Jenseits des leuchtenden Horizonts - Roman
wolle er, dass Jonathan auch ohne ihn in seiner Mine arbeiten könne. Jonathan empfand immense Erleichterung darüber, dass er jetzt legal in beiden Minen arbeiten konnte, er fragte sich dennoch, ob Andro, was seinen Tod anging, wohl eine Vorahnung gehabt hatte.
»Das mit der Schule ist eine gute Idee«, sagte Erin. Jonathan konnte so ein paar Stunden am Tag sorglos arbeiten, eine dauerhafte Lösung war das jedoch nicht. Er war nichts weiter als ein junger Mann, der nach Coober Pedy gekommen war, weil er genug Geld verdienen wollte, um sein zukünftiges Eheleben auf einer soliden Grundlage zu beginnen. Stattdessen hatte er nun die Verantwortung für ein Waisenkind übernommen. So viel Mitleid Erin auch mit Marlee hatte, dass Jonathans Leben und seine Pläne nun völlig auf den Kopf gestellt waren, tat ihr sehr leid. »Die Arbeit in einer Mine bringt aber doch kein regelmäßiges Einkommen«, fügte sie leise hinzu. Sie war sicher, dass ihm das bewusst war, trotzdem schien er mit seinem Herzen, nicht mit seinem Kopf zu denken.
»Das ist mir in den letzten Wochen auch klar geworden«, sagte Jonathan.
»Das glaube ich gern«, erwiderte Erin entschuldigend. »Ich denke nur … Es ist schwieriger, wenn man sich noch um jemand anderen kümmern muss.«
»Ich habe einen Opal zu verkaufen, das sollte uns eine Weile über Wasser halten«, erklärte Jonathan. Er wusste, dass ihm noch eine große Aufgabe bevorstand, er hatte Liza noch nicht berichtet, was passiert war.
»Leider ist mein Onkel nicht hier. Er ist nach Andamooka aufgebrochen, um Opale zu kaufen«, sagte Erin.
»Ach.« Jonathan war sichtlich enttäuscht. »Dann gehe ich zu einem anderen Händler.«
»Nein, warten Sie. Ich tätige während der Abwesenheit meines Onkels eigenständig die Käufe«, erklärte Erin. »Er hat mir einiges beigebracht, also wenn Sie mir Ihren Opal anvertrauen wollen, sehe ich ihn mir mal näher an.«
Jonathan holte den Opal hervor, den Andro und er freigeschlagen hatten. Er hatte vor, die Steine, die unter Marlees Feldbett versteckt waren, so lange wie möglich unangetastet zu lassen, lange genug, so hoffte er, um ihre Zukunft sichern zu können. Andros und seinen besonderen Fund hatte er in ein feuchtes Tuch eingewickelt und in eine Blechbüchse gelegt. Andro hatte ihm beigebracht, dass es wichtig war, Opale feucht zu halten. Wenn der Feuchtigkeitsgehalt im Stein abnahm, war er nicht mehr so wertvoll.
»Der ist unglaublich!«, rief Erin aus, als sie den Stein aus der Dose nahm und sorgfältig begutachtete. »Bisher habe ich noch keinen Opal von solch hoher Qualität gekauft. Ich kann Ihnen ein Angebot machen, aber vielleicht möchten Sie lieber warten, bis mein Onkel zurückkommt, der natürlich viel mehr Erfahrung hat. Ihnen steht selbstverständlich auch frei, ihn einem anderen Händler zu zeigen.«
»Ich würde Ihr Angebot gern hören«, antwortete Jonathan. Erhoffte, er klang nicht allzu verzweifelt, aber Marlee zu ernähren würde kostspielig sein, und ihm war das Geld ausgegangen.
Erin ahnte Jonathans Notlage. Er war überglücklich, als sie ihm ein mehr als großzügiges Angebot machte, und schlug gleich zu.
Erin hatte an diesem Tag viel Zeit, über Jonathans prekäre Lage nachzudenken, denn es kamen nur wenige Kunden. Sie traute sich aber auch nicht, spazieren zu gehen und so vielleicht einen wichtigen Kauf zu verpassen. Die Stunden zogen sich endlos dahin, doch irgendwann war es sechs Uhr, und sie lief zur Vordertür, um abschließen, wie ihr Onkel ihr das gesagt hatte. In diesem Moment klopfte es, und Will Spender trat ein.
»Guten Abend, Miss Forsyth«, sagte er.
»Was führt Sie denn hierher, Constable?«, fragte Erin.
»Ich wollte hier nur mal nach dem Rechten sehen, wo Ihr Onkel doch nicht da ist.« Er hatte immer mal wieder ein Auge auf die Wohnung geworfen, wie er es Cornelius versprochen hatte.
»Ich hatte nur wenige Kunden, und keiner hat mir Ärger gemacht. Sie waren alle sehr höflich.«
Erin hielt einige Minenarbeiter für reichlich exzentrisch. Einer hatte ihr erzählt, er sei früher Krokodiljäger gewesen. Die meisten Narben auf seinem Körper hatte er ihr gezeigt, und zu jeder gab es eine Geschichte. Da war zum Beispiel eine furchtbare Narbe an seinem Bein, wo sich ein Krokodil festgebissen und versucht hatte, ihn in einen Seitenarm eines Flusses zu zerren.
»Ich glaube, so eine hübsche Frau haben die ewig lange nicht mehr zu Gesicht bekommen«, sagte Will.
»Hübsch! So angezogen komme ich mir
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