Jenseits des Meeres
Gemächern.
Diesen Schmerz wollte sie mit sich selbst und ihrem Herzen abmachen. Sie schwor sich, niemandem etwas von Kierans Entschluss abzureisen zu sagen.
Die Pferde trabten über einen Pfad durch den dichten Wald. Und Megan hatte den Eindruck, als ritte sie bereits stundenlang nur im Kreis herum, doch als sie Malcolm darauf aufmerksam machte, wies er sie nur barsch an, seiner Führung zu vertrauen.
Vertrauen. Vertrauen zu haben fiel Megan nicht eben leicht. Sie fragte sich, ob das schon immer so gewesen war. Obgleich sie ihm viele Fragen über sich selbst hätte stellen wollen, widerstrebte es ihr, diese Mauer des Schweigens zu durchbrechen. Seit dem Verlassen des Kastells war er in düsteren Gedanken versunken.
Jetzt zügelte er sein Ross und betrachtete aufmerksam die Bäume ringsum. Es sieht beinahe so aus, als suche er nach irgendeinem Zeichen, schoss es ihr plötzlich durch den Kopf. Wenig später trieb er sein Pferd weiter in den Wald hinein und vergewisserte sich dabei, dass Megan ihm auch folgte.
Weil sie nun neugierig geworden war, schaute sie sich im Vorbeireiten die Bäume etwas genauer an und entdeckte ein kleines in die Rinde geritztes Kreuz. Mit dem Finger strich sie über die Einkerbung, die noch feucht war. Also hatte man den Baum erst kürzlich markiert.
Megan zweifelte nicht mehr daran, dass Malcolm einer Spur folgte. Doch wer hatte sie für ihn gelegt? Und wohin führte diese Spur?
20. KAPITEL
„Sind die Soldaten auf ihrem Posten?“
Sir Cecil goss sich Whiskey aus der Kristallkaraffe auf Kierans Schreibtisch in einen Kelch. Seltsamerweise waren sämtliche Akten und Kontenbücher verschwunden, doch das machte nichts. Er hatte sie sorgfältig durchgelesen in der kurzen Zeit, in der er vor Kierans Rückkehr aus dem Kerker auf Kastell O’Mara gewesen war.
Er kannte jetzt jeden einzelnen aufgeführten Acker und wusste genau, welche Erträge diese Ländereien abwarfen. Die Bauern durften künftig nicht mehr dafür arbeiten, um sich den eigenen Bauch voll zu schlagen. Schon bald würden sie ihren letzten Blutstropfen dafür geben müssen, die Schatztruhen Englands zu füllen.
„Jawohl.“ James schenkte sich ebenfalls ein und trat mit dem Kelch an den Kamin. Das Feuer war bis auf die Asche heruntergebrannt. Mistress Peake sowie die übrigen Bediensteten würden die Peitsche zu spüren bekommen, wenn sein Vater das Anwesen erst einmal übernommen hatte. „Ich werde mich jetzt mit dem Schotten treffen.“
„Was ist mit unserem ... Helfershelfer?“
„Den habe ich nicht gesehen, doch ich sagte ihm, wo er uns treffen soll. Ich fürchte, er hat wegen des Verrats seiner Freunde Gewissensbisse bekommen, doch ich denke, er wird es schon schaffen.“
„Dir ist klar, was du zu tun hast?“ In der Abgeschiedenheit der Bibliothek legte Sir Cecil jede Vortäuschung von Ehrenhaftigkeit ab. Seine Augen glitzerten bösartig. „Du musst ihn töten.“
„Nur keine Sorge. Es wird geschehen.“
Cecil hob seinen Kelch und blickte seinem Sohn ins Auge. „Morgen wird Lady Katherine erfahren, was es heißt, den Ketterings zu trotzen. Ein ganzes Leben habe ich darauf gewartet, mich dafür zu rächen, dass sie mir in jungen Jahren den Laufpass gab. Alles, was Sean O’Mara schätzte, wird nun mir gehören. Und seine Söhne werden vor den Augen ihrer Mutter sterben. “
„Wird das ausreichen, um dein Herz vom Hass zu befreien?“
Der ältere Mann schüttelte den Kopf. „Ich glaube nicht. Den Hass auf die O’Maras habe ich so lange in mir getragen, dass ich mir ein Leben ohne ihn nicht mehr vorzustellen vermag.“ Er starrte eine Weile in die Asche. „Ich hatte gehofft, an Elizabeth’ Hof seine Söhne gegen ihn einzunehmen. Doch auch in dieser Beziehung machte er mir einen Strich durch die Rechnung. Diesmal indes lasse ich mir meine Rache nicht nehmen.“
Die beiden Männer tranken ihre Kelche leer. „Geh nun“, befahl Cecil, „und vergewissere dich, dass die Soldaten tatsächlich auf ihren Posten sind. Sobald die Trauungszeremonie abgeschlossen ist und die Papiere vom Bischof unterzeichnet sind, will ich, dass die O’Maras festgenommen werden.“
„Was ist mit dem Bischof? Sein Einfluss sowohl in Rom als auch in England ist legendär. “
„Ja.“ Sir Cecil überlegte einen Moment. „Sorge dafür, dass er ein Opfer der allgemeinen Wirren wird. Die Schuld an seinem vorzeitigen Tod werden wir dann dem meuternden Mob dieses ungeordneten Landes zuweisen.“
Im Wald setzte die Dunkelheit
Weitere Kostenlose Bücher