Jenseits des Karussells: origin - Preisgekrönt und aufregend anders (German Edition)
Reste seiner zerfetzten Kleidung deutlich erkennen. Er sah aus, als könne er einen solchen Kampf mit Leichtigkeit gewinnen, doch seine Hiebe erreichten kein einziges Mal ihr Ziel. Nachdem er eine Weile nichts außer Schatten getroffen hatte und dabei in seinen Bewegungen immer wütender geworden war, fand er mit einem mal seine Fäuste in schlanken Händen gefangen wieder, wo sie unverrückbar festgehalten wurden. Er bebte vor Anstrengung, sich loszureißen, Schweißperlen liefen ihm über den Körper. Sein Gesicht war vor Zorn verzerrt.
Einen Augenblick später sackte er zusammen, fiel fast in die Arme des dunklen Widersachers, der ihn sanft festhielt.
Der keuchende Atem des jungen Mannes war für eine Weile das einzige Geräusch. Der Vampir war nicht außer Atem.
„Geht es dir jetzt besser?“, fragte er dann. „McMullen, hol ihm noch ein Glas von dem Zeug. Thorolf, setz dich.“
Thorolf stürzte ein weiteres Glas Schnaps hinunter. Seine Hände zitterten.
„Liebe stellt sich auf unterschiedlichste Weise ein, mein armer Sohn. Du liebst jemanden, den du nie getroffen hast, außer für einen einzigen Moment in der Nacht. Ein Menschenvater würde dir jetzt erklären, dass diese Liebe nichts bedeutet, nur ein flüchtiger Traum ist. Aber ich bin kein Mensch, und verstehe durchaus, dass dein Herz sich lange nach ihr gesehnt hat. Vielleicht war sie für dich auserkoren. Vielleicht sollte sie auch nur deine lebenslange Qual sein, der Stachel in deinem Fleisch, der dich brillante Bilder malen lässt, anstatt nur hübsche, gefällige. Ich werde herausfinden, was ich kann. Darauf kannst du vertrauen. Ich will nicht, dass du dich an der Suche beteiligst, denn dann könntest du unseren Achtbeiner, die Drude, wiedertreffen. Du hast sie geärgert. Spinnenwesen mögen das nicht, sie sind nicht an Empfindungen gewöhnt. Dies war eine lange und schwierige Nacht für dich. Vermutlich tut dir noch alles weh. Trink noch ein wenig Wasser. Versuch zu schlafen. Ich komme wieder.“
Er stand auf und wandte sich zum Gehen. Schwarze Augen bohrten sich in Ians Blick.
„McMullen, du wirst auf ihn achtgeben?“
„Ja, Erlaucht. Das werde ich.“
Der Vampir schenkte ihm ein strahlendes Lächeln, das Ian ein wenig atemlos zurückließ. Der Sí verließ das Schlafzimmer seines Sohnes und steuerte auf die Wohnungstür zu. Ian folgte ihm.
„Guter Kerl. Vergiss nicht, was du mir versprochen hast“, flüsterte der Vampir.
„Ich werde mich vor allem daran erinnern, was Sie mir versprochen haben. Ich mag es, wenn mein Herz schlägt.“
„Ich auch. Schließlich hat es die wunderbare Aufgabe, all das wunderbare Blut durch deine Adern zu pumpen.“ Ein süßes Lächeln zierte das aristokratische Gesicht. Ein einzelner Finger strich Ian über die Wange. „Wir werden uns wiedersehen.“
Es klang wie ein Gelöbnis, und Ian kämpfte plötzlich gegen ein Gefühl zweischneidiger Vorfreude an. Er wurde manipuliert. Das musste es sein, sonst nichts.
„Eines noch. Was ist eine Drude?“
Der Vampir lächelte.
„Schlag es in den Folianten deiner Logenbibliothek nach. Vermutlich wird dort stehen, dass es sich um eine Jungfrau handelt, die von einem bösen Geist besessen ist, der sie zwingt, Männer zu belästigen, indem sie ihre schlafenden Leiber besteigt, sich breitbeinig über sie kniet und ihnen ihre Kraft und Stärke dadurch stiehlt, dass sie ihnen entweder die Seele oder den Atem aussaugt. Die ländlichen, selbsternannten Kapazitäten, was Zauberei und Blendwerk angeht, empfehlen daher dringend die Defloration jeder Jungfrau in unmittelbarer Umgebung. Aus Sicherheitsgründen, versteht sich.“
„Das ist eine Drude?“
„Nicht einmal näherungsweise, mein lieber Mr. McMullen. Nicht einmal näherungsweise. Dennoch wird die Defloration von Jungfrauen in diesem Lande immer wieder gern praktiziert, ganz besonders in ländlichen Gebieten.“
Einen Augenblick später war der schattenhafte Mann verschwunden. Ian fiel ein, dass er ihn nicht nach den Energielinien gefragt hatte. Stattdessen hatte er der eleganten, schmalen Gestalt nachgeblickt, wie sie mit der Dunkelheit verschmolz, und hatte dabei eine Art unerklärlichen Abschiedsschmerz gespürt.
„Verdammt.“
Kapitel 22
„Liebster, ein oder zwei Wochen bei meiner Tante auf dem Lande werden ihr guttun. Wirklich. Das musst du mir glauben.“ Frau Lybrattes schöne grüne Augen hielten den ärgerlichen Blick ihres Mannes fest. „Sie war in letzter Zeit so übernervös. Immer diese
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