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Jenseits des Mondes

Jenseits des Mondes

Titel: Jenseits des Mondes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heather Terrell
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bemerken und meinen Trick durchschauen. Jemand, der wirklich in seinen Bann geschlagen war, würde garantiert nicht so schlottern wie ich. Er würde wie erstarrt zuhören und Barakels Befehlen, ohne zu zögern, folgen.
    Ich nahm all meinen Mut zusammen, hielt meine Hand still und täuschte totale Unterwerfung vor. »Ich bin bereit, Barakel.«
    Gerade als meine Finger seinen Arm streiften und ich drauf und dran war, ihn mit dem Schlüssel zu ritzen, hörte ich einen Schrei.

Einunddreißig

    P anik durchfuhr mich, weil ich im ersten Moment dachte, dass der Schrei von Michael kam. Als ich jedoch genauer hinhörte, merkte ich, dass es ein unnatürlicher, nicht ganz menschlicher Ton war. Ich betete, dass es der andere Gefallene war, der da geschrien hatte. Und dass Michael der Grund dafür war.
    Ich riss mich zusammen und tat so, als hätte ich nichts gehört. Stattdessen konzentrierte ich mich wieder darauf, Barakels Hand zu ergreifen, um ihn ritzen zu können. Doch der Sekundenbruchteil des Zögerns hatte mich verraten.
    »Wie kannst du es wagen!«, donnerte Barakel.
    Er holte zum Schlag aus.
    Ich war völlig überrumpelt. Rafe hatte mir versichert, dass die Gefallenen mich auf keinen Fall angreifen, sondern mit friedlichen Mitteln umwerben würden – darauf hatte ich mich verlassen. Ich wich zur Seite aus, verlor dabei aber das Gleichgewicht. Ich geriet ins Trudeln und stürzte kopfüber auf die Erde zu.
    Die Wahrzeichen vom Ransom Beach – die riesigen Felsen und die steile Klippe – kamen näher und näher, und meine Angst wuchs und wuchs. Verzweifelt versuchte ich, mich daran zu erinnern, wie Rafe mir an dem Abend, als ich um ein Haar eine Bruchlandung hingelegt hätte, dabei geholfen hatte, mich wieder aufzurichten. Ich ahmte das Manöver nach, so gut ich konnte, und es gelang mir, meinen Körper Sekunden vor dem Aufprall zu drehen, so dass ich mit den Füßen zuerst aufkam. Allerdings hatte ich den Schlüssel fallen lassen, und mit ihm ging auch mein genialer Plan im Meer unter.
    Was jetzt? Ich wollte weglaufen – das Knirschen von Sand unter meinen Schuhsohlen hören und Zeit gewinnen, meine Gedanken zu sammeln. Aber ich durfte nicht noch einen Gefallenen entkommen lassen. Ich dachte an den Hunger und die Krankheiten, die die Menschen würden erleiden müssen, weil ich Kael nicht getötet hatte. Und ich hatte eine ziemlich gute Vorstellung von der Armut und dem Elend, die auf uns zukämen, wenn Barakel mir entwischte.
    Ich machte mich kampfbereit, obwohl ich weder einen Plan noch allzu große Aussicht auf den Sieg hatte. Ich erhob mich wieder in die Luft und hielt Ausschau nach meinem Widersacher. Seine blonden Haare leuchteten im fahlen Licht des zunehmenden Mondes und wiesen mir den Weg. Ich kam so nahe an ihn heran, dass ich das harte Funkeln in seinen braunen Augen sehen konnte. Er war wütend, weil ich versucht hatte, ihn zu überlisten, und Rafe hatte uns vor wütenden Engeln ausdrücklich gewarnt.
    Barakel stürzte sich auf mich. Er war stark, und es kostete mich all meine Kraft, ihm standzuhalten. Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, wie er mich durch rohe Gewalt auf seine Seite bringen wollte, aber vermutlich hatte er noch einen Plan B in der Hinterhand. Ich betete, dass er irgendwo eine Waffe am Körper trug und dass sich eine Gelegenheit ergeben würde, sie zu benutzen, bevor er mit diesem Plan B Erfolg hatte.
    Plötzlich hallte ein markerschütternder Schrei durch den Himmel. Er klang ganz anders als der Schrei des Engels Minuten zuvor, bei dem mir das Blut in den Adern gefroren war. Es war ein Siegesschrei. Ein Kriegsschrei.
    Michael.
    »Weg da, Ellie!«, rief er mir zu.
    Michael stieß auf uns nieder. Blindwütig riss er Barakel in die Höhe. Die zwei verknäuelten sich so fest ineinander, dass ich gar nicht mehr sehen konnte, wo der eine aufhörte und der andere anfing.
    Ich wollte unbedingt helfen – aber wie? Wenn ich mich einmischte, käme ich Michael höchstwahrscheinlich nur in die Quere. Dennoch blieb ich seiner Anweisung zum Trotz in der Nähe.
    Mit Entsetzen sah ich zu, wie Barakel sich aus Michaels Umklammerung befreite und ihn von sich wegschleuderte. Er warf mir einen triumphierenden Blick zu und kam auf mich zugeflogen. Aber ich ließ mich nicht einschüchtern. Kaum hatte Barakel mich erreicht, packte ich ihn am Arm. Ich wollte ihn um jeden Preis festhalten, bis Michael kam. Ich krallte meine Finger um das Armband seiner Cartier-Uhr und hielt ihn mit aller Kraft fest, als hinge

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