Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
war.
»Hallo, Albert«, sagte Gareth. »Ich kann mich heute doch mit dir treffen.«
In der vergangenen Woche hatte sich ihr Einkäufer und Gutachter mehrfach an seinen Vater gewandt, weil er mit ihm über den jüngsten Trend aus den USA sprechen wollte. Pop-Art, wie sich die Kunstrichtung nannte, war in Amerika der Renner.Gareth war davon nicht so angetan, hielt die Idee allerding für wert, besprochen zu werden. Er schwieg, hörte zu.
»Na gut. Nein, komm nicht in die Galerie. Treffen wir uns doch zum Mittagessen im Dorchester. Einen Tisch habe ich schon reserviert. Passt es dir um zwölf Uhr?«
Bradley konnte sein Glück kaum fassen. Sein Vater würde Lauren dabei erwischen, wie sie ihn betrog. Besser hätte es gar nicht kommen können.
Gareth legte auf. »Wolltest du was von mir, Junge? Ich muss nur noch schnell einen Anruf machen, dann bin ich für dich da.«
»Ach nein, Dad. Ich wollte dir nur sagen, dass ich kurz mal wegmuss.«
»Hast du eine Lieferung für Phil?«
»Ja. Ich sehe dich dann später.«
Natürlich wusste Bradley längst, wo Lauren wohnte. Er fuhr direkt zu ihrer Wohnung in Paddington, weil er sehen wollte, ob sie schon zu Hause war. Wie er erwartet hatte, stand ihr Wagen vor dem Haus. Er parkte in diskreter Entfernung, um zu beobachten, ob sie abgeholt wurde oder ob sie selbst ins Dorchester fuhr. Eine halbe Stunde später sah er sie herauskommen und in ihren Wagen steigen. Sie hatte sich umgezogen, trug aber wie üblich etwas sehr eng Anliegendes, Aufreizendes – ein Kleid mit passendem Blazer in Fuchsienrot und hochhackige Schuhe. Vorsichtig folgte er ihr durch London. Er war nicht überrascht, dass sie statt in einen Friseursalon in ein Dessousgeschäft ging und mit einem sehr kleinen Päckchen wieder herauskam. Bradleys Argwohn bestätigte sich einmal mehr. Lauren stieg erneut in ihren Wagen, fuhr ins Dorchester und parkte dort. Bradley sah sie mit ihrem Päckchen in der Hand das Hotel betreten. Es war kurz nach elf.
Als er endlich seinen Van geparkt hatte und ihr vorsichtig folgte, war sie nirgends mehr zu sehen. Er suchte in den Teesalons, in der Cocktailbar und der Lounge. Es ärgerte ihn, dass ersie verloren hatte, doch er konnte ja kaum die junge Frau an der Rezeption fragen, ob Lauren sich ein Zimmer genommen hatte.
Bradley setzte sich ins Hotelfoyer neben eine ausladende Palme. Er nahm eine der Zeitungen, die auf einem kleinen Beistelltisch lagen, und tat, als ob er läse. Es war nicht gerade eine originelle Idee, sich hinter einer Zeitung zu verstecken, das Foyer war hingegen der einzige Platz, von dem aus er sehen konnte, ob Lauren vielleicht in Begleitung eines Mannes die Treppe herunterkam oder das Hotel verließ. Zum Glück saßen genügend andere Leute in der Nähe, er würde also nicht weiter auffallen.
Bradley wartete eine ganze Weile, doch von Lauren war weit und breit nichts zu sehen. Sie musste oben in einem der Zimmer sein, und er befürchtete, dass sie in den nächsten Stunden nicht herunterkommen würde. Seine Uhr zeigte kurz vor zwölf, und Bradley wusste, dass es besser war zu gehen, ehe er noch seinem Vater über den Weg lief.
Gerade in diesem Moment betrat Gareth das Hotelfoyer. Er schien ganz in Gedanken, als er an seinem Sohn vorbeiging, der den Kopf wieder hinter der Zeitung vergraben hatte. Gareth ging in die Cocktailbar, die zum Speisesaal führte. Kaum zwei Minuten später traf Albert ein und betrat ebenfalls die Cocktailbar. Bradley riskierte einen Blick durch die Glastür und sah die beiden Männer den Speisesaal betreten. Sie setzten sich an einen Tisch in der Nähe des Fensters. Dort waren sie vor neugierigen Blicken durch Topfpflanzen und einer Säule geschützt, ein idealer Platz, um in Ruhe etwas zu besprechen.
Aus dem Augenwinkel heraus nahm Bradley etwas Fuchsienrotes wahr. Er drehte sich um und sah Lauren, die gerade mit der Angestellten an der Rezeption sprach. Sie hielt einen Schlüssel in der Hand. Bradley duckte sich erneut hinter seine Zeitung. Einen Moment später ging Lauren an ihm vorbei in die Cocktailbar, wo sie auf einen Barhocker glitt und sich einen Martini bestellte. Ihr Päckchen hatte sie nicht dabei, Bradley vermutete, dass sie das, was sie gekauft hatte, entweder trug oder oben in einem der Zimmergelassen hatte. Bradley konnte seinen Zorn kaum zurückhalten. Zu wissen, dass sie sich mit einem Mann traf, bestätigte seine Überlegungen, und sein Vater würde sie nun höchstwahrscheinlich hier sehen. Er hoffte bloß, dass
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