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Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Jenseits des Nils: Roman (German Edition)

Titel: Jenseits des Nils: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicole C. Vosseler
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den Revolver zog und das Schwert, sich eine Schneise schlug und schoss durch den Pulk aus Derwischen vor ihm, Simon unverändert fest im Blick.
    Eine Klinge sauste auf Simon hinab, hackte in seinen grauen Ärmel und schlug tief in seinen Unterarm. Blut sprudelte heraus, und sein Blick verhakte sich mit dem von Jeremy, ängstlich wie ein kleiner Junge und voller Schmerz. Und doch auch voller Hoffnung. Hilf mir, Jeremy. Hilf mir.
    Ich komme, Simon. Ich komme. Jeremys Revolver spie eine Kugel aus und blies den Derwisch hinter Simon fort. Wir sind bei dir, Simon, Len und ich. Nur noch ein paar Schritte! Er setzte zum Sprung an über eine am Boden liegende Leiche, doch er schaffte es nicht mehr. Durch die aufgewirbelte Luft flog ein Schatten auf ihn zu, wie die dunkle Schwinge eines Vogels, zu schnell, als dass er noch hätte ausweichen können. In seinem Schädel explodierte ein Funkenregen aus Schmerz, als dieser Schatten ihn hart an der Schläfe traf. Wie eine Kerze, die man ausblies, verlosch sein Bewusstsein, und es wurde schwarz um ihn.
    Mit einer geschickten Drehung wich Stephen einem Schwertstreich aus, schrie auf, als eine Speerspitze sich von vorne in sein Fleisch bohrte. Er taumelte, und seine Muskeln, überanstrengt und ausgetrocknet, versagten ihm den Dienst. Rücklings schlug er hin, gegen etwas Hartes, Spitzes. Brüllte auf, als ein höllischer Schmerz aufflackerte. Atmete erleichtert aus, als der Schmerz sogleich nachließ und ihm nichts mehr wehtat. Metall blinkte über ihm, und ein großer, massiger Schatten baute sich vor ihm auf: Royston, der mit seinem Schwert einen Derwisch niederschlug, dann denn nächsten. Und noch einen.
    Simon stöhnte auf, als eine Klinge ihm über den Rücken peitschte und das Blut warm heraussickerte, und er sackte auf die Knie. Simon. Er sah auf, sah aus den Augenwinkeln, wie Leonard auf ihn zurannte. Aber es war nicht Len, der ihn gerufen hatte. Simon, ich bin hier. Simon blinzelte, bemühte sich, nicht auf die klaffende Wunde in seinem Arm hinabzusehen, den er vor die Brust, seine rot durchnässte Brust, gepresst hielt und der ihm so wehtat, als würde ein Feuer sich hineinfressen. Hier, Simon. Seine Augen weiteten sich verblüfft und glänzten auf. Ada. Einen Moment lang stand sie nur da, auf einem Stückchen grüner Wiese, mitten auf dem Schlachtfeld, während um sie herum Kugeln sirrten und Schwertklingen gegeneinanderklirrten. In ihrem einfachen Sommerkleid stand sie da, und die Sonne glänzte auf ihrem Haar, das ihr glatt über die Schultern fiel. Verwundert sah sie ihn an, beinahe fragend, mit diesen Augen, die groß und dunkel waren wie Schwarzkirschen. Dann lächelte sie, dieses Lächeln, das die kecke kleine Spalte zwischen ihren oberen Schneidezähnen zeigte, raffte ihre Röcke und lief los, zwischen den Männern in ihrem tödlichen Kampf hindurch, auf ihn zu. Nicht, Ada! Bleib weg! Hier ist es zu gefährlich! Er hörte ihr helles, perlendes Lachen, als sie näher kam, mit schnellen Schritten, die kaum den Boden berührten. Ich geh nicht weg, Simon! Ich bleib bei dir! Simon fühlte keine Angst mehr, keinen Schmerz, er fühlte sich in Sicherheit. Ada, meine Liebste.
    Er sah den Speer nicht kommen. Der Speer eines Derwischs, der ihn von hinten in den Brustkorb traf, Rippen splitterte wie trockenes Holz und sein Herz zerfetzte.
    Nicht einmal eine Viertelstunde hatte sie gedauert, die Schlacht von Abu Klea, und nur zäh löste sich der Pulverdampf auf, legte sich der aufgewirbelte Staub. Sie hatten gesiegt. Tausende tote Mahdisten übersäten das Tal, dessen Boden getränkt war von Blut. Doch der Preis für diesen Sieg war hoch. So viele Tote, auch unter ihnen. Die Besten waren es gewesen, der Stolz der Armee.
    Wenig Zeit blieb, um die Toten zu begraben und zu betrauern, die Verwundeten zu versorgen und wegzutragen, und noch weniger, um nach den Vermissten zu suchen. Die Zeit lief ab. Für sie selbst auf der Suche nach den Brunnen, deren brackiges Wasser sie erst nach Stunden fanden.
    Vor allem aber lief die Zeit für Khartoum ab.

31
    In der Schwärze des Nichts entzündete sich wieder der Funke des Bewusstseins in Jeremy, flackerte, glomm auf, wurde heller und heller. Erinnerungsfetzen sickerten in seinen Kopf, in dem es schmerzhaft dröhnte und qualvoll pochte. Grelle Schüsse. Schlachtengebrüll und Schmerzensschreie. In der Sonne glänzende Speerspitzen und Schwertklingen. Simon. Len. Royston. Stevie. Blut, überall Blut. Seine Zunge war wie ein dürres Stück

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