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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Moment kam Marlees Tante mit ihren zwei kleinen Mädchen zu ihnen. Sie nahm Marlee an die Hand, hob ihre Tasche mit Kleidung auf und führte sie weg.
    »Trag deinen Hut in der Sonne«, rief Erin. Es war dumm, so etwas zu sagen, aber es war einfach aus ihr herausgekommen.
    Über die Schulter schaute Marlee zurück. Sie gab sich alle Mühe, tapfer zu sein. Jonathan konnte nur daran denken, dass sie keine Mutter und auch keinen Vater mehr hatte, und jetzt verließ auch er sie noch. Wie viel konnte solch ein kleines Mädchen aushalten? Nur mühsam holte er Luft.
    »Vielleicht sollte ich sie einfach nach England mitnehmen«, flüsterte er Erin zu. Am liebsten wäre er ihr nachgelaufen und hätte sie in seine Arme gerissen.
    »Eines Tages vielleicht, Jonathan. Wir dürfen sie nicht in Gefahr bringen. Nur hier bei ihrer Familie ist sie im Moment in Sicherheit.« Tief in ihrem Herzen war Erin überzeugt, dass Marlee zu Jonathan gehörte, sie hatte jedoch solche Angst um sie beide. »Sie tun das Richtige, Jonathan«, versuchte Erin ihn zu trösten. »Ich weiß, es fühlt sich nicht so an für Sie, aber es stimmt.«
    In diesem Augenblick wünschte Erin, sie könnten alle zusammenbleiben. So glücklich wie seit dem Tag, als Jonathan und Marlee in ihr Leben getreten waren, war sie noch nie gewesen. Jonathan war der wunderbarste Mann, der ihr je begegnet war, und auf einmal wusste sie, dass er einen Platz in ihrem Herzen eingenommen hatte, einen großen Platz sogar. Sie hatte sich in ihn verliebt, das konnte sie nun endlich zugeben. Doch er liebte eine andere, seine zukünftige Frau. Liza musste die glücklichste Frau auf der Welt sein.

31
    Schweigend gingen Jonathan und Erin nebeneinander her. Bald fielen sie hinter Jirra Matari, der sehr lange Beine hatte und weit ausschritt, zurück. Jonathan rief ihm zu, er solle ohne sie weitergehen, denn schließlich konnten sie sich ja nicht verirren, wenn sie dem ausgetrockneten Bett des Todd River folgten.
    Erin und Jonathan ließen die Köpfe hängen, ihre Herzen lagen schwer wie Ziegelsteine in ihrer Brust. Erin versuchte, die Tränen zurückzuhalten, weil sie wusste, Jonathan würde sich noch schlechter fühlen, wenn sie ihre Traurigkeit so zeigte. Sie spürte deutlich, dass er seine Gefühle kaum unter Kontrolle hatte.
    Als sie schließlich das Haus erreichten, trafen sie Cornelius dabei an, wie er seinen Koffer packte.
    »Wo willst du hin, Onkel Cornelius?«, fragte Erin perplex. »Ist etwas passiert?«
    »Ich fahre nach Broome«, sagte er aufgeregt. »Der Mann, von dem ich dir erzählt habe, macht sich heute schon auf den Weg nach Western Australia. Es sind mehr als tausend Meilen bis zur Küste, und wir werden uns mit dem Fahren abwechseln. Du hast doch nichts dagegen, oder?« Will hatte versprochen, nach ihr zu sehen, und er war sicher, dass auch Jonathan gut auf sie aufpassen würde.
    »Nein«, antwortete Erin. »Fahr du nur, Onkel Cornelius.«
    »Wo bist du gewesen?«, fragte er. »Du siehst so niedergeschlagen aus.« Er war spazieren gewesen, als die beiden das Haus verlassen hatten. Und Erin hatte ihm keine Nachricht hinterlassen. »Und wo ist Marlee?« Er mochte die Kleine so sehr, ihr Lächeln erhellte jeden Tag, und der Klang ihres ansteckenden Lachens brachte Leben ins Haus.
    »Wir haben sie zu ihrer Aborigine-Familie gebracht«, antwortete Erin traurig. Sie warf Jonathan einen Blick zu, doch er wandte sich ab und ging nach draußen vors Haus auf die Veranda.
    Cornelius traf die Nachricht hart. »Ihr habt sie wirklich bei ihr gelassen?«
    »Ja. Tut mir leid, dass du dich nicht mehr von ihr verabschieden konntest, Onkel Cornelius, aber Will und Jirra Matari, der Aborigine-Übersetzer, tauchten unerwartet hier auf, also mussten wir sofort los.«
    »Wie bitterschade, dass es so weit kommen musste«, sagte Cornelius aufgewühlt. »Ich weiß, es ist schwierig für Jonathan, ohne die Unterstützung einer Frau die Rolle ihres Vaters zu übernehmen, Marlee schien dennoch so glücklich bei ihm zu sein.«
    »Es wäre ihm womöglich leichter gefallen, wenn er eine Frau hätte, die bereit wäre, für Marlee eine Mutter zu sein.«
    »Er hat doch eine Verlobte, oder?«
    »Ja. Es ist vielleicht immer noch möglich, dass sie eines Tages alle drei eine Familie werden«, erwiderte Erin, die an ihren Worten beinahe erstickte. Sie holte tief Luft, um den Schmerz in ihrem Herzen zu lindern. »Fürs Erste ist sie sicherer bei ihrer Aborigine-Familie.«
    Cornelius nickte. »Ich werde sie und

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