Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Gesellschaft“, sagte er und schaffte es irgendwie, so zu klingen, als meinte er beide Damen damit. Vielleicht tat er das ja?
Catrin war es egal. Sie durfte mit dem schönsten und interessantesten Mann, den es gab, ausfahren. Vielleicht würde sie ja sogar wieder von ihm träumen.
Dann würde sie diesmal seinen Wein trinken.
Kapitel 15
„Hallo, Thorolf. Es ist schön, dich zu sehen, mein Junge. Du siehst gut aus. Willst du mich nicht einlassen?“
Sophie Treynstern stand immer noch auf der Schwelle und lächelte ihren Sohn an. Thorolf merkte, dass er vermutlich wenig begeistert aussah.
„Mama, ich würde dich wirklich gerne einlassen, aber im Moment bin ich beschäftigt. Vielleicht können wir ja einen besseren Zeitpunkt …“
„Mein Junge, du wirst mich doch nicht im Treppenhaus stehen lassen wollen? Wir müssen reden, und nachdem Herr von Orven dir ja schon eröffnet hat, dass ich auf dem Weg hierher war, hast du mich gewiss schon erwartet, nicht wahr? Es ist also kein Überraschungsbesuch. Du wusstest, dass ich kommen würde.“ Ihre warme Stimme klang nicht, als ob sie schelten würde, und doch fühlte er sich bereits entnervt.
„Sicher. Ich dachte nur …“
„Willst du mich nicht doch besser hineinbitten?“ Ihre grauen Augen glitzerten, und er brauchte einen Moment, um festzustellen, dass sie amüsiert war und nicht verärgert.
„Mutter …“
Sie trat ein, und er machte ihr automatisch Platz, als ihr weiter Krinolinenrock raschelnd an ihm vorbeizog. Irgendwas hatten Mütter an sich, das einen vom selbständigen Mann zum halbwüchsigen Idioten machte.
„Mama, es ist einfach ein sehr inopportuner Augenblick …“ Er schloss hastig die Wohnungstür und eilte ihr hinterher, doch sie hatte das Wohnzimmer bereits erreicht. Sie trat ein und blieb dann wie angewurzelt stehen, als sie die nackte Lena auf dem Sofa erblickte. Die beiden Frauen starrten einander mit großen Augen an.
„Ich sehe, du hast Besuch“, sagte sie schließlich und ignorierte vollständig die mangelnde Kleidung der anderen Frau.
„Lena sitzt mir Modell. Es tut mir leid …“
„Es muss dir doch nicht leid tun, Thorolf. Ich hatte immer einen Sinn für Kunst. Hast du sie gemalt?“
„Ich habe Skizzen angefertigt.“
„Darf ich sie sehen?“
„Sie sind nichts geworden.“
Die nackte Frau erhob sich auf wenig sittsame Art und Weise, und Thorolf wurde rot. Die beiden Damen nicht.
„Es tut mir leid, dass ich dich bei deiner Arbeit unterbrochen habe, Thorolf. Ich dachte, du würdest an der Akademie arbeiten?“
„Meist, aber nicht immer.“
„Dann will ich dich nicht unterbrechen. Mach einfach weiter. Ich setze mich ganz still in eine Ecke und schaue dir zu.“ Sie zog sich sorgfältig die Ziegenlederhandschuhe aus, und er beeilte sich, ihr die Pelerine abzunehmen.
„Gewiss nicht. Wir waren ohnehin fast fertig für heute. Lena, Sie können sich wieder anziehen. Ich werde Sie gleich bezahlen.“
Die Berufsschönheit klaubte ihre Sachen auf und verschwand hinter der spanischen Wand.
„Bitte nimm doch Platz. Ich hole solange das Geld für Lena.“
Seine Mutter setzte sich auf einen Stuhl und hielt ihre Handschuhe noch in der Hand.
Er ging ins Schlafzimmer, nahm sein Portemonnaie aus einem Schubfach, zählte das Geld ab, gab ein Trinkgeld dazu – für die Extrapause, die er sich versagt hatte. Er überlegte, weitere Besuche abzusagen, aber dann tat er es nicht.
Seine Versuche, eine schöne Frau zu skizzieren, waren ganz erheblich danebengegangen, und die Begegnung mit seiner Mutter war zudem noch peinlich. Wenn man Lenas Freimütigkeit, was Information über andere Maler anging, bedachte, würde letztere ab morgen spätestens in der ganzen Stadt die Runde machen. Er konnte sich die Kommentare schon vorstellen, die er an der Akademie zu hören bekommen würde. Mütter waren schlichtweg …
Als er zurück ins Zimmer trat, hatte Lena sich angezogen, stand mitten im Raum und beantwortete die Fragen seiner Mutter. Keine der Damen schien dabei besonders peinlich berührt. Das brachte Thorolf fast aus der Fassung. Er hätte damit gerechnet, dass seine Mutter weitaus schockierter darüber sein würde, dass er in der eigenen Wohnung nackte Frauen malte. Richtigerweise sollte sie sich herzlich darüber aufregen. Nicht, dass er wollte, dass sie sich aufregte, gewiss nicht, doch er stellte fest, dass es ihn durchaus irritierte, dass sie es nicht tat. Stattdessen unterhielt sie sich mit seinem Modell auf freundlich
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