Jenseits des Meeres
aufgegangen, dass dieser ganz andere Gründe damit verfolgte. James hatte die Machenschaften seines Vaters genau beobachtet und daraus gelernt.
Tief in Gedanken sah er nun das schwach flackernde Kerzenlicht von der Kate. Er überquerte den Fluss, stieg vom Pferd und eilte hinein. Sein Blut kochte vor Rachedurst.
„Wo ist die Frau?“
Einer der Soldaten deutete auf den Nebenraum, und James schritt sofort hinein.
Auf einer zerschrammten Truhe stand eine einzelne Kerze. Schmutziges Leinen bedeckte einen Strohsack in der Ecke des Raums. Malcolm hielt sich einen Bierhumpen an die Lippen. An der gegenüberliegenden Wand stand Megan wie erstarrt und hielt ihren Umhang fest um sich gewickelt. Durch das offene Fenster neben ihr kam die kühle Nachtluft herein.
„James.“ Ihre Augen leuchteten kurz auf, doch als Malcolm und er miteinander sprachen, sank ihr Mut. James war offensichtlich nicht gekommen, um sie zu retten. Vielmehr war er mit dem Teufel im Bunde.
„Wir trafen eben erst ein. “ Malcolm wirkte verblüfft. „Wie konntet Ihr so rasch hier sein?“
„Ihr nahmt nicht den direkten Weg. Gewiss wolltet Ihr die Lady verwirren.“ James betrachtete Megan, und seine Erregung wuchs, was nicht nur an ihrer Schönheit lag. Vor allem reizte es ihn zu wissen, dass sie Kieran O’Mara gehörte. Wie wundervoll die Rache doch sein würde.
Megan machte einen Schritt vorwärts. „Weshalb sind wir hier, James?“
Er bedachte sie mit einem derart unverschämten Blick, dass es ihr die Schamesröte in die Wangen trieb, und schlug ihr mit dem Handrücken ins Gesicht. „Ihr seid zu unserem Vergnügen hier, Mylady.“
In Megans Kopf drehte sich noch alles von seinem Schlag. Wann war das alles aus den Fugen geraten? Und wie hatte Sir Cecils stiller und zurückhaltender Sohn zu diesem grausamen Ungeheuer werden können?
James wandte sich an Malcolm, der sie nicht weiter beachtete. „Haben die Soldaten ihre Befehle erhalten?“
„Sie wissen nur, dass sie sich endlich rächen können an demjenigen, der ihnen so lange zu entwischen vermochte.“
„Das werden wir alle können.“ James ging zur Tür und rief dem Wachhauptmann zu: „Deine Männer werden ihren Marsch wieder aufnehmen. Falls ihr unterwegs auf Dörfler trefft, die eure Anwesenheit verraten könnten, bringt sie um.“
Unschuldige Dörfler umbringen? Megan schaute von James zu Malcolm. Dieser Mann, der behauptete, ihr Verlobter zu sein, war mit den Engländern im Bunde. Das bedeutete, dass er nicht das war, was er zu sein vorgegeben hatte. Möglicherweise war ja alles gelogen, was er gesagt hatte. Sie drückte sich die Finger an die hämmernden Schläfen. Vielleicht war sie überhaupt nicht Megan MacAlpin.
Wie aus weiter Ferne hörte sie James Befehle erteilen: „Wenn ihr die Veste O’Mara erreicht habt, verbergt ihr euch so lange, bis die Hochzeitsgesellschaft in der Kapelle ist. Dann umstellt ihr das Gebäude und wartet auf mein Signal zum Angriff.“
Angriff? Auf die Hochzeitsgesellschaft? Megan stockte der Atem. „Ihr wollt Euren eigenen Vater angreifen lassen?“
„Närrin. Das gehört doch zum Plan meines Vaters.“ James stand an der Tür und beobachtete, wie die Soldaten aus der Kate marschierten und dann aufsaßen.
Als kein Hufschlag mehr wahrzunehmen war, blickte Megan James fassungslos an. Gott im Himmel. Lady Katherine. Ihre Ehe-Schließung mit Sir Cecil war eine grausame Falle. Doch sollte sie das einzige Opfer dieser Intrige sein? Die Antwort auf diese Frage schoss Megan sofort durch den Kopf: Megan erkannte, dass die Festnahme der Söhne von Lady Katherine das eigentliche Ziel der Engländer darstellte.
„Kieran und Colin sind also den englischen Soldaten doch noch nicht entkommen. Ihr und Euer Vater habt nur mit ihnen gespielt und die Gastfreundschaft der Mutter ausgenutzt, um die Söhne zu fangen.“
„Sehr klug beobachtet, Mylady.“ James schloss die Tür der Kate, lehnte sich lässig dagegen und betrachtete seine Beute. Seine Augen funkelten merkwürdig.
Eine neuerliche Welle der Furcht überflutete Megan. Diesen wollüstigen Blick hatte sie schon bei den Soldaten gesehen, als diese sie im Wald festnahmen. Die Gedanken wirbelten in ihrem Kopf. Sie musste James dazu bringen weiterzureden.
Sie befeuchtete sich die trockenen Lippen mit der Zunge und fragte: „Wie ist es Eurem Vater gelungen, Lady Katherine zur Annahme seines Heiratsantrages zu bewegen?“
James lachte. „Vielleicht liebte sie ihn ja.“
„Nein.“ Megan
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