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Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)

Titel: Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ju Honisch
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Gouvernante sie einschätzte. Eine naheliegende Falle, sich so zu benehmen, wie es einem oktroyiert wurde. Sie war zu jung, sich dagegen zu wehren. Außerdem hätte sie den kontroversesten aller modernen deutschen Komponisten wirklich gerne kennengelernt.
    Miss Colpin hätte nie ein verächtliches Schnauben von sich gegeben, da das kaum den Ansprüchen untadeligen Benehmens entsprach. Die Art, wie sie jedoch die Augenbraue hob, ließ einen genau diese Reaktion erahnen.
    „Wir werden sehen.“
    „Ich will unbedingt seine Hand schütteln!“ Warum konnte sie nicht einfach den Mund halten und abgeklärt, ruhig und erwachsen wirken?
    „Wäre es nicht schöner, seine Musik zu hören?“, fragte die Lehrerin zurück.
    „Das auch. Aber die Hand, die Tristan geschrieben hat! Ich verspreche auch, dass ich mich wirklich untadelig benehme! Vermutlich ist es ihm nur peinlich, wenn Leute wegen seiner Opern in Begeisterungsstürme ausbrechen.“
    „Kaum. Ganz sicher liebt er es, bewundert zu werden.“ Der Kommentar klang so säuerlich, dass Catrin darauf verzichtete, etwas darauf zu sagen.
    „Vielleicht“, fuhr sie stattdessen fort, „sollte ich mehr Klavier üben – nur falls er mich bittet, etwas für ihn zu spielen.“
    Wieder gelang es Miss Colpin, auf sprechende Weise nicht verdrießlich zu schnauben.
    „Die Wahrscheinlichkeit einer solchen Einladung scheint mir über alle Maßen gering.“
    Dennoch war Catrin zum Klavier geeilt und spielte nun schon geraume Zeit. Die Gouvernante hatte sie nicht daran gehindert. Nachdem sie eine Weile neben ihr gesessen und sie ob ihres übertriebenen Sentiments getadelt hatte, das jedem tieferen Verständnis von Haydn zuwiderlief, war sie schließlich verschwunden und nicht zurückgekommen.
    So war Catrin dann auch von Haydn sofort zu Beethoven umgeschwenkt und badete ihr Gemüt eben im ersten Satz der Mondscheinsonate. Sie spielte sie, ging darin auf und ließ sich darin treiben. Die silberne Dunkelheit der Musik durchdrang sie, und fast konnte sie wieder den Tau aus ihrem Traum an ihren nackten Füßen spüren, die Berührung seiner Hände, das Schlängeln des Bechers. Sein Blick fing sie aus einem Reich jenseits des Schlafes und berührte ihr Herz.
    Ihr Fuß trat das Pedal in einem überzogenen Bedürfnis, alle Einzelnoten zu einem Klanggewebe zu spinnen. Als die letzte Note verklang, konnte sie den Sommerwind fast wieder auf der Haut spüren.
    Sie erschreckte sich fast zu Tode, als hinter ihr jemand zu applaudieren begann, und stieß sich schmerzhaft ihr Bein am Klavier, als sie in einer schnellen Bewegung schuldbewusst aufsprang.
    Da stand er, korrekt gekleidet, eine Saphirnadel in der dunkelgrauen Krawatte. Sein weißes Haar war ordentlich gekämmt. Sein Lächeln süß. Seine grauen Augen zeigten Wohlwollen.
    „Au!“ Das würde einen blauen Fleck geben. Doch sie sollte wahrlich nicht an ihre Gliedmaßen denken, solange er im Zimmer war. Gestern Nacht hatte er diese Beine berührt. Zumindest im Traum. Wie peinlich.
    Er trat vor und sah besorgt aus.
    „Haben Sie sich wehgetan?“
    Sie fand keine Worte. Er war so attraktiv und nett, und sie wollte nichts so sehr wie sofort davonlaufen und sich irgendwo vor ihm verstecken, wo sie sicher war. Ihr Herz krampfte sich zusammen, und sie wusste nicht weshalb. Sein Gesicht erschien ihr unendlich vertraut, so wie das eines Menschen, den man sein ganzes Leben lang gekannt hatte.
    „Es tut mir leid“, fuhr er fort. „Ich wollte Sie nicht erschrecken. Ich kam, um Ihren Vater zu besuchen, doch man hat mich informiert, er sei ausgegangen. Ich wollte auf ihn warten, doch dann hörte ich jemanden mit so viel Gefühl Klavier spielen, dass ich dem Klang nachgegangen bin. Es tut mir leid. Es ist gänzlich unentschuldbar, wie ich hier einfach eingedrungen bin.“ Er nahm ihre rechte Hand und verbeugte sich darüber. „Können Sie mir vergeben?“
    Wieder rang sie um Worte, die irgendwo verschwunden waren. Er hob den Kopf von seiner Verneigung, sah sie beunruhigt an.
    „Haben Sie sich böse verletzt? Soll ich Hilfe holen?“
    „Oh nein. Danke.“ Endlich funktionierte wenigstens ihre Stimme wieder.
    „Es tut mir wirklich unendlich leid!“ Er sah sie schuldbewusst an. „Sie halten mich sicher für den unhöflichsten Menschen der Welt. Ich schleiche in ein Zimmer, in dem ich gar nicht sein sollte, und dann erschrecke ich Sie auch noch. Es war keine Absicht. Doch das entschuldigt natürlich nicht mein schlechtes Benehmen. Können Sie

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