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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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noch die Wärme von Michaels Atem und seine Hände und seine Lippen überall auf meinem Körper.
    Wir waren beide atemlos, und ich spürte, dass wir an einem Punkt angekommen waren, an dem es kein Zurück mehr gab.
    Behutsam löste Michael sich von mir und sah mich mit seinen durchscheinenden Augen an. Sein Blick war voller Liebe und Verlangen. Noch nie hatte ich ihn so sehr geliebt wie in diesem Augenblick. Und noch nie hatte ich ihn so sehr gewollt.
    Dann verfinsterte sich sein Gesicht.
    »Was ist los?«, wollte ich wissen.
    »Ellie, ich weiß nicht, ob ich aufhören kann.«
    »Das sollst du doch auch gar nicht«, flüsterte ich.
    »Ich meine, ich weiß nicht, ob mir das hier reicht.«
    Das Blut. Michael hatte nicht das gemeint. Er hatte Angst, dass seine Blutgier zu stark werden könnte. Das durften wir auf keinen Fall riskieren. Es konnte die Gefallenen zu uns führen.
    Betreten setzten wir uns auf. Ich zog meinen Pulli wieder herunter und knöpfte mir umständlich die Jacke zu, während Michael dasselbe mit seinem Hemd tat. Ich war ganz durcheinander. Einerseits war ich enttäuscht, weil Michael einen Rückzieher gemacht hatte, aber andererseits auch erleichtert. Ich wusste nicht, ob ich wirklich zum Äußersten bereit gewesen wäre.
    Michael nahm mich in den Arm und drückte mich. »Das war die richtige Entscheidung, Ellie, glaub mir. Wir haben noch genug Zeit dafür. Hinterher.«
    Seine Worte machten mich traurig. Würden wir wirklich Zeit dafür haben? Oder stand das Ende schon so kurz bevor, dass wir unsere einzige Chance verschenkt hatten, einander ganz nah zu sein? »Hoffentlich«, murmelte ich.
    »Keine Sorge«, raunte er. »Wir nehmen uns die Zeit.«
    »Das meinte ich nicht. Ich hoffe, dass es überhaupt ein Hinterher geben wird.«

Sieben

    N achdem das Wochenende – und mit ihm die kurze Atempause – vorbei war, mussten Michael und ich erneut in unsere Rollen als ganz normale Schüler schlüpfen. Die tägliche Routine aus Unterricht, Hausaufgaben und – für Michael – Footballtraining machte das Warten ein bisschen erträglicher. Noch immer schien es Michael deutlich leichter zu fallen, sich in den Teenager-Alltag zu flüchten. Trotzdem blieb eine Angst: Wenn wir uns die ganze Zeit über krampfhaft bemühten, so zu tun, als könnten wir uns an nichts mehr erinnern – würden wir dann eines Tages vielleicht wirklich alles vergessen?
    Aus diesem Grund hatten wir vereinbart, uns weiterhin Briefe zu schreiben, zumal sich nach wie vor nicht abschätzen ließ, wie groß das Risiko war, wenn wir unsere Kräfte einsetzten. Fliegen kam nicht in Frage, also erlebten wir die Gefühle von Glück und Freiheit, die unsere nächtlichen Flüge an der Küste uns beschert hatten, auf dem Papier. Gedanken lesen durften wir nicht, also schilderten wir uns gegenseitig den Rausch, den es in uns auslöste, wenn wir im Vorübergehen zufällig von einem Fremden eine Vision auffingen. Unser Blut miteinander zu teilen war ausgeschlossen, also taten wir unser Bestes, das, was wir früher dabei empfunden hatten, in Worte zu fassen. Körperlich nahe sein konnten wir uns auch nicht wirklich, also schworen wir uns gegenseitig unsere Liebe. In unseren Briefen klammerten Michael und ich uns an die Wahrheit.
    Montag und Dienstag hielt mich das noch einigermaßen über Wasser. Die Briefe kamen mir sogar auf eine altmodische, Jane-Austen-mäßige Art romantisch vor. In jeder Pause hatte Michael einen Zettel für mich, und ich einen für ihn. Ich konnte es gar nicht erwarten, zur nächsten Stunde zu kommen, damit ich ganz langsam und genüsslich den Zettel auseinanderfalten und mich in seinen Worten verlieren konnte. Für ein paar kurze, verzauberte Minuten lang fand ich mich dann in eine jener frühen Herbstnächte zurückversetzt, als Michael und ich unseren Kräften und unserer Sehnsucht füreinander noch freien Lauf hatten lassen dürfen. Bevor wir wussten, woher diese Kräfte überhaupt kamen. Seine Briefe halfen mir durch die endlos scheinenden Vormittage und bestärkten mich in der Überzeugung, dass wir das Ende der Welt schon irgendwie durchstehen würden. Was auch immer das genau heißen sollte.
    Am Mittwoch nach dem Englischunterricht hatte Michael zum allerersten Mal keinen Brief für mich. Das Training am Dienstagabend sei so anstrengend gewesen, erklärte er, dass er in der ersten Stunde eingeschlafen sei. Natürlich war ich enttäuscht, hatte aber Verständnis. Der Coach verlangte viel von Michael und hatte ihm sogar

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