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Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman

Titel: Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bastei Lübbe
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anderem, aber er hatte kaum die Kraft, eine Unterhaltung zu führen.
    »Nicht alle Touristen sind so vernünftig und bleiben an dem verabredeten Ort. Hier sind jede Menge Gräber, die das bezeugen«, fügte der Kameltreiber hinzu. Dann brüllte er: »Husch!«
    Sein Kamel beklagte sich heftig grummelnd, dann gehorchte es, ebenso wie die drei anderen, die hinterhergetrottet kamen.Fasziniert sah Erin zu. Sie fand, die Kamele hörten sich furchterregend an.
    »Wir sind keine Touristen«, rief Cornelius dem Kameltreiber empört zu. Er war zu müde und zu durstig, um diplomatisch zu sein. »Wir sind Juwelenhändler.«
    »Oh«, rief der Kameltreiber und sprang aus dem Sattel, mit einer Energie, die eher zu einem Jüngeren gepasst hätte.
    Cornelius schätzte den Mann auf Mitte sechzig, wenn nicht gar siebzig Jahre. Als Erstes fiel ihm auf, dass er sich seit mindestens zehn Jahren nicht mehr rasiert hatte. Sein langer Bart schimmerte silbern im Mondlicht. Er trug einen zerbeulten Hut, der aussah, als ob er ihn nicht einmal in der Nacht abnähme. Seine Beine, die in verblichenen Shorts steckten, waren bedeckt mit einem Flaum weißer Haare. Trotz seines Alters machte er den Eindruck, als wäre er zäh wie ein altes Stück Leder. Cornelius sah Erin an. Sie schien dasselbe zu denken wie er.
    Ein schwacher Windstoß wehte zu ihnen herüber und mit ihm der Geruch nach abgestandenem Schweiß und Tierkot. Das war äußerst unangenehm, gleichzeitig war es wundervoll, einen anderen Menschen zu Gesicht zu bekommen.
    »Haben Sie vielleicht etwas Wasser für uns?«, fragte Cornelius. »Wir haben furchtbaren Durst.«
    »Ja, klar«, antwortete der Mann. Er zog zwei Feldflaschen aus seiner Satteltasche und hielt sie ihnen hin. »Trinken Sie, so viel Sie mögen. Ich habe genug Wasser dabei.«
    Als der Kameltreiber ihnen den Rücken zukehrte, sahen sie, dass er die Haare zu einem langen Pferdeschwanz gebunden hatte. Bei jedem anderen hätte das merkwürdig ausgesehen, zu seiner exzentrischen Art passte es jedoch irgendwie.
    Cornelius und Erin tranken durstig. Nie hatte ihnen Wasser so gut geschmeckt.
    »Ich bin Willy Wilks«, sagte ihr Retter. »Davo bat mich, herzukommen und Sie abzuholen, weil sein dummer Truck mal wieder nicht anspringen wollte.«
    »Davo?« Cornelius war zu erschöpft, um zu begreifen, wer damit gemeint sein konnte. Auch er stand jetzt auf. Er war ganz steif vom langen Sitzen.
    »Cyril Davidson vom Opal Hotel in Coober Pedy. Sie haben ihm doch ein Telegramm geschickt, oder?«
    »Ach so, ja, aber wir sind schon seit Stunden hier. Er hätte doch wissen müssen, dass der Zug am Vormittag an der Station ankommt. Wir haben angenommen, dass er uns hier erwartet.«
    »Das war auch so geplant. Nur ist etwas dazwischengekommen. Davo und ein paar Jungs aus dem Ort haben gestern Nachmittag versucht, den Truck wieder in Gang zu kriegen«, sagte Willy. »Als er nicht ansprang, hat Davo Mick Huxley gebeten, mich anzufunken, nachdem der Pub abends geschlossen hatte. Mick hat ein Funkgerät. Ich war bei Doris, einer Freundin, die einen Zweistundenritt von hier entfernt, mit dem Kamel, meine ich natürlich, eine Farm hat, und ich sollte Sie an seiner Stelle abholen. Als Mick aus dem Pub rauskam, hatte er leider ganz schön was intus. Wenn Mick zu tief ins Glas guckt, macht sein Orientierungssinn nicht mehr mit. Irgendwie ist er auf Boot Hill gelandet und eingeschlafen.«
    »Boot Hill?«
    »Ja, Boot Hill, das ist der Friedhof im Ort. Da hat er sicher nicht zum ersten Mal geschlafen. Einmal hätte er Bertie Hobson fast zu Tode erschreckt, als der das Grab von seiner Nellie besuchte. Bertie legte gerade Blumen darauf, als er aus dem Augenwinkel heraus eine Bewegung wahrnahm. Mick war aufgewacht, da, wo er eingeschlafen war, auf dem Grab von Vaselko Bujuvic. Als er sich aufsetzte, hätte sich der arme alte Bertie beinahe zu Nellie ins Jenseits gesellt. Na, jedenfalls glaube ich nicht, dass Mick so schnell wieder auf dem Friedhof liegt, es sei denn, sie begraben ihn. Er ist übersät mit Bulldoggenameisenstichen, weil er erst irgendwann heute gegen Mittag aufgewacht ist. Dann ist er nach Hause und hat völlig vergessen, dass er mich gestern Abend eigentlich bei meiner Freundin hätte anfunken sollen.«
    »Was sind denn Bulldoggenameisen?«, fragte Erin mit weit aufgerissenen Augen. Ob es Ameisen gab, die so riesig und wild wie eine Bulldogge waren?
    »Das sind gemeine Dinger. Die werden bis zu fünf Zentimeter lang. Sie beide waren wenigstens

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