Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
zugeben, dass sie Des für seinen unerschütterlichen Glauben trotz ihrer Zweifel bewunderte.
»Die Hitze hält die Einheimischen nicht davon ab, etwas zuunternehmen«, sagte Will. »Es gibt hier mehrere Veranstaltungen im Jahr.«
»Was für Veranstaltungen?« Erin wurde neugierig.
»Da gibt es den Opal Cup, ein Pferderennen, das jedes Jahr im Januar stattfindet, und ein Reiterfest. Die Leute bringen extra dafür ihre Stockhorses in die Stadt, obwohl diese Gebrauchspferde eigentlich nicht an dem Rennen teilnehmen dürfen. An dem Tag finden auch Kamelrennen, Ziegenrennen, ja sogar Eidechsenrennen statt. Da haben alle immer viel Spaß. Und im April gibt es eine Art Marathonlauf nach Breakaways. Das ist ein großer Zuschauermagnet, er bringt viel Geld in die Stadt.«
Breakaways, so hatte sich Erin erzählen lassen, war eine ganz einzigartige Gegend etwa zwanzig Meilen von Coober Pedy entfernt. Von den Hügelkuppen aus hatte man über Hunderte von Meilen einen herrlichen Blick auf die Umgebung. Eine beeindruckende Pflanzenvielfalt fand sich am Fuß der Hügel, vor Millionen von Jahren war dort einmal ein Binnenmeer gewesen. Die Region hatte eine besondere Bedeutung für die Aborigines.
»Im Mai richten wir eine Edelsteinausstellung aus«, fügte Will hinzu. »Eine sehr interessante Veranstaltung. Aus ganz Australien reisen Opalkäufer an.«
»Vergessen Sie nicht den Ball, der nach dem Pferderennen in der Kneipe stattfindet«, mischte sich Des ein.
»Wegen des Frauenmangels in der Stadt ist das keine sonderlich aufregende Veranstaltung«, warf Will ein.
»Was sagen Sie denn da? Vergangenes Jahr hatten wir jede Menge tolle Bienen da«, rief Des.
»Männer, die sich als Frauen verkleiden, zähle ich nicht mit.«
Will war wieder einmal peinlich berührt, als Erin große Augen machte.
»Wieso denn nicht?«, fragte Des empört. »Wenn man ein paar Bier intus hat, sind manche von denen ganz passabel, sogar attraktiv!« Er lachte. »Für den nächsten Ball rasiere ich mich und leihe mirein Kleid. Ich habe eine prima Figur, um die würde mich manche Frau beneiden.« Er stand auf und posierte wie ein Fotomodell.
»Mal ehrlich, Des. Du gäbst eine echt hässliche Biene ab«, sagte der Mann neben ihm und verzog das Gesicht zu einer Grimasse.
»Ja, wohl wahr«, sagte ein anderer. »Selbst wenn ich ein ganzes Fass leer gesoffen hätte, würde ich dich nicht mit dem Hintern angucken.«
Entrüstet setzte Des sich wieder. »Das werden wir dann ja sehen, Kev«, sagte er lachend.
Jetzt dauerte es nicht mehr lange, bis die Vorstellung begann. Erin dachte auf einmal an die Kinos in London mit ihren weichen Ledersitzen, den Teppichböden, den Kristalllüstern und den kostbaren Samtvorhängen. Vor allem das Astoria auf der Charing Cross Road, das Platz für zweitausend Zuschauer bot, hatte sie geliebt, und das Windmill im Londoner West End, das früher Palais de Luxe geheißen hatte und sechshundert Zuschauer fasste. Das Open-Air-Kino von Coober Pedy ließ sich damit natürlich nicht vergleichen, doch Erin musste zugeben, dass sie gerade etwas Einzigartiges erlebte. Als der Schatten eines hüpfenden Kängurus auf der angestrahlten weißen Leinwand zu sehen war, schienen London und ihr erbärmlicher Hochzeitstag auf einmal Lichtjahre entfernt zu sein.
Die Lichter erloschen, der Film begann, und fast sofort vergaß Erin, dass sie im Freien saß. Es war ein besonders heißer Tag gewesen. Nun kühlte die Luft sich ab, und ein leichter Wind kam auf, was sehr angenehm war.
Der Film hatte gerade begonnen, als ein Minenarbeiter Will auf die Schulter klopfte. »Sie werden auf dem Eight Mile Field gebraucht«, sagte er besorgt.
»Was ist denn los?«, flüsterte Will. Er ärgerte sich, denn er hatte sich auf den Film gefreut, und er war offiziell nicht im Dienst.
»Drago Milesovic beschuldigt Harry Cornish, ihn betrogen zu haben.«
»Ich kümmere mich später drum«, sagte Will.
Betrugsvorwürfe kamen regelmäßig vor, das wusste Erin schon. Will schien sich also nicht sehr zu sorgen.
»Aber Drago droht damit, Harry zu erschießen«, drängte der Minenarbeiter. »Er fuchtelt mit seiner Waffe herum und ängstigt die Männer, die noch bei ihren Claims sind.«
»Ach je!« Will wandte sich Erin zu. »Tut mir leid. Ich muss mich darum kümmern, ehe noch einer umgebracht wird. Drago ist der Typ, der zuerst schießt und danach Fragen stellt. Ich bin so bald wie möglich wieder da.«
»Ich komm schon klar«, sagte Erin
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