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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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Holz, das am Gaumen festklebte. Ich kann nicht atmen. Eine Zentnerlast quetschte ihm den Brustkorb und presste seinen Körper gegen den harten Grund. Die Luft roch metallisch und süßlich faulig, schien nur widerstrebend in seine Lungen zu strömen. Ich kann nicht atmen. Mit Gewalt riss er die brennenden Lider auf, doch er sah nur Dunkelheit, und sein Herz geriet ins Stolpern. Ich bin begraben, lebendig begraben. Seine Hände tasteten umher, fühlten mehligen Sand und körnigen Kies. Stoff und darunter etwas Weiches und zugleich Festes, glatt umhüllt. Gliedmaßen. Körper. Tote Körper. Ich bin lebendig begraben.
    Jeremy biss die Zähne zusammen, zwang die nackte Angst hinunter. Raus. Ich muss hier raus. Er bohrte die Finger in den Boden und spannte alle Muskeln an, versuchte sich vorwärtszuziehen. Keinen Inch bewegte er sich. Tiefer krallte er die Finger in den Boden und zog sich ein winziges Stückchen vorwärts. Keuchend hielt er inne und tastete sich mit den Fingern weiter vor, bekam mit den Stiefelspitzen hinter sich Halt undkonnte sich noch etwas vorwärtsschieben. Und noch ein Stück. Und noch ein Stück. Ein ungeheurer Kraftakt, der Stunden zu dauern schien. Seine Lungen dehnten sich erleichtert aus, als sie Luft einsogen, richtige Luft, und schickten neue Kraft in den geschundenen Leib. Ächzend arbeitete Jeremy sich weiter vor, nun auch mit den Ellenbogen, mit den Knien, robbte nach und nach unter der gewaltigen Last hervor.
    Schwer atmend lag er auf der Erde, setzte sich mühsam halb auf und drehte sich um. Das fahle Licht der Sterne enthüllte Schatten und hellere Wölbungen aus schwarzfleckigem Tuch. Jeremy brauchte einige Herzschläge, um zu begreifen. Ein Hügel aus Leichen, tote Männer des Mahdi, Dutzende, die einfach so dalagen, wie sie niedergemäht worden waren, und die Jeremy unter sich begraben hatten. In gedankenverlorenen Bewegungen befühlte er seine Gliedmaßen, seinen Rumpf. Alles an ihm schien heil. Ein geradezu unfassbares Glück schien ihm hold gewesen zu sein. Er erinnerte sich. Abu Klea . Die Schlacht. Simon. Ein Schlag, den er abbekommen hatte. Seine Finger wanderten über seine Schläfe, ertasteten verkrustetes Blut und eine Schwellung, die höllisch wehtat, als er sie berührte. Seine Blicke wanderten weiter, über Berge von Leichen und noch mehr Leichen, Menschen und Tiere. Stöhnend rappelte er sich auf, kam auf die Füße, schwankte und fing sich wieder. Wie lange er hier wohl gelegen hatte? Stunden vermutlich. Er legte den Kopf in den Nacken, sah zu den Sternen hinauf. Ich lebe noch. Wo waren die anderen? Sein Regiment des Royal Sussex und die anderen Truppen? Simon und Stephen, Royston und Leonard?
    Er fühlte sich völlig verloren an diesem gottverlassenen Ort, wie der letzte Überlebende einer Apokalypse. Bis er glaubte, ein Flüstern wahrzunehmen, und lauschte. Hinter ihm raschelte es, und er fuhr herum. Er schrak zusammen, als er Gestalten über das Leichenfeld wandern sah, ihre Gewänder hell im Silberlicht, Hände, Gesichter und Füße so dunkel, dass sie in der Schwärze der Nacht aufgingen. Noch bevor er sich davonmachen konnte,hatten sie ihn entdeckt, zogen sich drohend um ihn zusammen. Er tastete nach seinen Waffen, aber außer einer Handvoll Patronen in seinem Gurt besaß er nichts mehr; Schwert und Revolver musste er zuvor verloren haben.
    Langsam hob er die Hände. »Amin« , krächzte er flüsternd aus verdorrter Kehle, mit pergamenttrockenem Mund. » Amin – Friede.«
    Jeremy sah noch den dunklen Schatten eines Gewehres auf sich zusausen, dann wurde es erneut schwarz um ihn.
    Ein scharfer Schmerz riss ihn aus der Bewusstlosigkeit. Etwas Hartes hatte ihn oberhalb der Hüfte getroffen, und er brüllte auf. Es war ein anderer Schmerz als das Brennen an seinen Handgelenken, das Reißen an seinen Schultern und das Schmirgeln an seinem Rücken. Das Sonnenlicht stach wie mit glühenden Dolchen in seine Netzhaut. Über ihm pendelte der dünne Schwanz eines Kamels vor dem gläsernen Himmel, wiegte sich das Hinterteil in gleichmütigem Passgang, und bei jedem Schritt zogen die Hufe dicht an Jeremys Schädel vorbei. Das Seil, das um seine Handgelenke geknotet und am Sattel des Kamels befestigt war, schleifte ihn über den Wüstenboden. Sand und Geröll hatten den Stoff seines Uniformrocks bereits zerschlissen, das Hemd darunter durchgescheuert und die Haut an seinem Rücken stellenweise abgeschürft. Sandkörnchen und sein eigener Schweiß brannten in den Wunden, und

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