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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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sagte Marlee und sah flehentlich zu ihm auf.
    Jonathan wunderte sich nicht darüber, dass sie seinen Worten nicht traute. »Ich weiß, das hätte ich jedoch tun sollen«, sagte er schuldbewusst. »Diesmal verlasse ich dich nicht, Ehrenwort.« Er nahm einen Schluck Wasser, und sie machten sich wieder auf den Weg.
    Jonathan und Marlee waren eine ganze Weile gegangen, als sie in der Ferne einen Aborigine auf sich zukommen sahen. Marleewurde wieder müde, also nahm Jonathan sie hoch. Sie schlang die Beine um seine Taille und legte den Kopf an seine Schulter. Der Aborigine war offensichtlich ein Fährtenleser, denn er suchte den Boden nach Spuren ab. Als er Jonathan und Marlee sah, hielt er den Blick auf sie geheftet, bis er näher herangekommen war.
    »Hallo«, sagte Jonathan, als der andere nahe genug war, um ihn zu hören.
    Der Aborigine schaute ihn mit finsterem Blick an und sagte etwas, das Jonathan nicht verstand. Er deutete aggressiv auf Marlee. Jetzt erkannte Jonathan, dass er zu ihrer Familie gehörte. Er war sicher, dass der Mann die Kleine gesucht hatte.
    »Sie ist zu mir zurückgekommen«, versuchte er zu erklären, obwohl er wusste, dass es unwahrscheinlich war, dass der andere ihn verstand. »Es war seltsam für sie, bei Verwandten gelassen zu werden, die sie nie zuvor gesehen hatte.«
    Der Aborigine war jung, jedoch ziemlich einschüchternd. Er war größer als Jonathan, hatte lange, muskulöse Beine, eine breite Nase und zerzaustes, lockiges Haar. Er gestikulierte mit seinen Händen und redet auf Jonathan ein, dann wollte er ihm Marlee aus den Armen nehmen.
    Jonathan machte einen Schritt zurück und hielt Marlee fest. »Nein, ich halte sie«, sagte er schützend.
    Verängstigt klammerte sich Marlee an ihn.
    »Wir gehen da lang«, sagte Jonathan und deutete in die Richtung, aus der der Aborigine gekommen war.
    Er lief voraus, und der Mann folgte ihm. Jonathan spürte die Hitze des Flusssandes selbst durch die Sohlen seiner Schuhe hindurch, und der Sand war außerdem übersät mit Steinen. Der Aborigine ging dennoch barfuß. Er trug nur eine Art Lendenschurz, seine Haut glänzte in der Sonne. Jonathan wandte sich immer wieder um, den Blick auf das Messer gerichtet, das der Mann mit einer Lederschnur um die Taille gebunden hatte.
    Etliche Meilen weit folgten sie dem ausgetrockneten Flussbett. Marlee war nicht schwer, jedoch groß für ihr Alter, sie längereZeit zu tragen, ob auf den Armen oder auf den Schultern, strengte an. Immer wieder ließ Jonathan sie gehen, um sich auszuruhen, dabei hielt er sie fest an der Hand. Gegen Mittag waren sie so erschöpft, dass sie beide eine Pause brauchten.
    »Ich hab Durst«, beschwerte sich Marlee.
    Jonathan blieb unter einem schattenspendenden Baum am Ufer stehen. Er hatte zwei Flaschen mit Wasser mitgenommen, aber die waren beinahe leer, obwohl er das Wasser rationiert hatte. Sie setzten sich, und Jonathan gab Marlee, was vom Wasser noch übrig war. Der Aborigine wurde bald schon unruhig. Er begann, in seiner Sprache herumzubrüllen, und Jonathan hatte Angst, dass er gleich nach seinem Messer greifen würde. Als Marlee sich an Jonathan klammerte, versuchte der Mann, sie ihm zu entreißen. Die Kleine schrie, und Jonathan sprang auf.
    »Lassen Sie sie in Ruhe«, sagte er und stellte sich zwischen Marlee und den Aborigine. »Wir müssen uns ausruhen. Wir sind erschöpft.«
    Plötzlich hörten sie Rufe. Ein älteres Aborigine-Paar näherte sich. Sie begannen eine hitzige Debatte mit dem Fährtenleser. Dann wandte sich der ältere Mann an Jonathan.
    »Was macht weißer Mann mit diese Kind?«, fragte er und deutete auf Marlee.
    »Oh, Sie sprechen Englisch«, sagte Jonathan erleichtert. Jetzt konnte er sich endlich verständlich machen.
    »Ja, bisschen. Was Sie machen mit ihr?«
    »Marlee ist mein Mündel.«
    Der Mann legte den Kopf auf die Seite. »Was das heißen?«
    »Es heißt, ihre Eltern sind tot, und ich bin verantwortlich für sie.«
    »Beide Eltern tot?«
    »Ja«, antwortete Jonathan und sah Marlee an. »Vor ein paar Tagen habe ich sie zur Aborigine-Familie ihrer Mutter gebracht, aber sie ist weggelaufen und zu mir zurückgekommen. Also bringe ich sie wieder hin.«
    Traurig schaute Marlee zu ihm auf, und er drückte ihr tröstend die Hand.
    Der Mann schien das gutzuheißen. Er übermittelte dem Fährtenleser, was Jonathan gesagt hatte. Es entspann sich erneut eine Diskussion, begleitet von aggressiven Gesten vonseiten des Fährtenlesers. Die Frau musterte Marlee

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