Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
Stadt. Alle verdienen eine zweite Chance auf ein gutes Leben, Erin. Meinen Sie nicht?«
Erin nickte, und wieder quoll ihr Herz über vor Liebe zu Jonathan. Er hatte Mitleid mit Carol-Ann empfunden, und das aus gutem Grund.
Die nächsten beiden Tage waren fürchterlich. Ohne Cornelius und ohne Marlee wirkte das Haus wie ein Mausoleum. Jonathan machte sich Sorgen um Marlees Gemütsverfassung und um ihr Wohlergehen. Immer wieder tröstete Erin ihn damit, dass es ihr gut ging und dass sie wahrscheinlich ganz vergnügt war. Doch selbst in ihren eigenen Ohren klangen ihre Worte schal, und leider wusste Jonathan genau, wie sie sich fühlte. In der Stadt erkundigte er sich nach Bojan. Keiner wusste, was er vorhatte, und die, die es wussten, hatten zu viel Angst, um zu reden. Anscheinend war er noch nicht nach Coober Pedy zurückgekehrt.
»Ich möchte gern in die Stadt und mir ein paar Kunstwerke ansehen«, sagte Erin am folgenden Morgen zu Jonathan. »Würden Sie mich begleiten?«
»Klar«, antwortete er, froh um jede Gelegenheit, aus dem Haus zu kommen.
Auf der Todd Street gab es eine Kunstgalerie. Erin wollte sich die Ausstellung dort ansehen.
»Dann werde ich nachschauen, ob ich Jirra Matari auf dem Polizeirevier antreffe. Ich möchte sehen, ob er irgendwelche Neuigkeiten über Marlee hat«, sagte Jonathan.
In der Galerie kam Erin mit einem Mann namens Felix Stowe ins Gespräch. Er prahlte damit, die Kunstgalerie eröffnet zu haben, um Aborigine-Künstlern zu helfen, ihre Werke zu verkaufen. Doch Erin gewann den Eindruck, dass er die Künstler für ein sehr geringes Honorar arbeiten ließ und selbst einen ordentlichen Profit machte. Sofort verspürte sie eine große Abneigung dem Galeristen gegenüber. Er redete mehr als abfällig über die Aborigines. Sie empfand es als Schande, wie er sie ausbeutete.
Felix Stowe bedrängte Erin, von ihm zu kaufen, aber statt etwas über die Forsyth-Galerien in London und über ihr beachtliches Wissen über Kunst preiszugeben, gab sie sich unwissend und desinteressiert. Als er merkte, dass ein anderer potenzieller Käufer mehr Interesse zeigte, ließ er Erin schnell stehen.
Sie verließ die Galerie und ging zu einer der Aborigines, die auf einer Grünfläche draußen malten. »Mir gefallen Ihre Arbeiten«, sagte sie zu der Künstlerin. »Aber ich möchte nicht von Felix kaufen, sondern direkt von Ihnen.«
Die Frau sah Erin an, als wüsste sie nicht, ob sie ihr glauben sollte oder nicht.
»Haben Sie noch mehr Bilder?«, fragte Erin und sah sich vorsichtig um, weil sie nicht wollte, dass Felix sie mit der Frau sprechen sah.
»Ja, Missus«, antwortete die Aborigine.
Erin schrieb ihre Anschrift unauffällig auf ein kleines Stück Papier. »Bringen Sie die Bilder später bitte zu mir nach Hause«, sagte sie. »Und erzählen Sie Felix nichts davon. Ich bezahle Sie gut.«
»He«, hörte sie da eine ihr bekannte Stimme. »Wollen Sie hier Kunstwerke kaufen?« Es war Will. Er hatte sie mit der Aborigine sprechen sehen. »Ich bezweifle sehr, dass das, was diese ›Künstler‹ verkaufen, Ihren Ansprüchen genügt.«
»Ich ziehe es in Erwägung«, antwortete Erin ausweichend. Sie ärgerte sich über seine Einstellung.
»Ist Ihr Onkel abgereist?«
»Ja«, erwiderte Erin.
Will war alles andere als glücklich damit, dass Erin jetzt mit Jonathan allein in dem hübschen gemieteten Haus wohnte. »Ich habe Ihrem Onkel gesagt, dass Sie meiner Meinung nach in einem der Hotels sicherer wären als in einem Haus am Stadtrand«, sagte er. »Ich empfehle Ihnen dringend, sich das Umziehen zu überlegen.«
Erin glaubte, Wills Tonfall eine Spur Missbilligung zu entnehmen. Und sie wusste auch, warum das so war. Will passte es nicht, dass sie allein mit Jonathan in dem Haus wohnte. »Ich fühle mich wohl da, wo ich bin«, erwiderte sie stur. »Es ist ja nur noch für ein paar Tage.«
Will wollte sie nicht bedrängen, denn er sah deutlich, dass Erin nicht leicht umzustimmen wäre. Er hatte gehofft, er würde sie von ihrem Plan, nach England zurückzugehen, abbringen können, aber solange Jonathan Maxwell in der Nähe war, würde ihm das nicht gelingen.
»Einer der jungen Constables auf dem Revier gibt heute Abend eine Party, und ich bin eingeladen. Ich hatte gehofft, Sie würden mich begleiten. Angus feiert seinen ersten Hochzeitstag, und es heißt, seine Frau sei ganz reizend.«
»Danke, Will, nein danke«, sagte Erin. Sie war entschlossen, Will nicht länger hinzuhalten und ihm keine falschen
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