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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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Beine. Sie teilten sich das bisschen Essen, das Willy noch übrig hatte. Danach stiegen sie gleich wieder auf die knurrenden Kamele und brachen zur letzten Etappe auf. Die Luft war fast unerträglich trocken, Erleichterung brachte erst die Abenddämmerung. Aber schon bald wurde es sehr kalt. Die Extreme im Outback erstaunten Erin. Sie würde sich noch an vieles gewöhnen müssen.
    Und schließlich rief Willy, der auf dem Leittier saß, Coober Pedy sei nicht mehr weit. Erin kniff die Augen zusammen. Sie konnte keine Lichter sehen, auch nicht die Silhouetten von Häusern. Kurze Zeit später blieb Willy dennoch schon stehen.
    »So, da wären wir!«, rief er.
    Um sie herum war es stockfinster, Wolken hatten sich vor denMond geschoben. »Am Opal Hotel?«, fragte Erin. Sie schaute ungläubig. »Ich dachte, Sie hätten gesagt, das Hotel sei in der Stadt.« Sie erkannte weder ein Gebäude, das nach einem Hotel aussah, noch irgendwelche Fahrzeuge.
    »Wir sind in der Stadt«, erwiderte Willy.
    Erin kniff die Augen zusammen. Sie erkannte nur einen Eingang, über dem ein großes Schild hing. »In der Stadt?« Erin wusste nicht, was sie sich vorgestellt hatte, aber ihre Enttäuschung war kaum zu überhören.
    »Der größte Teil der Stadt liegt unter der Erde«, erklärte Willy. »Das ist praktisch, wegen der Hitze. Sogar im Winter bleibt die Temperatur unter der Erde konstant.«
    Erin war verwirrt. Die Minenarbeiter wohnten tatsächlich in ihren Minen? War es das, was Willy ihr gerade klarmachen wollte?
    »Vorsicht, die Tiere knien sich jetzt hin. Sie müssen sich gut festhalten«, sagte Willy. »Husch!«, rief er dann wieder.
    Erin klammerte sich erneut an den Sattel, als die Kamele sich unter Knurren und Grummeln auf die Knie sinken ließen. Sie war froh, dass sie lange Hosen trug, ihr Abstieg hatte die Eleganz eines Betrunkenen, der aus einer Kneipe stolperte, und hier in der Stadt beobachtete sie vielleicht jemand. Erin konnte kaum glauben, wie steif ihre Beine waren und wie ihr Gesäß schmerzte, das wollte sie jedoch lieber nicht sagen. Es war allerdings zu spät! Willy lachte wieder einmal über sie. Er dachte sich wohl seinen Teil.
    Willy und Cornelius stiegen ebenfalls von ihren Tieren und luden gleich die Koffer ab. Willy ging ihnen voraus zum Hoteleingang. Drinnen brannte Licht, man hörte Männerstimmen, sicherlich von der Bar.
    Kaum waren sie eingetreten, erregten die Wände Erins Aufmerksamkeit. »Ist das Haus ganz aus Stein gebaut?«, fragte sie erstaunt.
    »Das hier ist kein Haus. Wir sind in einem Hügel«, antwortete Willy.
    »In einem Hügel?«
    Erin schaute sich um. Eine Ecke war mit Damenunterwäsche in allen Formen, Farben und Größen dekoriert. Ungläubig sah sie ihren Onkel an. Die Unterwäsche hatte auch seine Aufmerksamkeit erregt, aber im Gegensatz zu ihr lächelte er nur. Vergnügt nahm Willy die unterschiedlichen Reaktionen der beiden zur Kenntnis.
    »Viele Männer hier haben monatelang keine weibliche Gesellschaft«, erklärte Willy. »Manchmal jahrelang. Außer, man denkt an die …« Abrupt brach er ab. Er wollte offenbar lieber nicht aussprechen, was er im Sinn hatte.
    Fragend musterte Erin den Kameltreiber. Wäre sie in guter Verfassung gewesen, hätte sie wohl geahnt, was gemeint war.
    »Die meisten haben eine Ehefrau in England oder in einer größeren Stadt irgendwo in Australien«, fuhr Willy fort. »Die Trennung ist schwer zu ertragen, und die Einsamkeit hier auch. Mit den Sachen da halten sie sich bei Laune. Es mag ja nur Unterwäsche sein, aber sie erinnert die Männer daran, dass sie noch am Leben sind.«
    »Wo kommen die Sachen denn her?«, fragte Erin, die nicht gerade viel Verständnis für diese Geschichte aufbringen konnte.
    »Von Besuchern. Nicht dass wir viel Damenbesuch hätten. Es hat Jahre gedauert, das alles zu sammeln.«
    Erin war schockiert. Eine anständige Frau stellte ihre Unterwäsche nicht zur Schau. »Ich würde so etwas nie tun«, rief sie empört.
    Willys Mund verzog sich zu einem breiten Grinsen. Als er Erins Gesichtsausdruck sah, wurde er jedoch schnell wieder ernst. Sie hielt die Idee offensichtlich für grotesk, denn sie drehte sich weg.
    Erin spürte plötzlich, wie erschöpft sie war. Ihr Magen grummelte, ihr war nicht gut. Der Schwanz eines toten Kamels und eine Auswahl an Damenunterwäsche an der Wand eines Hotels, das sich in einem Hügel befand, waren da keine große Hilfe.
    In diesem Moment wurde die Tür zur Bar geöffnet. Ein Mann kam heraus, um sie zu

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