Charly. „Dies ist alles sehr bitter für Frau Treynstern. Bitte gewähren Sie ihr doch die Möglichkeit, ihren Sohn ein letztes Mal zu sehen. Diskussionen um seine Schuld oder Unschuld sind nun zweitrangig geworden, doch vielleicht

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