Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Armaturenbrett.
»O mein Gott, Marlee, bist du verletzt?«, rief Jonathan panisch.
»Nein, ich hab mir nur ein bisschen wehgetan«, antwortete sie mit vor Schreck geweiteten Augen.
»Zum Glück sind wir nicht schnell gefahren.«
Jonathan nahm die Kleine tröstend in den Arm, dann stieg er aus dem Oldsmobile und besah sich den Schaden.
»Wir sind in ein Schlagloch gefahren«, erklärte er Marlee.
Er rechnete mit einem Platten und war erleichtert, als er sah, dass der Reifen noch intakt war. Jonathan stieg wieder ein und versuchte, den Wagen nach vorn und dann zurück zu fahren, er rührte sich jedoch nicht von der Stelle. Er beschloss, unter dem Wagen nachzusehen, und entdeckte zu seinem Schrecken einen großen, scharfkantigen Steinbrocken, der aus dem Schlagloch herausragte und sich unter dem Wagen verkeilt hatte. Was noch schlimmer war, der Steinbrocken hatte die Unterseite des Kühlers aufgerissen, Wasser lief heraus.
»Mist«, brummelte Jonathan. Er überlegte, ob er das kostbare Wasser irgendwie auffangen konnte, aber es fiel ihm keine Möglichkeit ein. Es versickerte sofort im Sand.
»Was ist denn los, Jono?«, fragte Marlee. Sie reckte den Kopf aus dem Fenster und kniff die Augen zusammen, um sie vor der unbarmherzigen Sonne zu schützen.
»Irgendwas am Wagen ist kaputt«, antwortete Jonathan.
»Reparierst du das jetzt?«
»Ich weiß nicht, ob ich das kann«, gestand Jonathan besorgt.
Seit sie vom Stuart Highway abgefahren waren, hatten sie kein anderes Auto gesehen, er nahm also an, dass nicht viele Leute diese Straße benutzten. Das hieß, sie könnten eine ganze Weile feststecken. Wenn sie Lebensmittel und Wasser rationierten, hätten sie vielleicht genug für zwei Tage, mehr aber nicht.
Bald brach die Nacht herein, also schlugen Jonathan und Marlee am Straßenrand ihr Lager auf. Die ganze Zeit dachte Jonathan darüber nach, wie er das Auto reparieren könnte. Eine Schaufel hatte er nicht dabei, er konnte also nicht die Erde um den Wagen herum ausgraben und versuchen, den Steinbrocken dann fortzubewegen. Doch auch wenn er das gekonnt hätte, sah er keine Möglichkeit, das Loch im Kühler zu flicken. Er überlegte, ob sie in Richtung Curtin Springs zu Fuß gehen sollten, man hatte ihm gesagt, er könne dort Lebensmittel und andere Vorräte kaufen, es gab dort also offenbar eine Siedlung. Doch Mick Huxley hatte ihm eindringlich geraten, aus Sicherheitsgründenbeim Wagen zu bleiben, wenn sie eine Panne hatten, und auf Hilfe zu warten. Er hatte ihm gruselige Geschichten über Leute erzählt, die umgekommen waren, weil sie das Auto verlassen hatten. Außerdem konnte er kaum von Marlee erwarten, gut fünfzig Meilen zu marschieren, und er würde sie ganz bestimmt nicht allein lassen.
Nach einer schlaflosen Nacht machte Jonathan sich beim ersten Morgenlicht auf die Suche nach einem starken Ast. Er wollte versuchen, das Ende mit seinem Messer zu schärfen, um den Ast zum Graben benutzen zu können. Marlee wollte helfen, also sagte er ihr, was er brauchte. Zu seiner großen Überraschung war sie es, die ein geeignetes Stück Holz fand. Und dass sie gleich noch Buschpflaumen entdeckt hatte, freute sie sehr.
Jonathan kannte die seltsamen Früchte nicht, und er machte sich Sorgen.
»Die Pflaumen sind gut. Mommy und ich haben sie ständig gegessen. Du kannst ruhig eine probieren«, ermutigte Marlee ihn.
Sie lachte, als Jonathan ihren Vorschlag beherzigte und das Gesicht verzog, weil die Frucht so bitter war. Doch er musste zugeben, dass es eine schöne Abwechslung war, mal etwas Frisches in den Magen zu bekommen.
Mit dem Stock versuchte Jonathan nun, um das Vorderrad des Oldsmobile herum eine Art Graben zu schaufeln, allerdings mit geringem Erfolg. Unter dem pulvrigen Staub befanden sich harter Lehm und Steine. Bald hatte er Blasen an den Händen, und der Ast brach. Er war zu kurz, um ihn weiter zu gebrauchen.
Jonathan war aufs Äußerste besorgt. Die Möglichkeit, dass die erhoffte Hilfe zu spät käme, verdrängte er, warf sich jedoch vor, dass er Marlee auf eine Reise mitgenommen hatte, die ihr Leben in Gefahr bringen konnte, obwohl sie so gänzlich unbesorgt war und sich in dieser trostlosen Umgebung sogar wohlzufühlen schien. Er musste sie immer wieder ermahnen, sich nicht zu weit vom Wagen zu entfernen.
Jonathan öffnete die Motorhaube des Oldsmobile. Am Motorblock vorbei hatte man eine gute Sicht auf den am unteren Rand des Kühlers verkeilten Steinbrocken. Er starrte auf den Motor und den
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